Andromeda
ebenso diesen von Ödnis umwehten Planeten. Und wo waren sie nun? Und warum überhaupt versteckten sie sich? Ja, da war es mir endlich ins Bewußte gerutscht, dieses böse Wort: verstecken! Sie hatten mich hierhergebracht, und sie sorgten für mich in bescheidenstem Umfang, aber das war auch alles. Wo waren ihre Raumschiffe?
Nur zu gut hatte ich noch den ungeheuerlichen Anblick jenes riesigen Schiffskörpers vor Augen, der dort auf Tantalus in der unterirdischen Halle auf seine Bemannung gewartet hatte. Doch wo war er nun? Wo war die Bemannung? Wo waren meine Freunde? Was hatte die Tantaliden hierher getrieben, in diesen verlassensten Winkel des Alls? Mir fielen jene traurigen Worte Baskows ein, als wir damals im Steiggleiter von der ALGOL zu Tantalus hinuntergeflogen waren: Auf des Messers Schneide! Immer auf des Messers Schneide! Ein Grad zuwenig, und alles Leben erlischt. Ein Grad zuviel, und das gleiche geschieht!
Nun war hier der Lebensspielraum sicher größer als auf Tantalus, und so wortwörtlich durfte man Baskow wohl auch nicht verstehen, aber ideal war es eben auch hier nicht. Gab es vielleicht noch etwas anderes als nur die denkbar günstigsten Lebensbedingungen – falls diese überhaupt jemals aufzufinden waren außerhalb eines Sonnensystems, in dem das eigene Leben entstanden war –, war da also noch was, das wichtiger sein konnte und ein Geschlecht wie die Tantaliden zu bestimmen vermochte, sozusagen ihre Zukunft außer acht zu lassen um dieses Etwas willen?
Ich schaute zu den stillen Sternen hinauf, aber auch die gaben mir keine Antwort. Die Tantaliden waren noch hier, und nicht bloß einige von ihnen, sondern ihre ganze Zivilisation. Davon war ich fest überzeugt. Und ich würde sie aufstöbern müssen. Ich ganz allein. Es blieb dabei, und keiner konnte mir helfen. Bei diesen Überlegungen stieg eine leise Verbitterung in mir auf. Ich fand, was sie mit mir trieben, nicht sonderlich fair. Ich fand es auch unvernünftig. So handelte man nicht als denkendes, human gesonnenes Wesen. Warum also? Warum?
Ich lag und war schon nahe am Einschlafen – an das ständige leichte Erzittern des Bodens unter mir hatte ich mich ja lange schon gewöhnt –, als es mich regelrecht auf die Füße schleuderte.
Es geschah, was ich schon einmal gesehen hatte, gleich am ersten Abend, doch diesmal geschah es sozusagen direkt neben mir. Das war kein Erzittern mehr, das war ein einziges konvulsivisches Aufbäumen der Erde. Der ganze Berg schwankte und bebte, stieß und rammte auf und nieder, als sei er zu gräßlichem, tödlichem Leben erwacht.
Ich suchte verzweifelt nach Halt und Sicherheit, erkannte doch schon bald, daß ich für diesmal noch davonkommen würde – wenn ich Glück hatte. Es war nicht mein Berg, um den es ging, es war der Berg nebenan. Wie das so geht in solchen Situationen: Man tut alles gleichzeitig und sieht unendlich viel mehr, als man später glaubt überhaupt gesehen haben zu können. Im weißen Licht der Sterne und der Planeten entging mir nichts. Sieben oder acht Kilometer waren es vielleicht bis zum Nachbarberg hin, und er brach genauso in sich zusammen wie jener andere damals am Horizont. Brach einfach ein, verschwand – zumindest die oberen zwei Drittel von ihm – und ein brüllendes Donnern stieg in die Nacht hinauf. Dann fauchte ein Schweif von Staub, Sand und kleineren Gesteinsbrocken in die Atmosphäre empor. Und immer noch sprang der Boden unter meinen Füßen hin und her. Es war, als stünde ich auf einer sich windenden Riesenschlange, die mich abzuwerfen und in ihren Umschlingungen zu erdrosseln drohte.
Ich weiß nicht, ob ich schrie. Ich weiß nicht, ob ich fluchte. Doch in jenem Augenblick wünschte ich mir nichts sehnlicher, als daß ich auf Tantalus zurückgeblieben wäre. Die Gefahren dort hatte ich gekannt. Was aber sollte ich hier, in dieser untergehenden Welt? Dort hätte ich wenigstens leben können, bis meine Vorräte aufgezehrt waren. Vielleicht auch hätte ich mich noch bis zu unserem „Friedhofslager“ zurückgeschleppt, hätte alt und grau werden können und einmal in Frieden sterben. Aber hier?
Eine halbe Stunde später bereits wußte ich, wie ungerecht es war, was ich da gedacht hatte, wie unklug auch, aber es war eben aus mir hervorgebrochen. Und meine Verzweiflung, mein Zorn und meine Erbitterung wurden sogar noch größer, als wenig danach die ersten Gesteinsbrocken aus dem Himmel herunterzuregnen begannen. Vor ihren prasselnden Einschlägen vermochte ich
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