Andersrum durch die USA - Teil 1 - Florida: Ein schwules Roadmovie führt durch Florida und Kalifornien
Fünfhundert Dollar Frustkauf getätigt. Jeanshosen ohne Ende, neue Shirts und Jacken. Ich konnte fünf neue Paar Schuhe mein Eigen nennen. André war stolzer Besitzer von vier neuen Ledergürteln.
Voll bepackt liefen wir zurück zum Auto und füllten den Kofferraum. Ja, so gefiel dieser mir schon besser.
Mittlerweile war es Abend geworden und so saßen wir im Auto und studierten den Motel6 Führer, um eine nahegelegene Unterkunft für die nächsten Nächte ausfindig zu machen. Es gab zwar ein Motel6 direkt in Miami, aber dort waren die Preise wirklich abgeschmackt. Wir entschieden uns für die Stadt Dania Beach in der Nähe. Das lag zwar noch mal eine dreiviertel Stunde mit dem Auto vom Zentrum Miamis entfernt, war aber um einiges günstiger zu haben. Da André derjenige war, der die Straßenkarte las und mich dirigierte, brauchten wir für diese Fahrt leider auch das Doppelte der Zeit.
Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass Straßenkartenlesen nicht zu seinen Stärken zählte?
Am Motel angekommen, konnten wir ohne weitere Komplikationen einchecken und schafften unser Gepäck und die Einkäufe ins Zimmer.
Nach einer kleinen Runde in dem am Motel angeschlossenen Pool und einer kurzen Verschnaufpause rannten wir hektisch zwischen Kleiderschrank und Bad hin und her. An diesem Abend sollte es ins Art and Deco Viertel in Miami gehen und dafür mussten wir uns noch ordentlich aufpoppen.
Nach etwa anderthalb Stunden hatten wir uns für das richtige Outfit entschieden, die Haare waren bis in die Spitzen durchgestylt und wir fuhren mit dem Auto zurück nach Miami.
Das Art and Deco Viertel war schnell gefunden. Etwas schwieriger gestaltete sich die Suche nach einem passenden Parkplatz.
„Da ist einer!“, rief André nach einer halben Stunde des Rumgurkens und zeigte auf eine Parklücke. Ich stieg in die Eisen und hätte beinahe eine Massenkarambolage hinter mir herbeigeführt. Zum Glück kamen wir noch mal mit dem Schrecken und einem wilden Hupkonzert davon. Dieses erhob sich erneut, als ich versuchte, das Schlachtschiff in die Parklücke zu manövrieren. Fast drin, dann doch wieder raus, weil es nicht passte. Erneut ansetzen. Das gleich Spiel noch zwei oder drei Mal. Als André die Schweißperlen auf meiner Stirn sah, sprang er aus dem Wagen und lotste mich in die Parklücke.
Schweißgebadet stieg ich kurze Zeit später ebenfalls aus und seufzte erleichtert.
Wir marschieren los und staunten über die schönen Gebäude, netten Cafés und aufgebrezelten Menschen. Ja, hier waren wir richtig. Alles um uns herum war reine Kunst. Ob nun die mit Chrom und Glas verkleideten Bars und Restaurant oder die Frisuren der Herren und Damen, die unseren Weg kreuzten.
Wir kehrten zuerst in ein schickes Bistro ein und stillten unseren Hunger. Danach ging es in die Cocktailbar gegenüber. Ich musste mich ja leider zurückhalten und bestellte nur einen Cocktail mit Alkohol und die restlichen ohne. André schoss sich hingegen ziemlich aus dem Leben und so schwankte er bereits ordentlich, als wir die Bar verließen. Ob das nun gut oder schlecht war, dass keiner in der Bar nach unseren Ausweisen, ach nein, ID-Cards, gefragt hatte, wusste ich noch nicht so recht. Ich stützte André und steuerte den nächstbesten Laternenpfahl an. Dort stellte ich ihn ab und kramte die Gay-Map hervor.
„So … so … viele … haischä … Kelle, kommt alle herrr su mia“, lallte er vor sich hin und schaute den vorbeiziehenden Männern ungeniert auf die knackigen Hintern.
Dem konnte ich nur zustimmen. Ich widmete mich wieder der Karte in meiner Hand und suchte uns eine Gay-Disco in der Nähe.
Die frische Luft hier draußen schien meinem besten Freund ganz gut zu tun, denn er lallte schon nicht mehr ganz so stark, schwankte zwar noch, konnte aber bereits wieder ohne Stütze gehen.
Als wir vor der Disco ankamen, tummelten sich dort schon ein paar Sahneschnittchen vor der Tür und mein Herz begann vor Vorfreude zu tanzen. Wir reihten uns ein und wurden derb zurückgeschmettert, als wir an der Reihe waren.
„IDs“, haute uns der Türsteher um die Ohren. Wir kramten sie heraus und er begutachtete die Ausweise längere Zeit.
„This is your date of birth?“, fragte er und zeigte auf eine bestimmte Stelle auf meinem Ausweis. Ich schaute ihn verblüfft an. Sehe ich vielleicht aus wie ein Zweijähriger? Was ist das denn für eine hohle Fritte?
„No, that’s the date when the ID-Card has been created“, gab ich schmunzelnd zurück
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