Androidenträume
Lippen abzulesen«, sagte Creek.
»Dann solltest du versuchen, deine Lippen nicht zu sehr zu bewegen.«
»Dieser Mantel-und-Degen-Scheiß langweilt mich zu Tode. Ben«, sagte Creek. »Was ist los?«
Javna griff wieder in seine Manteltasche und zog eine kleine, leicht gekrümmte Röhre hervor. »Hast du so etwas schon einmal gesehen?« Er gab sie Creek.
»Ich glaube nicht«, sagte Creek, als er sie in die Hand nahm. »Was ist das?«
Javna erzählte ihm die ganze Geschichte, vom Furzmord bis zum Problem, die Schafe der Androidentraum-Rasse zu finden.
»Toll«, sagte Creek. »Widerlich, aber toll.«
»Wenn ich nun herausfinden wollte, wer dieses Ding gemacht hat«, sagte Javna. »Wie müsste ich es anstellen?«
Creek drehte den Apparat in den Händen. »Ich vermute mal, dass es nicht aus industrieller Massenfertigung stammt.«
»Eher nicht.«
»Dann hat jemand es entweder selbst konstruiert odereinen bereits existierenden Bauplan variiert. Vielleicht findet man in der Patentdatenbank der UNE etwas Ähnliches, und dann könnte man rekonstruieren, wer in letzter Zeit auf diese Information zugegriffen hat. Vorausgesetzt, man hat direkt in der staatlichen Datenbank gesucht und nicht in irgendeinem Privatarchiv.«
»Also glaubst du, dass wir den Unbekannten auf diese Weise ausfindig machen könnten?«, fragte Javna.
»Klar. Wenn der Typ ein Idiot war und sich nicht die Mühe gemacht hat, seine Spuren zu verwischen«, sagte Creek. »Könnte dieses Profil auf den Kerl zutreffen, nach dem du suchst?«
»Eher nicht«, sagte Javna erneut.
»Aber man könnte noch anderswo suchen«, sinnierte Creek. »Dieses Ding wird zwar nicht industriell gefertigt, aber es ist auch nichts, was man selber im Hobbykeller zusammenbauen kann. Es wurde vermutlich mit einem kleineren Fabrikator hergestellt.« Creek sah Javna an, der nur mit den Schultern zuckte. »Ein kleiner Fabrikator ist so etwas wie ein dreidimensionaler Drucker«, erklärte Creek. »Man braucht nur einen Plan und etwas Rohmaterial, und dann wird der Gegenstand, den man haben will, sozusagen ausgedruckt. Diese Methode ist sehr ineffizient, wenn man damit viele Gegenstände herstellen will, aber für eine Aufgabe wie diese ist sie bestens geeignet.«
»Wie viele von diesen Fabrikatoren gibt es?«, fragte Javna.
Creek zuckte mit den Schultern. »Schwer zu sagen. Ich würde schätzen, ein paar hundert in der Umgebung von Washington. Sie werden von Leuten verwendet, die Ersatzteile für Produkte machen, deren Hersteller pleitegegangen sind oder diese Produkte nicht mehr im Angebot haben. Zum Beispiel für Leute, die Oldtimer fahren. Falls du dir jemals Ersatzteile für deine Kiste besorgt hast, stammten sie bestimmt aus einem Fabrikator. Aber man könnte die Suche durchaus eingrenzen.
Dieses Ding besteht wahrscheinlich aus Metall, also könnte man die Fabrikatoren außer Acht lassen, die Sachen aus Plastik, Keramik oder Carbonfasern herstellen. Damit dürften immer noch ein paar Dutzend übrig bleiben, was allerdings schon eine wesentlich kleinere Zahl ist.«
»Aber damit wissen wir immer noch nicht, welcher Fabrikator dieses Ding hergestellt hat«, sagte Javna.
»Richtig, aber von dort aus kommt man sehr schnell weiter. Fabrikatoren sind wie jedes technische Werkzeug – sie hinterlassen winzige, aber einzigartige Spuren an dem, was sie produzieren. Mit einem Mikroskop lassen sich die Spuren erkennen, die für diesen Fabrikator typisch sind. Damit kennt sich jeder aus, der irgendwann mal mit Spurensicherung zu tun hatte.« Creek wollte Javna das Röhrchen wiedergeben, doch dieser hob abwehrend die Hände. »Soll ich es behalten?«, fragte Creek.
»Ich möchte, dass du herausfindest, wer es gemacht hat«, sagte Javna. »Das und noch etwas.«
»Und was?«
»Du musst diese Schafe finden, von denen ich gesprochen habe.«
»Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Es ist mein voller Ernst«, sagte Javna.
»Ben, schon eine dieser beiden Aufgaben ist ein Vollzeitjob für einen echten Ermittler. Und wie du dich vielleicht erinnerst, habe ich bereits eine Vollzeitbeschäftigung. Du hast sie mir besorgt – weißt du noch?«
»Ich weiß«, sagte Javna. »Mach dir wegen deines Jobs keine Sorgen. Ich habe dir bereits eine Coverstory verschafft. Deine Chefin hat eine Mitteilung erhalten, dass du in den nächsten zwei Wochen an einem Fortbildungsprogramm des Außenministeriums in xenokultureller Interaktion teilnehmen wirst. Und zufällig veranstaltet das Außenministerium in
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