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Andreas Steinhofel

Andreas Steinhofel

Titel: Andreas Steinhofel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Mitte der Welt
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weiß es schon.«
»Sie weiß es schon! Warum hat sie mir nichts gesagt?«
»Weil sie findet, dass das Terezas Aufgabe ist. Und weil sie
selbst recht gelassen darauf reagiert.«
»Gelassen darauf…« Ich muss damit aufhören, jeden Satz wie
eine gesprungene Schallplatte zu wiederholen. »Aber was ist
mit ihrem Job?«
»Es gibt Dutzende von Anwälten in der Umgebung«, sagt
Pascal ruhig. »Glass ist gut, sie hat Ahnung, sie wird jederzeit
eine neue Stelle finden. Sie könnte sogar in Michaels Kanzlei
arbeiten.«
»Und Tereza?«
»Hat etwas in Holland aufgespürt. Sie hat sich umgesehen, als
wir dort im Urlaub waren. Internationales Recht. Sie wird für
ein paar Monate noch mal die Schulbank drücken müssen, aber
der Job ist ihr sicher.«
Natürlich hat sie Recht. Holland liegt nicht am anderen Ende
der Welt. Wir werden einander besuchen können, wir werden
telefonieren. Trotzdem dreht sich mir der Magen um bei der
Vorstellung, Tereza nicht mehr in meiner Nähe zu haben.
»Na ja, so viel dazu.« Pascal kippt den letzten Rest Kaffee
hinunter, sieht auf ihre Uhr und steht auf. »Ich muss los.«
»Ist schon gut.«
»Du könntest mitkommen und mir beim Aufbauen helfen,
wenn du willst.«
»Keine Lust.«
»Dann bleib eben hier. Fühl dich wie zu Hause. Im
Kühlschrank müsste noch was zum Aufwärmen stehen. Oh, und
räum das Geschirr weg, ja?«
Sie hat schon drei Schritte in Richtung Flur gemacht, als sie
stehen bleibt und sich noch einmal zu mir umdreht. »Und was
deinen Nicholas angeht…«
»Ja?«
»Vielleicht würde es dir helfen, wenn du etwas mehr Initiative
ergreifst und dafür weniger wie ein unbeteiligter Zuschauer
durch die Weltgeschichte stolperst.« Sie grinst. »Das ist nämlich
genau das, was ich an dir nicht leiden kann.«
SECALE CORNUTUM
    EINE POSTKARTE TRUDELT EIN, diesmal aus Kapstadt:
Gable kündigt sich definitiv für Weihnachten an. Glass nimmt
das zum Anlass, sich der generalstabsmaßigen Planung der
Weihnachtsfeiertage zu widmen. Tereza und Pascal sind
eingeladen; Michaels Anwesenheit wird als selbstverständlich
vorausgesetzt.
    Ich finde Glass in der Rüche, wo sie vor einem Stapel von
Kochbüchern und einem Berg voll gekritzelter Zettel am Tisch
sitzt und, wie jedes Jahr um diese Zeit, hoch konzentriert über
der Zusammenstellung eines mehrgängigen Weihnachtsmenüs
brütet. Ich frage mich längst nicht mehr, warum sie so viel Zeit
auf etwas verwendet, das über das Planungsstadium nie
hinaustreten wird. Glass hat noch nie eines ihrer komischen
Menüs hinbekommen. Die Kochbücher hat sie sich nicht selbst
zugelegt, sie gehörten Stella. Letzten Endes wird das
Weihnachtsdiner, wie jedes von Glass geplante Festessen, doch
nur aus einem einzigen Gang bestehen: Huhn in Fertigmarinade
mit gebackenen Kartoffeln. Als ich sie auf Terezas
Umzugspläne anspreche, sieht sie von ihrem Zettelwust nicht
einmal auf.
    »Natürlich werde ich sie vermissen, Darling«, murmelt sie.
»Und was wirst du tun?«
»Nicht darüber nachdenken.«
»Ich meine, was wirst du tun, wenn du deinen Job verlierst?«
»Was schon? Ich werde mir einen neuen suchen.«
    Glass klappt eines der Kochbücher zu, schlägt das nächste auf
und macht sich irgendwelche kryptischen Notizen. Der
Kachelofen bollert und erfüllt die Küche mit gemütlicher
Wärme. Ich habe mit Blasen an den Händen dafür bezahlt – das
Holzschlagen im Schuppen wird bis zum April nächsten Jahres
kein Ende nehmen.
    »Und glaub nicht, dass ich nicht schon vorher oft mit dem
Gedanken gespielt hätte«, fährt Glass fort. »Ich bin schon länger
in der Kanzlei als die dienstälteste Topfpflanze. Eigentlich
müsste ich Tereza dankbar sein. Wenn sie nicht ginge, bekäme
ich nie den Hintern hoch.«
    »Wirst du bei Michael anfangen?«
»Natürlich nicht! Ich kann für Michael arbeiten oder ich kann
mit ihm schlafen. Beides zusammen kommt absolut nicht in
Frage.« Sie schiebt die Zettel beiseite und nimmt sich das
nächste Buch vor. »Sag mal, Darling, was hältst du eigentlich
    von Huhn mit Kartoffeln zu Weihnachten?«
»Großartige Idee.«
»Nicht wahr?« Glass sieht auf, strahlt mich an und beginnt die
hundert kleinen Zettel zusammenzuknüllen. »Warum ladet
Dianne und du nicht auch eure Freunde ein?«
    Dianne hält sich fast nur noch bei Kora oder, gemeinsam mit
Kora, bei Mädchen aus deren Bekanntenkreis auf. Als ich sie
frage, ob sie ihre Freundin zum Weihnachtsessen nach Visible
einladen möchte, schüttelt sie nur

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