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Andere tun es doch auch (German Edition)

Andere tun es doch auch (German Edition)

Titel: Andere tun es doch auch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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mir gerade versprochen.
    Nur mit den Schuhen habe ich mich auf ein Wagnis eingelassen. Braune Fullbrogue Oxfords! Einerseits: Ja, wenn ich ein Lieblingspaar Schuhe in meinem Schrank habe, dann ist es dieses. Wirklich was Besonderes. Vom Konstruktionsprinzip her sind sie Wholecuts. Dadurch fallen die verzierten Seitennähte weg und der Schuh wirkt viel weniger überladen als ein gewöhnlicher Fullbrogue. Und in einem gemütlichen französischen Restaurant mit leicht rustikalen Zügen, warum sollte man da nicht abends einen Fullbrogue tragen dürfen. Aber braun? Ich habe ewig hin und her überlegt und bin mir immer noch nicht sicher. Und solange ich hier auf dem Barhocker sitze, sind meine Schuhe auch noch so richtig schön für jeden sichtbar, wie auf dem Präsentierteller.
    Mal unauffällig schauen, was die anderen Männer so tragen … Schwarz, schwarz, schwarz … Aber was für ein hässliches, minderwertiges Zeug die sich anzuziehen trauen! Plastiksohlen, falsche Nähte, eckige Vorderkappen. Einer hat sogar Sandalen an. Ah, hier am Nebentisch sind ein paar braune Schuhe. Fürchterlich. Ein abgewetztes Freizeitmodell mit Klettverschlüssen. Wie kommt es nur, dass …
    »Hallo Kai! Hast du was verloren?«
    »Uh! Hallo Lara. Schön, dich zu sehen! Nein, mir gefällt nur … das Parkett.«
    »Schöne Schuhe sind das.«
    »Och, nicht der Rede wert.«
    L ARA    Ich weiß zwar wirklich nicht den Unterschied zwischen diesen Schuhen und all den anderen, die Kai hat, aber ich glaube, es war eine gute Idee, sie zu loben. War nicht zu übersehen, wie der sich gefreut hat. Irgendwie … süß. Ja, süß. Hey, es ist völlig okay, Männer süß zu finden. Man darf es nur nicht in ihrer Gegenwart aussprechen.
    Hoffentlich freut er sich so darüber, dass er den ganzen Abend lang nicht merkt, wie fertig ich bin. Schon allein aussehenstechnisch ist mein Zustand eine schwere Hypothek. Was hat Kerstin nochmal gesagt? Irgendwas mit Ringen unter den Augen und Leichen, nicht wahr? Noch schlimmer ist aber, dass ich so müde bin. Zu Hause ging es noch, aber nachdem ich mich die Treppe runtergequält hatte, musste ich ständig dem Drang widerstehen, mich einfach an den nächsten Baum zu lehnen und erst mal eine Runde zu ratzen. Und hier im Restaurant ist es sogar noch schlimmer. Was müssen die auch so angenehm schummeriges Licht haben? So eine freundlich gleißend hell strahlende Supermarkt-Neonbeleuchtung, unterstützt durch ein paar Flutlichtmasten, das wäre doch mal was anderes! Mit dem Funzelgeschimmer komme ich nur auf blöde Gedanken. Da in der Nische zwischen dem Garderobenständer und dem Durchgang zur Toilette zum Beispiel. Das würde doch keinem Menschen auffallen, wenn ich mich da mal kurz hinlege.
    Ich habe richtig Angst, mich auf den Barhocker zu setzen. Das macht mich nur noch müder. Aber vielleicht muss ich das auch positiv sehen. Wenn ich gleich mit dem Kopf auf die Bar knalle, haben wir wenigstens Gesprächsstoff. Ein Gutes hat das Ganze auf jeden Fall: Wenn man so müde ist, kann man unmöglich aufgeregt sein. Zum Beispiel habe ich gerade, wenn ich richtig gezählt habe, zwei komplett fehlerfreie Sätze herausgebracht. Und wenn ich einfach weiterrede, kriege ich vielleicht auch das mit der Müdigkeit in den Griff. Man kann doch unmöglich mitten im Satz einschlafen, oder?
    Also, reden gegen einschlafen, ich versuche das einfach mal. Nur, was redet man jetzt mit dem Mann, mit dem man vorgestern geschlafen hat, von dem man aber nichts will, also nicht wirklich, also den man … Egal. Die Frage war, was rede ich? Ein herzerfrischendes: »Und, wie war dein Tag?« Nein, auf keinen Fall. Immerhin ist ja so einiges zwischen uns gewesen, da kann man doch nicht so scheinheilig-harmlos anfangen. Was geht sonst? »Und, sind deine Flaschen schon leer?« Und dazu grinsen? »Und, bist du verliebt?« Und dazu gucken wie die Mona Lisa? Oder wie Bette Davis in All about Eve ? Kann ich das überhaupt? Oder sage ich: »Und, wie geht es dem niedlichen kleinen Leberfleck neben deinem Bauchnabel?« Oder sind das zu viele Worte für den ersten Satz?
    Oh Mann, jetzt noch einen Moment gezögert, und wir haben die erste Verlegenheitspause. Warum sagt er eigentlich nichts? Nur so als Einstieg. Das wäre viel einfacher. Nur bitte kein Kompliment über mein Aussehen heute. Ich glaube, dann müsste ich ihn verprügeln. Oh, er macht den Mund auf. Ja, sehr gut. Gibs mir! Einfach ein Stichwort …
    »Und, wie war dein Tag?«
    K AI    Kann

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