Andromeda
Freie zu gelangen. Eine weitere Nacht auf dem Boden des Tonnengewölbes wollte ich aber nicht verbringen. Außerdem waren meine Lebensmittel nun wirklich erschöpft.
Ich machte mich also auf den Rückweg, der bedeutend schneller und unkomplizierter vonstatten ging als mein Hermarsch zwei Tage zuvor.
Ich brauchte, nach meinem Gefühl, eine gute Stunde, um wieder bis unter die durch das Rohrende gesicherte Klappe im Hallenboden meines Hauses zu gelangen. Dann trat ich unter den Beförderungsschacht und war im Handumdrehen oben in meinem Korridor. Auch meine Wohnung fand ich nun mühelos: Spitzdreieck-Strich-Doppelkreis.
Es war später Abend, als ich eintrat, und an der Wand des Wohnraumes strahlte immer noch die Gebirgslandschaft. Nichts von Alpha gleich Omega diesmal! Aber ich hatte ja auch nicht hier geschlafen. Ich ahnte bereits, daß es beim Erwachen anders sein könnte.
Ich nahm ein Bad und stellte dabei belustigt-wehmütig fest, wie viele Kratzer, Quetschungen und Schürfwunden ich mir während der vergangenen beiden Tage an meinem neuen Körper zugezogen hatte; unvergleichlich mehr, als ich an meinem alten auf Tantalus jemals vorzuweisen gehabt hatte.
Nachher mußte ich eine befremdliche Entdeckung machen. In der Küchenkiste fand ich wohl ein appetitlich aussehendes Gericht auf mich warten, doch es war nichts zu trinken vorhanden. Das Fach für die Flaschen war leer. Reichlich spät erst kam mir die Idee, daß man vielleicht die leeren Flaschen erst zurückstellen mußte, ehe neu gefüllte sich einfanden. Die Flaschen aber hatte ich unten im Gang liegenlassen. Ich haderte mit mir selbst, aber das nutzte ja nun auch nichts mehr. So mußte ich denn für diesmal mit dem Wasser im Waschbecken vorliebnehmen, aber ich müßte lügen, wollte ich behaupten, daß es wohlschmeckend gewesen wäre.
Auch mit der Wäsche war es dann so. Draußen im Fach fand sich eine neue Toga erst dann ein, als ich die alte, verschmutzte im Bad abgelegt hatte und sie durch den Schlitz oben verschwunden war. Mit wirklichem Überfluß war es also nichts. Wenn ich es recht bedachte, hatte ich eigentlich kaum etwas anderes erwarten können. Doch was sollte werden, wenn mal eine Flasche unwiederbringlich abhanden kam, vielleicht in einen Felsspalt rollte oder in einen der Risse draußen auf der Straße?
Ich legte mich nachher zur Ruhe, und beim Erwachen fand ich dann wieder jenes böse Menetekel an der Wand vor. Es erschreckte mich aber nun nicht mehr. Ich machte mir nicht einmal mehr die Mühe, es fortzuwünschen. Ich würde ja ohnehin gehen und es mir damit aus den Augen schaffen.
Ich packte zu essen ein und verließ die Wohnung, nicht ohne mich vorher ordentlich satt getrunken zu haben.
An diesem, dem dritten Tag dann gelangte ich wirklich ins Freie hinaus.
Meine Treppe war vollendet, und ich stieg hinauf ins Tageslicht. Genauer gesagt: Ich gelangte zunächst in eine Halle, die aufs Haar derjenigen glich, die sich unten in meinem Hause befand. Auch die weitmäuligen Öffnungen der Transportschächte waren zu sehen. Dennoch gab es einen sehr großen Unterschied: Ich befand mich hier offensichtlich in einem jener Häuser, die von der Zerstörung weit stärker betroffen waren, als es gemeinhin der Fall war. In der Hallendecke klaffte ein gewaltiger Riß und gab den Blick auf den blauen Himmel frei. Vorne sogar war die halbe Fassade zusammengerutscht, ein Teil von ihr nach innen in die Halle gestürzt, der Rest hinaus auf die Straße. Auffällig war, daß auch diese so schwer in Mitleidenschaft gezogene Halle immer noch von dem mir so wohl bekannten matten künstlichen Licht erhellt wurde. Freilich hatte das kaum noch Bedeutung neben dem strahlenden Sonnenlicht, das von draußen hereindrang. Immerhin fand ich es wichtig genug. Wenn die Beleuchtung funktionierte, trotz der schweren Schäden, die das Gebäude betroffen hatten, dann funktionierten vielleicht auch die Transportschächte noch. Und da oben, da oben… Nun, der breite Riß in der Hallendecke reichte ja durch das ganze Haus, und unter Umständen waren auf solche Weise andere, mir sonst verschlossen gebliebene Wohnungen betretbar. Das herauszufinden, verschob ich auf später.
Ich ging nach vorn, klomm über den Mauerschutt hinweg und stand endlich auf der Straße. Über mir freier, wolkenloser Himmel und die Sonne rechts, schon wieder ziemlich tiefstehend. Ich wußte, daß ich mich an ihren Anblick nie würde gewöhnen können. Sie war wirklich krank.
Ich schaute die Straße
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