Ancient BladesDie Metropole der Diebe
sich bei solchen Mahlzeiten zu benehmen hatte, und er wusste, welchen Salzstreuer man benutzte, wann ein Rülpser gestattet war oder wie man verhinderte, dass die Finger allzu fettig wurden. Man konnte kein Ritter sein und sich mit höflichen Manieren nicht auskennen. Allerdings hatte er noch nie ein Mahl genießen können, das den halben Tag in Anspruch nahm, und seine Beine schliefen ein, weil er so lange auf einem Stuhl sitzen musste.
Und natürlich schweiften seine Gedanken ab. Immer wieder sah er das Gesicht des Diebs vor sich, dem er vom Göttinnengarten ins Stinkviertel hinauf gefolgt war. Sein Name war Malden. Cyhera hatte in ihrem Boot auf ihn gewartet, als Croy vom Schlosshügel gesprungen war. Was konnte so einer bloß mit ihr zu schaffen haben? Er musste es herausfinden.
»Manchmal stelle ich mir vor, ich sei der Magistrat, und sie würden vor mir auf die Knie fallen und um Gnade flehen, ich … oh. Oh, ich bitte Euch um Verzeihung«, sagte die Kaufmannsfrau. Sie war recht blass geworden.
»Alles in Ordnung?«, fragte er, da sie sofort seine Aufmerksamkeit erregt hatte.
»Es ist nur … da rede ich über den Mann, den sie hängen werden, und Ihr … Ihr standet vor Kurzem selbst unter dem Galgen. Selbst jetzt seid Ihr ein Gesuchter, der sich von den Stadtwächtern verbirgt. Sie könnten jeden Augenblick kommen und … und … das ist ja so aufregend, ich war völlig überwältigt. Aber ich war taklos. Ihr nehmt es mir doch nicht übel, oder? Bitte sagt, dass Ihr mir verzeiht.«
Die Türflügel am anderen Ende des Gemachs öffneten sich laulos, und ein Kopf schob sich hindurch. Croys Hand hatte sich wie von selbst zu den Schwertern auf seinem Rücken bewegt – obwohl sie natürlich in seinen Gemächern sicher eingeschlossen waren. Er wurde unruhig. Tatenlosigkeit und Sorge zerrütteten sein Gemüt.
»Aber natürlich«, sagte er. »Wollt Ihr von dieser Sauce nehmen?«
»Mmm, bitte«, sagte sie und blickte ihm tief in die Augen. »Ihr sagt, Ihr vergebt mir, aber ich weiß, dass ich grausam war. Vielleicht besteht die Möglichkeit, mir Eure Vergebung … zu verdienen?«
Ein livrierter Diener betrat den Raum und sah sich am Tisch um. Er bewegte sich leise, um die Gäste nicht zu stören, und näherte sich Croys Platz. Eine Weile zierte er sich, bevor er sich vorbeugte und ihm ins Ohr flüsterte. »Ehrenwerter Ritter, es gibt da … eine knifflige Angelegenheit.«
»Hmm?«
Der Diener befeuchtete sich die Lippen. »Eigenlich dürfte ich Euch bei Eurem Mahl nicht stören, aber … aber es gibt da jemanden. Sozusagen ein nicht geladener Gast, äh … gerade klopfte jemand an die Tür, ich hätte sie ja abgewiesen, aber …«
»Nun red schon, Mann! Du störst nicht«, sagte Croy, senkte aber die Stimme, damit die Kaufmannsfrau nichts mibekam.
»Eine Frau, keine Dame, aber … aber in aufgeregtem Zustand kam sie an die Tür und bat mich, Euch zu finden und zu ihr zu bringen. Nur ein Wort, Herr, und ich lasse ihr eine Münze geben und sie wegschicken, aber etwas an ihrem Aussehen brachte mich auf den Gedanken, dass sie keine Betlerin ist. Tatsächlich glaube ich, ich habe noch nie eine Frau mit einem tätowierten Gesicht gesehen …«
Croy wartete das Ende des Satzes nicht ab. Er sprang vom Stuhl auf und vollführte zwei, drei flüchtige Verbeugungen, bevor er durch die Tür stürmte, die der Diener hatte offen stehen lassen. Zwar sorgte er sich, dass er die Kaufmannsfrau und vielleicht sogar seinen Gastgeber beleidigte, aber mit etwas Glück dachten sie vielleicht, dass es ihm nach dem Nachttopf verlangte.
Cyhera erwartete ihn in der Empfangshalle. Er sah sofort, dass sie geweint hatte. Er eilte auf sie zu und erinnerte sich gerade noch rechtzeitig daran, nicht nach ihren Armen zu greifen, als er sie bat, ihm zu sagen, was geschehen sei.
»Ich wusste nicht, wo ich sonst hingehen sollte«, sagte sie. »Ich weiß, es war ein Fehler, aber … Ich konnte es keinen Augenblick länger in diesem Haus ertragen. Ich musste weg. Und ich wusste nicht wohin. Ich habe dich in Gefahr gebracht. Ich bin mir sicher, er hat mich beobachtet, als ich ging. Und jetzt wird er wissen, wo du bist, Croy – es tut mir so leid.«
»Ich kann schon auf mich aufpassen«, sagte er. »Was ist passiert?«
»Ich wurde bestraft«, sagte sie. Sie kniff die Augen zusammen und sank ihm entgegen. Sie berührte ihn nicht, kam ihm mit dem Gesicht aber ganz nahe. »Ich habe ihn enttäuscht.«
»Hazoh?«
Sie
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