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Androidenträume

Titel: Androidenträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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ihnen entkommen würden. Und wissen Sie auch, warum?«
    »Weil ich Ihnen entkommen bin.«
    »Eine geniale Erkenntnis«, sagte Acuna. »Weil Sie mir entwischt sind. Also habe ich mir überlegt, was ich machen würde, wenn ich Harry Creek wäre und ich verhindern wollte, von einem Kreuzfahrtschiff entführt zu werden. Und da wären wir! Ich musste nur jemanden fast erschießen, um hierherfliegen zu können, aber ich glaube, jetzt sind alle froh, dass ich mir die Mühe gemacht habe.«
    »Sie sind mit den Nidu gekommen.«
    »Richtig«, sagte Acuna. »Und ich werde mit ihnen auch wieder verschwinden. Zusammen mit Takk…« – er deutete mit der freien Hand auf den Nagch – »… und Ihrer Freundin. Sie selbst jedoch werden hierbleiben.«
    »Ist im Shuttle für mich kein Platz mehr?«, fragte Creek.
    »Platz wäre genug«, antwortete Acuna. »Aber Sie werden nicht mitkommen, weil wir beide jetzt eine offene Rechnung begleichen werden. Bei unserer letzten Begegnung haben Sie mir den Arm und die Nase gebrochen, wenn ich mich richtig erinnere. Die Expressheil-Session hat mich eine Menge Geld gekostet.«
    »Das tut mir aufrichtig leid.«
    »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen«, sagte Acuna und schoss Creek mitten in den linken Unterarm, wobei Elle und Speiche zertrümmert wurden. Creek brach am Boden zusammen, wand sich vor Schmerzen und verteilte sein Blut auf dem Beton. Robin schrie erneut und flehte, dass ihnen jemand zu Hilfe kommen sollte.
    Acuna beobachtete eine Weile, wie Creek sich wand, bis ersich vom Pult erhob und zu ihm hinüberging. »Damit wäre der Arm beglichen«, sagte er und versetzte Creek dann einen Fußtritt mitten ins Gesicht, worauf diesem ein Blutschwall aus der Nase schoss. »Und jetzt sind wir quitt, was die gebrochene Nase betrifft.« Er trat zurück und hob die Waffe. »Und was jetzt kommt, geschieht zum Wohl von uns beiden. Auf Nimmerwiedersehen, Creek.«

    Takk interessierte sich nur beiläufig für das, was sich zwischen Acuna und Creek abspielte. Was ihn viel mehr interessierte – was sogar seine gesamte Aufmerksamkeit beanspruchte –, war Robin.
    Acuna hatte Robin in Gewahrsam genommen, während Takk ihren Begleiter ins Kommunikationszentrum getragen hatte. Doch dann hatten sie die Rollen getauscht. »Pass auf, dass sie dir nicht entkommt«, hatte Acuna gesagt und die Frau in Takks Richtung gestoßen.
    Als sie ihn mit erschrocken aufgerissenen Augen angesehen hatte, hatte er seine riesige Tatze auf ihre Schulter gelegt. »Keine Angst, ich werde Ihnen nicht wehtun.«
    »Sie haben gerade meinen Freund bewusstlos geschlagen«, erwiderte Robin. »Entschuldigen Sie bitte, dass ich nicht völlig entspannt reagiere.«
    Es war genauso, wie Dwellin es prophezeit hatte:

Das Lamm wird in das Haus von Fremden treten,
    Nach einer langen Reise von vielen Meilen;
    Die dort wohnen, werden es willkommen heißen,
    Und dennoch wird es Tränen vergießen.

    Takk hatte fast ununterbrochen in den Prophezeiungen gelesen, seit Archie McClellan sie ihm vor seiner Verdauung geschenkt hatte. Man konnte mit Fug und Recht behaupten, dass er die meisten inzwischen auswendig kannte – Nagch konnten sich geschriebene Texte generell sehr gut einprägen. Und sie hatten Takk immer mehr fasziniert. Im Grunde neigte er nicht dazu, sich leicht von mystischen Vorstellungen beeinflussen zu lassen, weil ihm die vernünftige und beruhigende Ordnung einer etablierten Religion lieber war. Nachdem er das Vorwort des Buches gelesen hatte, hätte er sich eher den Iranisten als den Empathisten zugerechnet, wenn er ein Mitglied der Sekte gewesen wäre. Dennoch hatte es etwas Bezwingendes, dass sich diese Prophezeiungen vielleicht nicht nur erfüllten, sondern durch bewusste Entscheidungen der Mitglieder wahr werden sollten. Das war ein interessantes Nebeneinander von Schicksal und freiem Willen, ohne dass das eine durch das andere ausgeschlossen wurde. Nein, sie mussten sogar Hand in Hand gehen, in friedlicher Koexistenz fröhlich über die Wiese hüpfen.
    Natürlich erkannte Takk, dass die Prophezeiung, an die er dachte, nicht in allen Details zutraf. Das Kommunikationszentrum ließ sich nur im allerweitesten Sinne als »Haus« bezeichnen, wenn man davon ausging, dass theoretisch jedes Gebäude von jemandem bewohnt werden konnte. Doch andere Punkte passten recht gut. Schließlich war das Lamm tatsächlich viele Meilen weit gereist. Sogar viele Lichtjahre, eine Entfernung, die »viele Meilen« um Längen in den Schatten stellte. Und

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