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Androidenträume

Titel: Androidenträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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intelligente Spezies darstellt.«
    »Wie?«, sagte Richter Sn. »Welchen Teil wollen Sie anfechten? ›Intelligent‹ oder ›Spezies‹?«
    »Beides«, sagte Quua-win-Getag. »Keins von beidem wurde bewiesen.«
    »Hören Sie auf«, sagte Javna. »Miss Baker hat einen College-Abschluss und führt ein eigenes Unternehmen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass nur ein intelligentes Lebewesen zu so etwas imstande ist.«
    »Das sehe ich genauso«, sagte Richter Sn. »Und was das mit der ›Spezies‹ betrifft, win-Getag, hat Ihr Kollege bereits Ihre eigene Behauptung unterstützt, dass Miss Baker kein Mensch ist. Um sie nicht als neue Spezies einzustufen, würden Sie darauf pochen müssen, sie eindeutig als ›Nutzvieh‹ zu klassifizieren. Und ich glaube, dass nicht einmal die Nidu bereit wären, so weit zu gehen.«
    »Es könnte sein, dass das Wesen nicht alle Merkmale einer eigenen Spezies besitzt«, sagte Quua-win-Getag, während seine Gedanken rasten. »Eine Spezies muss in der Lage sein, Nachkommen hervorzubringen, und es ist nicht bewiesen, ob das Wesen dazu imstande ist.«
    »Wollen Sie vorschlagen, dass wir einen Versuch unternehmen, die junge Dame zu schwängern, um ihren Status zu überprüfen?«, fragte Richter Sn. »Ich glaube, für ein solches Experiment fehlt uns die Zeit.«
    »Ein anderer Punkt!«, sagte Quua-win-Getag etwas atemlos. »Das Wesen wurde künstlich durch genetische Hybridisierung zweier bereits bekannter Spezies erzeugt. Jede andere bekannte neue intelligente Spezies hat sich durch natürliche Evolutionsprozesse und nicht aus anderen bereits bekannten Spezies entwickelt.«
    »Und das heißt?«, drängte Richter Sn.
    »Das heißt, dass künstlich erzeugte Wesen nicht den artbildenden Prozessen der Evolution unterliegen«, erklärte Quua-win-Getag. »Deshalb können sie nicht als eigene Spezies anerkannt werden. Das Wesen ist ein Einzelfall, der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht reproduzieren lässt. Wenn es genau genommen keiner neuen Spezies angehört und die UNE den Standpunkt unterstützt, dass es kein Mensch ist, dann ist das Wesen juristisch betrachtet tatsächlich Nutzvieh. Und da die Charakteristika der Schafspezies, der sie angehört, bereits bestens bekannt sind, ist die Frage nach ihrem Intelligenzstatus hinfällig. Juristisch gesehen ist sie Eigentum der Nidu.«
    »Faszinierend«, sagte Richter Sn. »Sie geben sich alle Mühe, die Tatsache zu ignorieren, dass sie offenkundig intelligent ist.«
    »Es ist nicht meine Schuld, dass die UNE ihr den Status eines Menschen aberkannt haben«, sagte Quua-win-Getag. »Alles andere ist lediglich eine Schlussfolgerung aus dieser Erklärung.«
    Richter Sn wandte sich Ben Javna zu. »Sie sind dran.«
    Javna lächelte. Quua-win-Getag wusste es nicht, aber er hatte das Gespräch genau an den Punkt geführt, an dem Javna ansetzen wollte. »Euer Ehren, wir erkennen an, dass alle bislang bekannten Beispiele für intelligente Spezies durch die Prozesse der natürlichen Evolution entstanden sind. Aber daraus leiten wir nicht ab, dass Euer Ehren verpflichtet sind, ein Urteil auf der Basis bisheriger Standards zu fällen. Stattdessen möchte ich darauf hinweisen, dass es noch eine ganz andere Möglichkeit gibt.«
    »Und die wäre?«, fragte Richter Sn.
    »Sie könnten eine neue gesetzliche Basis schaffen.«
    Sns Antennen richteten sich kerzengerade auf. »Was haben Sie gerade gesagt?«
    »Begründen Sie ein neues Gesetz«, sagte Javna. »Die Frage der Stellung einer künstlich erschaffenen intelligenten Spezies wurde in der gesamten Geschichte der Großen Konföderation noch nie juristisch geklärt. Der Fall Agnach-u gegen Ar-Thaneg kam der Sache sehr nahe, aber im Urteil wurde das Thema Intelligenz gar nicht angesprochen, sondern es ging nur um Eigentumsverhältnisse. Wir befinden uns auf jungfräulichem Territorium, Euer Ehren, und diese Fragen betreffen unmittelbar die ureigenste Mission der Großen Konföderation. Möglicherweise ist dieses Thema viel wichtiger, als uns allen bewusst ist.«
    Richter Sn saß fast eine ganze Minute lang völlig reglos da. Nur seine Mundwerkzeuge vollführten kleine kreisende Bewegungen.
    Javna blickte zu Quua-win-Getag, der unverwandt den Richter anstarrte, und er hörte, wie der Nidu mit den Zähnen knirschte. Ihm war klar, dass sein menschlicher Gegenspieler ihn ausgetrickst hatte, indem er mit einer Sache, die einfach unwiderstehlich war, vor der nicht vorhandenen Nase des Richters herumgewedelt hatte: die

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