Androidenträume
hatte ich vor«, sagte Heffer und deutete auf Javna. »Wir fliegen gemeinsam hin. In wenigen Stunden geht es los.«
»Ausgezeichnet«, sagte Pope. »Dann kannst du den Nidu vor Ort erklären, warum wir Kriegshandlungen gegen sie in die Wege geleitet haben. Aber noch viel besser ist, dass ich in den nächsten Stunden oder Tagen vielleicht meinen Posten verliere, aber ihr beide werdet vermutlich Kriegsgefangene sein. So herum ist es mir viel lieber. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, meine Herren. Ich werde in einer Runde russisches Roulette um die Zukunft unseres Planeten spielen, und zwar mit der Kugel, die Sie großzügigerweise in die Trommel gesteckt haben. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, wenn ich Sie nicht nach draußen begleite.«
Eine Kugel pfiff an Brians Ohr vorbei. Er zuckte zusammen.
»Ziemlich realistisch, nicht wahr?«, sagte Andrea Hayter-Ross.
Der Tisch, an dem die beiden saßen, schwebte nun über der weiten Ebene von Pajmhi dahin. Von allen Seiten drangen die optischen und akustischen Anzeichen eines Krieges auf Brian ein. Das Rattern von Gewehrfeuer, das feuchte Klatschen, wenn menschliche oder niduanische Körper von Projektilen getroffen wurden, die Schreie, wenn die Angehörigen der einen oder der anderen Spezies zu Boden stürzten und Blut vergossen – in beiden Fällen rotes Blut –, das sich über die Ebene verteilte und langsam versickerte. Brian hielt sich am Tisch fest. Seinem Verstand war klar, dass er nicht tatsächlich über der Ebene schwebte, sondern dass alles nur eine Computersimulation war. Trotzdem war ihm schwindlig, und er glaubte nicht, dass sein Sitzplatz stabil war.
»So ist es nämlich geschehen«, sagte Andrea.
»Wovon redest du?«, fragte Brian.
»Von der Schlacht von Pajmhi«, sagte Andrea und goss sich eine neue Tasse Tee ein. »Jeder Mann und jede Frau im Dienst der UNE-Truppen zogen mit einer kleinen Helmkamera in die Schlacht, und jede Kamera zeichnete die Bilder auf und sendete die Daten an die Zentrale. Hinzu kamen Überwachungskameras, die die Ereignisse von oben verfolgten, wenn sie nicht von den Rebellen abgeschossen wurden. Trotzdem blieben der Nachwelt immer noch mehr als einhunderttausend perspektivische Aufnahmen von der Schlacht erhalten. Nicht dass sich die Nachwelt groß dafür interessiert hätte. Alle Daten sind auf den Servern des UNE-Verteidigungsministeriums gespeichert und öffentlich zugänglich – wegen der Informationsfreiheit und so weiter. Aber niemand greift je darauf zu. Und offenbar hat noch niemand so etwas getan.« Sie umfasste das Gemetzel mit einer ausladenden Geste. »Eine Zusammenstellung aller Daten, um die komplette Schlacht nachzustellen.«
»So war es also«, sagte Brian. »So war es wirklich.«
»So gut, wie es sich rekonstruieren lässt.« Links von Andrea wurde ein Infanterist von einer Kugel getroffen, die knapp unter seinem linken Auge einschlug. Sein Gesicht löste sich zur Hälfte auf, während er zurückgeworfen wurde und im Dreck zusammenbrach. »Es gibt immer wieder Lücken. Selbst mit einhunderttausend Helmkameras bleiben Stellen übrig, wo gerade niemand hingeschaut hat. Aber das meiste ist dokumentiert. Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, die Bewegung aller Blätter an allen Bäumen zu simulieren. Nur die eigentliche Schlacht. Es ist so geschehen, wie du es hier siehst. Jetzt komm weiter.« Der Tisch schien über die Landschaft hinwegzugleiten, und überall sah Brian Tod. Es drängte ihn, die Menschen zu warnen, die er um sich herum sterben sah, obwohl er wusste, dass es nichts nützen würde. Genauso wie Scrooge, der vom Geist der vergangenen Weihnacht mitgezerrt wurde, sah er nur die Schatten der Vergangenheit, nicht die Ereignisse selbst.
Eine Soldatin schrie Brian ins Ohr, als eine Kugel der Rebellen ihr den Arm abtrennte. Brian zuckte bei der Vorstellung der Schmerzen zusammen. Es spielte keine Rolle, ob es nur Schatten waren.
»Du hast natürlich keine Erinnerung an das hier«, sagte Hayter-Ross. »Der Gehirnscan, auf dem diese Version von dir basiert, stammt aus der Zeit vor der Schlacht. Das alles ist dir völlig fremd.«
»Ja«, sagte Brian.
»Wahrscheinlich ist es sogar besser so«, bemerkte Andrea. »Wenn du deine Freunde sterben siehst, hat es für dich im Grunde keine Bedeutung.«
»Sind viele von ihnen gestorben?«
»Oh ja. Ziemlich viele. Wir sind übrigens da.«
Der Teetisch hielt wenige Meter von einem Soldatentrupp entfernt an, der sich in einer Mulde verschanzt
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