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anderbookz Short Story Compilation

anderbookz Short Story Compilation

Titel: anderbookz Short Story Compilation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas M. Disch , Doris Egan , Gardner Dozois , Jack Dann , Michael Swanwick , Tanith Lee , Howard Waldrop , Katherine V. Forrest
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nicht. Ich wollte immer mal hin, aber Sie wissen ja, wie das ist. Es ist genau so wie mit der Freiheitsstatue. Sie ist immer da, also geht man nie hin.«
    »Ich bin Miß Georgia.«
    »Ist nicht wahr!«
    »Ich bin in sechs Nächten in der Woche in den letzten vier Jahren Miß Georgia gewesen und jeden Sonntag und Dienstag in der Matinee. Können Sie sich vorstellen, daß das Publikum in all dieser Zeit mich nie zur Miß Amerika gekürt hat? Nie? «
    » Ich würde bestimmt für Sie stimmen.«
    »Noch nicht einmal «, fuhr sie grimmig fort, und ignorierte seine Unterstützung. »Jedesmal ist es Miß Massachusetts oder Miß Ohio, die nicht mehr kann, als auf einer gottverdammten Maultrommel zu spielen - verzeihen Sie mir den Ausdruck? Oder Miß Oregon, die noch immer nicht die richtigen Schritte bei ›Lovely to look at‹ beherrscht, und das tanzte sie schon, als ich noch zur Schule ging. In der ganzen gottverdammten Truppe gibt es keine, die nicht schon einmal Miß Amerika geworden ist. - Außer mir.«
    »Das tut mir leid.«
    »Ich singe sehr gut. Ich kann steppen wie ein Feuerwerk. Meine Liebesarien brechen einem das Herz. Und ganz objektiv kann ich von mir behaupten, daß ich die tollsten Beine habe, bis vielleicht auf Miß Wyoming.«
    »Und trotzdem sind Sie nie Miß Amerika geworden?« fragte Barry teilnahmsvoll.
    »Können Sie sich vorstellen, wie es hier drinnen aussieht?« Sie preßte ein Stück weißen Nylons in ihrer Herzgegend zusammen.
    »Ich weiß es ehrlich nicht, Miß ...« - er hatte ihren Nachnamen vergessen - »... Georgia.«
    »Im › Stufe Fünf‹ bin ich nur einfach Columbine, Süßer. Genau so wie du nur einfach Larry. Und nichts zu wissen, ist keine besonders gute Antwort. Ich echauffiere mich hier vor dir, und alles, was von dir kommt, ist ›Keine Meinung‹. Das kaufe ich dir nicht ab.«
    »Nun, um ganz ehrlich zu sein, Columbine, ich kann mir kaum vorstellen, daß du dich nicht super fühlst. Miß Georgia zu sein und viel Talent zu haben - ist denn das nicht genug ? Ich hätte mir eigentlich gedacht, daß du sehr glücklich bist.«
    Columbine biß sich auf die Lippen, zog die Brauen zusammen und deutete damit an, daß sie einen Entschluß gefaßt hatte: »Lieber Gott, Larry - du hast recht! Ich habe mir selbst etwas vorgemacht. Die Miß-Wahl ist nicht mein wirkliches Problem - ich gebrauche sie nur als Entschuldigung. Mein eigentliches Problem ist ...« - Ihre Stimme senkte sich, und ihre Augen wichen den seinen aus - »... ist zeitlos und nur zu gut bekannt. Ich liebe den falschen Mann. Und jetzt ist es zu spät. Möchtest du eine lange Geschichte hören, Larry? Eine lange und sehr traurige Geschichte?«
    »Sicher. Deswegen sitze ich ja hier, oder?«
    Sie lachte ihn bedeutungsvoll und ohne Falschheit an und drückte kurz und vertrauensvoll Barrys Hand. »Weißt du, Larry - du bist ein ganz patenter Kerl.«
    Zum Orangensaft erzählte Columbine eine lange und sehr traurige Geschichte. Sie erzählte von ihrem Ehemann, der auswärts, als Rechtsanwalt bei Dupont in Wilmington/Delaware, beschäftigt, aber eifersüchtig war und Besitzansprüche stellte. Die Probleme ihrer Ehe waren sehr komplex, das Bedeutendste war aber wohl, daß sie sich nur so selten sahen. Sein Beruf band ihn an Wilmington, der ihre sie an New York. Dazu kam, daß er ein ganz anderes Interesse an Gesprächen hatte als sie. Er sprach am liebsten mit anderen Männern über Geld, Sport und Politik, seine eigentlichen Gefühle aber zeigte er nie. Sie dagegen war nach innen zugekehrt, zurückhaltend und emotional.
    »Eine Zeitlang konnte das gutgehen«, erinnerte sie sich, »aber dann wurde der innere Druck so stark, daß ich aus dem Haus lief, nur um mit jemandem zu reden. Das ist doch ein fundamentales menschliches Bedürfnis. Vielleicht sogar das fundamentale Bedürfnis überhaupt. Ich hatte keine Wahl.«
    »Und das hat er vermutlich herausbekommen, was?« sagte Barry.
    Sie nickte. »Er tobte wie ein Irrer. Es war schrecklich. So kann man doch nicht leben.«
    Barry erkannte, daß ihre Probleme den seinen auf vielfältige Art doch sehr ähnlich waren. Zumindest waren sie das insoweit, als sie beide eine geistige Beziehung suchten, die unabhängig von ihrer Ehe war. Aber als er versuchte, ihr diese Erkenntnis darzustellen und einige interessante Parallelen zwischen seinen Erfahrungen und den ihren fand, wurde Columbine ungeduldig. Sie erklärte ihm zwar nicht direkt, er sei vertragsbrüchig geworden, aber das war unzweifelhaft

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