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Androidenträume

Titel: Androidenträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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hatte und sich mit einigen Rebellen im nahe gelegenen Gebüsch ein Feuergefecht lieferte. Erschrocken erkannte Brian sich selbst, nur wenig älter als zum Zeitpunkt des Gehirnscans, wie er soeben eine Granate zu den Rebellen warf. Drei Männer weiter sah er Harry, der geduckt gegnerische Infanteristen ins Visier nahm und mit kurzen, kontrollierten Salven feuerte, bevor er seinen Standort wechselte, um nicht selbst beschossen zu werden. Brian war gleichzeitig entsetzt und fasziniert, einen Teil seines Lebens zu sehen, der in seiner Erfahrung fehlte und der schon bald mit seinem Tod enden würde.
    Hayter-Ross schien es zu bemerken. »Beunruhigend, nicht wahr?«
    Brian konnte nur nicken.
    »Ich weiß«, sagte sie. »Meine eigene Version beruht auf den gespeicherten Erinnerungen bis einen Tag vor meinem Tod. Ich starb während der nächsten Sitzung, in der Erinnerungen und Bewusstseinsinhalte übertragen werden sollten, so dass ich mich daran nicht mehr erinnern kann. Ich habe mir die Aufzeichnung immer wieder angeschaut. Zu sehen, wie ich sterbe, während Ärzte und Techniker sich alle Mühe geben, mich zu retten, den Blick in meinen Augen zu sehen, während ich erkenne, dass es vorbei ist – und gleichzeitig nicht in der Lage zu sein, die tatsächlichen Gefühle nachzuempfinden. Ich weiß nicht, ob es Angst oder Erleichterung oder Verwirrung war. Ich war nicht dabei. Das kann ziemlich irritierend sein.«
    »Warum zeigst du mir das?«, sagte Brian, der nicht in der Lage war, seinen Blick von sich selbst abzuwenden.
    »Du wirst sehen«, sagte Andrea. »Das heißt, du wirst es in diesem Augenblick sehen.«
    Brian beobachtete, wie er als Soldat eine weitere Granate warf und sich fallen ließ, während sie detonierte. Dann riskierte der Soldat Brian einen Blick und sah, wie sich die Rebellen zurückzogen. Er stieß einen Jubelschrei aus und sprang aus der Mulde, um den Flüchtenden nachzusetzen. Ihm folgten zwei weitere Soldaten, die von seiner Begeisterung mitgerissen wurden. Dann hörte Brian, wie Harry und der Sergeant ihn und die beiden anderen anbrüllten, dass sie zurückkommen sollten, aber diese Version von ihm hörte den Befehl nicht oder wollte ihn nicht hören. Innerhalb weniger Sekunden hatten sich die drei tollkühnen Soldaten weit von ihren Kameraden entfernt und jagten die Rebellen durch das hohe Gras zu einer kleinen Baumgruppe. Brian spürte, wie er sich unwillkürlich anspannte und auf das Unvermeidliche wartete.
    Es folgte kurze Zeit später. Unmittelbar vor dem Wäldchen wirbelte einer der Soldaten heftig herum, weil eine Kugel ihn in die Schulter getroffen hatte. Noch während er sich drehte, traf ihn eine weitere Kugel, die seinen Kugelschild unterlief und ihm in den Rücken drang. Als sie auf der Vorderseite wieder austrat, ließ sie Blut gegen die Innenseite des Schilds spritzen. Dann ging der zweite Soldat schreiend zu Boden, als seine Kniescheibe verdampfte. Vom Teetisch aus beobachtete Brian, dass die Rebellen zuerst die weiter entfernten Kameraden des Trupps abgeknallt hatten, damit die ganz vorn nichts davon bemerkten und rücksichtslos weiterstürmten.
    Brian musste untätig zusehen, wie sein anderes Ich zum letzten Ziel wurde. Er wurde fast gleichzeitig von zwei Kugeln getroffen, in die linke Ferse und in die rechte Hüfte. Die Wucht des Treffers am Fuß versetzte Brian in Drehung, doch der zweite Schuss stoppte die Bewegung. Schließlich wurde Brian einfach nur zurückgeworfen, als wäre er frontal mit einem unsichtbaren Lastwagen zusammengestoßen. Der Körper des Soldaten Brian landete mit einem dumpfen Geräusch im Gras, und im nächsten Moment begann er zu schreien.
    »Was fällt dir auf?«, fragte Andrea.
    Brian sammelte sich und versuchte nachzudenken. »Wir sind alle noch am Leben.«
    »Richtig«, sagte Andrea. »Am Leben, laut schreiend und im Freien, wo jeder, der euch retten will, zur leichten Zielscheibe für die Rebellen wird. Du hast gesehen, wie sie euch drei in umgekehrter Reihenfolge abgeschossen haben. Und sie haben darauf geachtet, euch keine tödlichen Verletzungen zuzufügen – zumindest keine unmittelbar tödlichen. Du weißt, was das bedeutet.«
    »Es ist eine Falle«, sagte Brian. »Ich dachte, ich hätte sie aus ihrer Deckung aufgescheucht, aber in Wirklichkeit haben sie es mit mir gemacht.«
    »Wenn es eins gibt, das andere Spezies über die Menschen wissen«, sagte Andrea, »ist es die Angewohnheit, niemanden zurückzulassen. Schau mal, da kommen deine Kameraden

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