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Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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feldgeschützten Rundbau wie einen silbernen Tautropfen funkeln. Dahinter erhob sich spielzeughaft die Silhouette meiner Stadt. Sie warf einen dunklen, immer schwärzer werdenden Schatten hinaus in die Wüste. Es nahm sich aus wie ein mahnender Finger, der geradewegs auf mich hindeutete.
    Eine halbe Stunde später war die Sonne ganz verschwunden. Hinter mir, über die Berge hinweg, gingen die beiden riesigen Planeten am Firmament auf. Es dauerte wohl zwei Stunden, bis sie voll sichtbar waren. Ihr Anblick ließ mich wie beim erstenmal tief erschauern. Es war und blieb ein kosmisches Schauspiel von so beeindruckender Wucht, aber auch Schönheit, daß kein Gefühl es zu fassen vermochte. Die Menschheit hatte Sterne aufgesucht und Planeten – viele, viele schon. Doch dergleichen wie hier hatte noch niemand vor mir geschaut, ich konnte mich nicht satt sehen daran.
    Es war vor allem der mir nächstgelegene Planet, von dem die größte Faszination ausging. Diese einseitige Polkappe, diese gigantischen, von Schatten umwobenen Rillen zum anderen Pol hinüber – das war noch fremdartiger, als es Tantalus mit seiner rasenden Sonne, seinen wilden Gebirgen und blauen Pflanzen jemals gewesen war. Auch die feuergeäderten mächtigen Wolkenfelder dort – von der ALGOL aus gesehen – waren ein Nichts dagegen. Da droben, über mir, stand eine ganze Welt auf dem Kopf – im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn ich verdammt sein sollte, lange genug hierbleiben zu müssen, in meiner toten Stadt und in dieser noch weniger lebenden Wüste, dann würde ich es sicher sogar noch mitansehen können, wie da droben das Eis abschmolz und die große Sintflut anhob. Wie das dann wohl ausschauen mochte?
    Ich streckte mich auf dem Boden aus, die Arme unter dem Kopf verschränkt, und sann vor mich hin. Es schien mir endlich an der Zeit, den Tatsachen ins Auge zu schauen und eine erste Bilanz aufzumachen. Der bedrückendste Umstand schien mir einfach der zu sein: Die Tantaliden waren entweder nicht das, wofür wir sie gehalten hatten, oder sie waren es nicht mehr. Es gab hier zu vieles, was gegen alle Logik und Vernunft sprach. Dieser Planet jedenfalls, auf dem ich nun in die sinkende Nacht hineinmeditierte, war so schlimm, für jede Besiedelung so denkbar ungeeignet, daß es einfach nicht zu verstehen war. Wenn sogar die irdische Wissenschaft sich schon damals, als wir mit der ALGOL in die Abgründe des Raumes hinausgesteuert waren, auf das Werden und Vergehen von Sonnen und Planeten halbwegs verstanden hatte, wie sollten die Tantaliden dazu nicht in der Lage gewesen sein! Dieser Planet hier war von Anfang an eine hoffnungslose Sache gewesen, selbst unter der Voraussetzung, daß er vor rund anderthalb Millionen Jahren – und zu dieser Zeit spätestens mußten die ersten Tantaliden hier eingetroffen sein – noch ganz anders ausgesehen haben mochte. Sicherlich war er freundlicher gewesen, vielleicht sogar begrünt und mit reichlichen Wasserreserven ausgestattet. Aber dennoch hätten wissende Wesen schon damals erkennen müssen, daß er dem Untergang geweiht war. Dafür war das ganze System zu alt. Die Sonne ging ihrem Ende entgegen, stand vielleicht sogar unmittelbar vor dem Nova-Stadium, und dann würde ohnehin alles aus sein. Das konnte sogar ich als Laie erkennen. Anderthalb Millionen Jahre – das war im Leben einer Sonne überhaupt nichts. Da wurde mit Jahrmilliarden gerechnet. Aber diese Jahrmilliarden waren eben vorbei!
    Trotzdem hatten die Tantaliden sich hier niedergelassen. Es mußte einen Grund dafür geben. Anders blieb es vollkommen unverständlich und wäre sogar unverantwortlich gewesen. In so einer Gegend siedelte man sich doch ohne zwingenden Grund nicht an. Auf Tantalus siedelten sie sich ja auch nicht an, nachdem sie den lebensbedrohenden Charakter der Spica einmal erkannt hatten. Aber so wie dort konnte ihr Geschlecht doch auch hier keine Zukunft haben. Dennoch bauten sie Städte, nahmen den ganzen Planeten wahrscheinlich rundum in Besitz und hatten sicher auch eine Veranlassung dafür. Ich begriff es nicht. Sie hätten Tausende und aber Tausende geeignetere Himmelskörper für sich und ihre Kinder und Kindeskinder finden können, und dies sogar daheim, in unserer guten, alten Milchstraße. Aber nein – sie waren hinausgeflogen, von einer Unendlichkeit zur anderen, bis zum Spiralnebel der Andromeda, ebenfalls eine weite, gewaltige Milchstraße für sich mit Milliarden von Sonnen. Doch gerade diese hier hatten sie ausgewählt und

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