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Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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Etwas, das dort nicht nur in den Kraterschlund hinaushing, sondern den gesamten Stollen locker ausfüllte, zerstob wahrhaftig zu Staub. Die kleinste Berührung genügte – und es rutschte zusammen, rieselte auf den Boden hinab und lag da wie Flugasche, den Schritt kaum behindernd, einfach ein Nichts.
    Ich drang vor, soweit das Licht reichte. Zwanzig, fünfundzwanzig Meter waren das etwa. Dann bemerkte ich, daß vor mir der Schleier-Staub urplötzlich aufhörte. Ein schwarzes Viereck zeichnete sich auf dem Boden ab. Ich ließ mich auf die Knie hinab und tastete mich voran. Ich befand mich unmittelbar vor einem Schacht, der hinunterführte, vermutlich in die darunterliegende Galerie. Ich scharrte den Staub mit den Händen beiseite, bemerkte, wie glatt und eben der Stollenboden war – geradezu wie poliert wirkte er –, und das Loch vor mir reichte über die ganze Breite des Ganges, und seine Kante war so scharf, daß sie wie herausgestanzt wirkte. In welcher Entfernung der Stollen hinter dem Schacht weiterführte, konnte ich nicht erkennen.
    Ich machte kehrt und nahm die nächste Galerie in Angriff. Zunächst wiederholte sich alles. Der graue Schleier fiel in sich zusammen, und ich schritt entschlossen voran. Doch dann tat sich plötzlich eine Abzweigung nach rechts hin auf. Vorsichtig ging ich daran vorüber. Es folgte ein weiterer Querstollen nach links. Und dann, wenige Schritte später, stand ich unter dem Schacht, in den ich vorher von oben hineingeschaut hatte. Das Tageslicht drang gebrochen und grau herab. Der Schacht selbst war fast quadratisch – etwa zwei mal zwei Meter. Die Stollen waren also vertikal und horizontal miteinander verbunden. Und in allen befand sich dieses Schleierzeug, für das bereits ein kräftiger Atemzug genügte, um es zusammenfallen zu lassen.
    Ich ging zurück und folgte der ersten Abzweigung. Es war wirklich so. Ich gelangte in den Parallelstollen, der wieder hinaus in den Krater mündete. Das Ganze erinnerte mich an ein System allseitig miteinander verbundener Röhren.
    Ich beschloß, mir noch die dritte Galerie anzuschauen und dann wieder aufzusteigen. Zu holen schien es hier nichts zu geben.
    Ich machte mich auf den Rückweg zum Krater hin und bemerkte zunächst kaum, daß eine Art Benommenheit über mich kam. Bewußt wurde mir das erst, als ich in der dritten Galerie stand. Ich tastete mich voran, passierte abermals abzweigende Quergänge, und dann war mir, als sollte ich in Schlaf fallen. Es war ein Schwebezustand zwischen Wachsein und Traum. Als ich mir über meinen Zustand klar wurde, war es eigentlich bereits zu spät. Ich tappte taumelig noch einige Meter weiter und verhielt dann erneut vor einem Loch im Boden. Es war ebenfalls messerscharf aus dem Gestein herausgeschnitten, doch das war auch alles, was es mit dem Loch in der obersten Galerie gemein hatte. Hier hörte nämlich der graue Schleier unvermittelt auf, und als ich in den Schacht hinunterstarrte, da sah ich, daß die GROSSE AMÖBE zu mir kam.
    Ja, sie stieg von unten herauf, pulsierend, grünlich fluoreszierend, und je länger ich auf sie hinblickte, desto schwerer wurde mein Kopf, und die Benommenheit nahm zu Ich bemerkte noch, daß hier nichts von dem üblen Gestank zu riechen war und daß die Masse auch keinerlei Blasen warf und Dämpfe entließ.
    Ich weiß nicht, wie lange das dauerte. Ich weiß nur, daß die GROSSE AMÖBE zu mir zu sprechen begann – nicht mit Stimme und Zunge, sondern in Bildern. Es war etwas Unheimliches daran, etwas ganz und gar Unerhörtes. Denn das Wort Bild trifft es ja auch nicht voll. Es waren ins Bildhafte übertragene Sätze.
    „Es ist schön, daß du da bist“, flüsterte die GROSSE AMÖBE in mir. „Ich habe gewartet, lange, sehr lange! Alle Gänge sind erfüllt von mir, und meine Nahrung geht zu Ende. Ich kann nur noch träumen wie du. Nimm mich mit. Ich mag nicht mehr ruhen. Neue Sterne will ich durchwachsen und neue Arbeit leisten. Es ist nicht gut, vor sich hin zu sterben. Ich war so willig im Dienst. Ich habe Energien gespendet – noch und noch. Und nun liege ich und soll schlafen und kann es nicht. Und der Hunger! Der Hunger! Oh, ich will mit dir hinausziehen in die Weite, von Sonne zu Sonne. Laß mich nicht begraben sein hier. Ich bitte dich.“
    Auch heute noch bin ich mir nicht vollkommen klar, ob das so war, ob das wirklich zu mir gesprochen wurde. Und daran ändert es auch nichts, daß dies nicht mein einziges und letztes Gespräch mit der GROSSEN AMÖBE war. Nicht

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