Andere tun es doch auch (German Edition)
stehen. Damentoiletten! Was für ein Potential da drinsteckt! Aber als armer Architektenwicht bist du ja immer bis über beide Ohren mit Fliesenplänen, zweiten Rettungswegen und Bauordnung Paragraf Hastenichgesehn beschäftigt. Man müsste sich einfach mal Zeit nehmen. Aber nicht einmal die Mitarbeiter haben da große Lust drauf. »Moha, du entwirfst die Damentoilette. Häng dich rein!« Der würde mich anschauen.
»… okay, und hier kommen Schließfächer für Handtaschen hin. Wenn man mal richtig tanzen will.«
Mannomann, sie ist Filmcutterin, und ich bin Architekt. Aber sie entwirft hier direkt vor meiner Nase in ein paar Minuten einfach so die zweifellos tollste Club-Damentoilette aller Zeiten. Kann ich mir das bieten lassen? Wie stehe ich denn jetzt da?
»Und wäre es technisch möglich, Videokameras zu installieren und Livebilder von der Bar und der Tanzfläche und den wichtigsten Rumsteh-Ecken in die Damentoilette zu übertragen? Am besten auf eine große Bildschirmwand, hier, direkt gegenüber vom roten Sofa.«
»Na klar, warum nicht.«
Die Bauherren haben das Projekt damals gekippt, weil sie am Ende kalte Füße gekriegt haben. Das Ganze sei einfach wieder nur ein Club wie jeder andere. »Die Meute braucht schon irgendeinen Kracher vor den Latz geballert, sonst wird sie nicht heiß«, so hieß es, ich habe es noch im Ohr. Weder meine Idee, die Tanzfläche von einer überdimensionalen Kopfspiegelbirne mit Wechsellicht beleuchten zu lassen, noch ihr eigener Plan, nur brustrasierte Oben-ohne-Barmänner einzusetzen, hat sie am Ende überzeugt, und ich konnte meine Pläne in die Schublade packen. Aber Laras Damentoilette, die hier gerade vor meinen Augen auf einer Papierserviette entsteht – Junge, Junge, das wäre es gewesen! Ich bin ganz sicher.
»Sooo … das wäre es in etwa.«
Sie wirft einen letzten kritischen Blick auf ihr Kunstwerk.
»Halt, irgendwo brauchen wir noch ein kleines Regal mit kostenlosen Creme- und Duftproben. Natürlich nur von den edelsten Edelmarken. Hier. Gleich neben dem roten Sofa.«
»Vielleicht noch ein Tisch mit Zeitschriften?«
»Wo denkst du hin? Das ist ja schließlich ein Club, kein Café.«
Schon wieder hat sie recht. Wie komme ich aus der Nummer wieder raus, ohne als Komplettversager dazustehen? Ich fürchte … Ja, doch, ich muss es tun.
»Meinst du, das könntet ihr so bauen?«
»Bauen auf jeden Fall.«
»Echt?«
»Klar. Ich sehe da nur ein klitzekleines Problem.«
»Der fehlende Technikraum?«
»I wo. Den kriegen wir woanders unter.«
»Was dann?«
»Es gibt keine Tür.«
L ARA Was für ein Arsch!
Das hat er doch mit Absicht gemacht! Lässt mich die ganze Zeit machen, guckt genüsslich zu und freut sich drauf, mich am Ende bloßstellen zu können. Aber das wollen wir doch mal sehen! So eine lächerliche Tür kriege ich auch noch rein. Hier … Nein, dann rennt man gleich gegen das Sofa … Aber hier, einfach ein Spiegelplatz weniger … Nein, für so einen läppischen Toiletteneingang opfere ich doch keinen Spiegel … Aber hier. Das passt. Ha!
»So, Problem gelöst.«
»Leider nein.«
»Was?«
»Siehst du dieses Quadrat?«
»Ja, klar. Aber wenn die Wand weg kann, kann das doofe Quadrat doch auch weg. Was ist das überhaupt?«
»Eine tragende Stütze.«
»Oh.«
»Aber wenn ich einen Vorschlag machen dürfte …«
Spar dir dein arrogantes Gehabe! Schon allein wenn ich dieses selbstzufriedene Gesicht sehe, könnte ich sofort reinhauen!
»Es wäre nämlich überhaupt kein Problem, an dieser Stelle hier zwei Toilettenkabinen wegzunehmen. Die übrigen reichen immer noch dicke. Dann wäre hier Platz für die Tür, und wir haben eine kleine Ankommzone geschaffen und den Bereich mit dem roten Sofa schön ins Zentrum gerückt. Die Wand hier verlängern wir noch ein bisschen, dann sind die Toilettenkabinen besser von der Rumstehzone mit den Teppichwänden abgetrennt, und fertig.«
Ja, fein, hast du es dem kleinen Mädchen gezeigt! Bist ein ganz toller Hecht!
K AI Ich bin immer noch so klein mit Hut. Ob ihr klar ist, was sie da gerade für ein Kunstwerk vollbracht hat? Seltsam, eben war sie noch so begeistert bei der Sache, aber jetzt schaut sie irgendwie müde drein. Na ja, vielleicht ist sie nun doch ein wenig erschöpft. Kein Wunder, immerhin musste sie heute schon ein paar Stunden auf einem Schrottplatz herumlaufen.
»Entschuldigung, der Tisch links am Fenster ist frei geworden. Wollen Sie dort Platz nehmen? Ich bringe Ihre
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