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Androidenträume

Titel: Androidenträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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bisherigen Erfahrungen mit Gracie als Bildjournalist hatte Dale Turley, der Redakteur des Newsletters, behutsam vorgeschlagen, dass Gracie mehr Fotos liefern sollte, die nicht so viel von diesem typischen Chuck-Gracie-Touch hatten.
    Das ist es, dachte Gracie dann. Er hatte gerade das Foto aus dem Speisesaal aufgerufen. Nun gut, Gracie war darauf zu sehen, aber er wurde von sechs weiteren Leuten flankiert, plus Hiroki und seine Verlobte in der Ecke. Insgesamt hatte das Foto gerade mal einen Chuck-Gracie-Anteil von 11 %, was seiner Ansicht nach ein akzeptabler Wert für Turley sein musste (oder »Trotteley«, wie Gracie ihn insgeheim nannte, seit er sich in die fotografische Gestaltung von Gracies Bildern eingemischt hatte). Gracie übertrug die Aufnahme an seinen Kommunikator, tippte die Namen der Leute ein, die darauf zu sehen waren, und schickte beides zusammen ab. Gracies Kommunikator nahm Kontakt mit dem internen Netzwerk der Neverland auf, und das Netzwerk packte die Nachricht und die Bilddatei in die letzte Sendung, die unmittelbar vor dem Sprung durch den N-Raum nach Caledonia abgeschickt wurde.
    Etwa eine Stunde später landeten die Daten im Posteingang von Dale Turley, der gerade dem wöchentlichen Newsletter des Regiments den letzten Schliff gab. Dale öffnete die Nachricht und reagierte hocherfreut, dass der Chuck-Gracie-Anteil dieser Aufnahme tatsächlich recht niedrig war. Also hängte er sie ans Ende des Newsletters, ergänzte die Namen um Zeit- und Ortsangaben und schob den Newsletter dann in den Verteiler. Von dort konnten ihn alle derzeitigen Mitglieder des Regiments in den verschiedenen Stützpunkten in den USA abrufen und sich ausdrucken lassen, und er wurde in elektronischer Form an ehemalige Mitglieder und/oder Veteranen des 75. Ranger-Regiments verschickt, was insgesamt mehrere Tausend Exranger waren. Zu diesen gehörte auch ein gewisser Rod Acuna.
    »Ich glaub, mich tritt ein Nagch«, sagte Acuna, als der Newsletter und das Foto auf seinem Kommunikator angezeigt wurden. Dann tippte er Jean Schroeders Privatnummer in den Kommunikator. Sie hatten ihr verlorenes Lamm wiedergefunden.

12

    Takk saß auf einem Stuhl, der viel zu klein für ihn war, betrachtete Archie McClellan und dachte darüber nach, dass er ihn wahrscheinlich würde essen müssen.
    Moralisch hatte Takk damit kein Problem. Wie alle Nagch in seinem Alter befand sich Takk auf seinem Ftruu, der pflichtgemäßen Initiationsreise, durch die junge Nagch möglichst viele Erfahrungen mit möglichst vielen Aspekten des Lebens machen sollten, und zwar ausdrücklich einschließlich der unschicklichen. Und das Verspeisen von Angehörigen anderer intelligenter Spezies fiel eindeutig in diese Kategorie. Allerdings war ein Nagch während seines Ftruu genauso wie jedes andere Mitglied der GK juristisch für seine Taten verantwortlich. Also musste Takk mit einer Strafe wegen Mordes rechnen, falls man ihn erwischte.
    Doch der Vorwurf der Sünde würde Takk erspart bleiben. Nach den Maßstäben der Nagch war man während eines Ftruu schuldunfähig, weil eines der Ziele dieser Reise eben darin bestand, die Sünde kennenzulernen und dadurch ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln. Sofern Takk nicht beschloss, sein Ftruu vorzeitig abzubrechen und heimzukehren, blieben ihm noch ungefähr vierzehn Monate. Danach wäre der Verzehr von Menschen ein ganz klarer Minuspunkt auf seinem Moralkonto. Doch zum gegenwärtigen Zeitpunkt konnte er sich quer durch einen Schulhof essen, ohne davon ethischen Schluckauf zu bekommen.
    Moralische Erwägungen waren also gar nicht das Thema.
    Stattdessen beschäftigte sich Takk mit den praktischen Aspekten des Verzehrs von Menschen, insbesondere, dass sie meistens mit einem gewissen Anteil unverdaulicher Komponenten verbunden waren, zum Beispiel Uhren und Kommunikatoren und Plastikreißverschlüssen und Metallteilen in den Schuhen und gelegentlich solchen Dingen, von denen man wirklich nichts ahnte, bevor man jemanden gegessen hatte. Dieser Schafrancher beispielsweise hatte mehrere Nadeln und Schrauben aus Metall in sich gehabt. Acuna hatte ihm erklärt, dass sich manche Menschen ihre Knochenbrüche nageln oder zusammenschrauben ließen, statt sich eine Expressheil-Session zu gönnen. Es war eine Kostenfrage. Takk wusste nur, dass diese Sachen ziemlich unangenehm pieksten. Wie alle anderen unverdaulichen Bestandteile menschlicher Accessoires musste Takk sie irgendwann ausspucken. Sonst würden sie sich in seinem

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