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Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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als aufgebracht, und dann wandte ich meinen Blick noch einmal zur Stadt hin. Ich hatte es schon richtig abgeschätzt: Drei breite parallel laufende Straßenzüge gab es, beidseitig mit Häuserzeilen besetzt, und jede dieser Straße war einige Kilometer lang. Wie viele genau, war schwer zu sagen. Es konnten sieben Kilometer sein, aber auch zehn oder zwölf. Die Exaktheit, mit der alles angelegt war, erinnerte ein wenig an die Wohnsilos der Erde zu Ausgang des zwanzigsten Jahrhunderts – monoton, nicht sehr erfreulich, aber sicherlich rationell und seinen Zweck erfüllend.
    Warum das Feld? fragte ich mich noch einmal. Wirklich wegen dieses jaulenden Schleimes?
    Und dann machte ich mich weiter auf den Marsch. Ich kam nicht allzuweit an diesem Tag – gerade eben bis auf halbe Höhe des ersten wirklichen Berges. Das Stapfen durch den Sand war einfach zu kräftezehrend gewesen. Es wurde erst ein wenig leichter, als ich am Fuß des Berges selbst angelangt war. Da hatte dann zwar das Klettern begonnen, aber da die Flanken nicht allzu steil aufstiegen, war es allerdings auch keine reine Erholung, so mit dem Vorratssack auf dem Rücken, aber immerhin nicht mehr so stumpfsinnig und stets nur die gleichen Muskeln beanspruchend.
    Als sich hinter mir die Sonne wie ein roter Reiter auf den Horizont zu setzen begann, setzte auch ich mich endlich.
    Ich hatte eine verhältnismäßig ebene Fläche erreicht, die gute zehn Schritt breit war und sich weit um den Berg herum erstreckte. Vielleicht umlief sie ihn sogar völlig, wie ein granitener Reif, den die Natur selbst dem Brocken hier als Angebinde aufgeschmiedet hatte. Mir genügte es, daß ich genügend Raum hatte zum Biwakieren.
    Aus dieser Höhe konnte man die Landschaft schon recht weit überblicken. Was sich mir darbot, war noch trostloser, als es überhaupt zu erwarten gewesen war, wenngleich die Szenerie einer gewissen Erhabenheit nicht entbehrte. Es war die Erhabenheit der absoluten Einöde und des Verlassenseins. Es gab kein Wasser. Es gab keine Pflanzen. Es gab kein Getier. Es gab nichts weiter als Berge, Täler, Sand und verlassene Siedlungen.
    Jawohl: Siedlungen! Ich hatte es bereits bemerkt, noch ehe ich meinen Rastplatz erreichte. Als ich nämlich hoch genug gelangt war, entdeckte ich ein weiteres Tal, das sich nach rechts hin zwischen anderen Bergen hindurchwand, und irgendwo da hinten, sehr weit in der Ferne, sah ich es wiederum weiß schimmern. Das konnten wohl nur Gebäude sein, solche Gebäude, wie ich sie verlassen hatte, um hier heraufzuklettern. Es gab sonst nichts Weißes in der Landschaft.
    Nun war das merkwürdig: Bereits am Abend meines Erwachens auf der Terrasse vor meiner Wohnung hatte ich jenen außerordentlichen, glutenden Sonnenuntergang bewundern können und diesen kaum wahrnehmbaren Dunst bemerkt, der die gesamte Luft erfüllte. Dieser Dunst war all die Tage immer dagewesen, und wenn ich zunächst angenommen hatte, es könne sich dabei um einen hauchfein verdünnten Nebel handeln, um Wasserdunst also, so hatte ich diese Vermutung längst fallengelassen. Abgesehen davon, daß es angesichts der Wüstenei ringsum gar kein Wasser sein konnte, so hatte darüber hinaus dieser Dunst die merkwürdige Eigenschaft – und hier auf dem Berg bemerkte ich es ganz deutlich –, die Ferne nicht zu verschleiern, sondern sie eher zu enthüllen. Die Fernsicht war nicht nur klar, sie war überklar! Aber eben bloß sie. Auf kurze Entfernung wirkte der Dunst, wie jeder Dunst sonst auch wirkte: schwach verschleiernd.
    Das war abermals etwas recht Erstaunliches. Ein Dunst mit periskopischen Eigenschaften also. Wenn man ein altmodisches Fernglas, so eines, wie es Leutnant Kraneis besessen hatte, einfach so betrachtete, dann sah man auch sehr wohl, daß es Linsen besaß, die aus Glas waren. Erst wenn man es an die Augen setzte und in die Weite schaute, nahm man vom Glas nichts mehr wahr, wohl aber rückte die Ferne unvermittelt in Griffnähe heran.
    Glasdunst, dachte ich. So etwas gibt es doch überhaupt nicht. Vielleicht ein halbsichtbares Gas? Das wäre allerdings auch etwas Neues, doch was wäre nicht neu bei den Tantaliden?
    Ich ließ es damit bewenden. Ich saß, aß und trank, und dann geschah es erstmals, daß mich das Verlangen nach einer Zigarette geradezu quälte. Doch woher nehmen, falls man nicht zaubern konnte? Und zaubern konnte ich nicht.
    Wieder war der Himmel erfüllt von der Glut des Sonnenunterganges. Geradeaus und tief unter mir sah ich jenen

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