Androidenträume
Arlington. Javna hatte sich bereits dort eingefunden, als Creek sich der Grabstelle näherte.
»Ich erinnere mich noch gut an den Tag, als Brian und du versucht habt, ein Attentat auf mich zu verüben«, sagte Javna, ohne sich umzudrehen. Er hatte Creeks Schritte gehört. »Du weißt schon, mit der Modellrakete.«
Creek grinste. »Wir wollten kein Attentat auf dich verüben, Ben«, sagte er. »Wirklich nicht. Ehrlich.«
Javna blickte über die Schulter. »Ihr habt die Rakete in mein Auto gelenkt, Harry.«
»Es war nur eine kleine«, wiegelte Creek ab. »Außerdem hattest du den Wagen längst verlassen.«
»Ich bin gerade noch rechtzeitig aus dem Wagen rausgekommen«, stellte Javna richtig. »Ich wünschte, ich wäre dringeblieben. Dann hätte ich vielleicht verhindern können, dass die Sitze durch die Rakete verschmort werden.«
»Vielleicht«, räumte Creek ein. »Obwohl du dann Verbrennungen dritten Grades am ganzen Körper erlitten hättest.«
»Das hätte sich mit Hauttransplantationen wieder in Ordnung bringen lassen«, sagte Javna. »Aber das Auto war ein Oldtimer. Die Sitze bestanden aus Leder, von einer richtigen Kuh. So etwas bekommt man heute nicht mehr. Ich hätte euch beide am liebsten umgebracht. Mein Anwalt hätte dafür gesorgt, dass viele Oldtimer-Fans unter den Geschworenen sind. Ich wäre in weniger als einer Stunde freigesprochen worden.«
Creek breitete die Hände in einer flehenden Geste aus. »Ich bitte dich ergebenst um Verzeihung, Ben. Es tut mir leid, dass wir dein Auto abgefackelt haben. Wir können uns nur damit entschuldigen, dass wir damals zehn und bemerkenswert dumm für unser Alter waren. Und du solltest nicht zu hart mit deinem Bruder sein. Die Rakete abzufeuern war meine Idee gewesen.«
»Das ist einer der Gründe, warum ich dich mag, Harry«, sagte Javna. »Du setzt dich selbst dann für Brian ein, wenn es ihm überhaupt nichts mehr nützt. Bevor ihr beiden abgeflogen seid, sagte er mir noch, dass er derjenige war, der die Rakete auf mein Auto richtete. Und er sagte, du hättest versucht, es ihm auszureden.«
Wieder grinste Creek. »Immerhin war es ein Oldtimer. Irgendwie wäre es doch schade gewesen, ihn abzufackeln.«
»Ich wünschte, du wärst etwas überzeugender gewesen.«
»Du weißt, wie Brian war«, sagte Creek. »Er ließ sich von niemandem etwas vorschreiben.«
Eine Weile standen die beiden schweigend vor Parzelle 4088 in Abschnitt 91.
»Du hast dich bestimmt nicht mit mir getroffen, um mit mir darüber zu reden, was Brian und ich vor zwanzig Jahren verbockt haben«, sagte Creek leise.
»Richtig«, bestätigte Javna. Er griff in seine Manteltasche und warf Creek etwas zu. Es war ein Armreif, an dem eine kleine Metallscheibe befestigt war. »Streif es über und drück auf den Knopf«, sagte er zu Creek.
Creek zog den Armreif ohne besondere Schwierigkeiten über sein Handgelenk und drückte den roten Knopf mitten auf der Scheibe. Dann spürte er eine leichte Vibration, die von der Scheibe ausging. Er blickte zu Javna, der nun einen Armreif von gleicher Art trug. Javna legte einen kleinen Würfel auf Brians Grabstein und fixierte ihn mittels eines Saugnapfes. Dann drückte er auf die Oberseite.
»So müsste es klappen«, sagte Javna.
»Was?«, fragte Creek.
»Ich wurde beschattet, als ich mich heute Nachmittag mit dir getroffen habe«, erklärte Javna. »Ein paar falsche Hinweise habe ich gelegt, um meine Verfolger in die Irre zu führen, und ich wette, dass sie jetzt glauben, wir hätten uns in einer Bar verabredet. Aber man kann nie vorsichtig genug sein.« Javna zeigte auf den Würfel. »Dieses kleine Ding tut zwei Sachen. Es erzeugt im Umkreis von zehn Metern eine Sphäre aus weißem Rauschen. Jeder, der versucht, uns aus größerer Entfernung mit konventionellen Abhörvorrichtungen zu belauschen, wird nichts Brauchbares hereinbekommen. Außerdem lässt es den Grabstein vibrieren, um Geräte zu irritieren, die Schallwellen rekonstruieren, indem sie Laserstrahlen von festen Gegenständen zurückwerfen lassen, um daraus zu berechnen, wie sie akustisch in Vibration versetzt werden. Und diese kleinen Armreife machen dasselbe mit uns. Nicht dass man mit Lasern allzu viel ausrichten könnte. Menschliche Körper sind schlechte Schallleiter, und der Grabstein ist auch nicht gerade die beste Wahl. Draußen im Freien gibt es zu viele Störfaktoren für diese Lasersache. Aber sicher ist sicher.«
»Damit bleibt nur noch die Möglichkeit, uns die Worte von den
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