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Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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entgegen. Sehnsucht lag in dieser Geste, unendliche Sehnsucht. Da blitzte es von See her auf, Feuerzungen leckten das Ufer hinan, stießen in die AMÖBE hinein, zerfetzten sie, verbrannten sie, mordeten sie. Und eine Stichflamme stieß zu mir herauf. Und ich löste mich auf in Rauch und Feuer.
    Ein neues Bild: Auf einer Wiese betäubend duftenden Grases lag ich bäuchlings in den hohen Halmen versteckt. Insekten absonderlicher Beschaffenheit umschwirrten mich. Sie waren nicht bösartig, sie waren nicht gut – Insekten eben nur, wie sie sein mußten. Hier herrschte ein mildes Licht. Eine Sonne war nicht zu sehen, weil der ganze Himmel über mir weiß war, erfüllt nur vom Streulicht. Es war gut, hier zu sein. Und kleine Geschöpfe hatten sich vor mir in die Kräuter gelagert, spannengroß nur, der Körper von flauschiger Wolle bedeckt und der Kopf, mitten auf den flachen Leib gesetzt, nur ein einziges kuppelförmiges Auge. Die Wesen verbanden sich miteinander durch zarte Glieder, formierten einen großen Keil, und ihr kollektives Gehirn erwachte. „Wir wissen, wer du bist“, dachten sie lautlos zu mir hin. „Solche wie du waren schon einmal hier. Sie haben uns nichts getan; tu auch du uns nichts. Zerstöre unsere Sonne nicht, nicht unseren Planeten. Wir brauchen nicht viel, aber wir sind das Leben. Laß das Leben Leben sein.“
    „Ihr Guten“, dachte ich voller Sanftmut zurück. „Ihr Kleinen. Auch ich bin das Leben. Auch ich will, daß niemand das Leben zerstört. Seid ohne Sorge. Das alte Gesetz, es gilt für immer und alle Zeit: Jedes, was sich selber zu helfen vermag, ist unberührbar. Nur die Evolution hat das Recht, zu scheiden und zu fordern.“
    Die Kleinen nickten mir zu, und ihre Kuppelaugen erglänzten silbern. Und dann sah ich die AMÖBE tanzen. Sie hatte sich aufgerichtet zu Häuserhöhe, mit ihren Tastfüßen tief in der Planetenkruste wurzelnd und saugend. Ihr aufgereckter Oberteil jedoch flammte wieder wie auf dem Metallplaneten. Und sie wiegte sich hin und her in seliger Entrücktheit, und sie sang. Es war eine nie gehörte Weise. Süß und mahnend und aufrüttelnd zugleich. Ich verstand keine Worte, ich hörte nur die Melodie. Und der Wunsch ergriff mich, mich selbst zu verströmen in endlose Weiten. Hinaus! Hinaus! Hinaus! – das war das einzige, was mich erfüllte.
    Und es ging hinaus. Ich saß in der GROSSEN AMÖBE, auf einem Flug von Planet zu Planet innerhalb eines Sonnensystems. Die GROSSE AMÖBE als Raumgleiter für kurze Distanzen! Sie war durchsichtig geworden wie leicht getrübtes Glas, umhüllte mich jedoch sorglich und sicher. Vor mir, mitten in ihrem Herzen, pulsierte ein weißbrennender Feuerball kalten Plasmas. Von ihm traten die Energieströme auf die Außenhaut der AMÖBE über und strömten von dort, ungeheure Schubkraft erzeugend, in wabernder Lohe nach hinten ab. Ich saß wie der Engel im brennenden Dornbusch, und das ungeheure Karussell der Sterne drehte sich über mir. Ich fühlte mich vollkommen sicher. Ich wußte gewaltige Abschirmungen zwischen mir und dem gleißenden Energiezentrum da vorn, Abschirmungen auch nach außen, dem Raum gegenüber, und aufgehoben war jegliche Gravitation. Wir glitten auf den Grenzen der Felder entlang wie ein Wellenreiter auf den Kämmen der Wogen. Das Universum draußen atmete sein großes Schweigen, und wir waren in harmonische Glückseligkeit versunken – die AMÖBE und ich. Vorauf tauchte der Zielplanet auf. Seine Scheibe dehnte sich uns mit rasender Schnelligkeit entgegen, begann sich zu wölben, zur Schale erst, dann zur Kugel, und ein atemberaubendes Grün wuchs auf uns zu. Ich spürte keinen Bremsdruck, keinen Atmosphäreneinfluß auf unseren Flug. Das Grün steigerte sich ins Ungeheure hinauf. Es war, als stürzten wir in einen Dschungel kilometerhoch hinaufwuchernder Farne und Schlingpflanzen. „Anlanden!“ dröhnte die AMÖBE lautsprecherhaft in mir. „Anlanden! Optimum erreicht! Alle Werte im Relationsmaximum! Ein neuer Boden! Eine neue Welt! Ein neues Leben!“ Dann schlug das Grün über uns zusammen.
    Ich kam zu mir, als mein Kopf schwer auf den Boden des Stollens herniedersank. Der Schacht vor mir war nun bis an den Rand von der GROSSEN AMÖBE ausgefüllt.
    Taumelnd richtete ich mich auf. „Was willst du von mir?“ schrie ich das grünliche Geflimmer zu meinen Füßen an. „Was soll das alles?“
    „Leben – Vernunft – Hoffnung“, flüsterte die AMÖBE in mir. „Es gibt kein Ende. Es gibt nur immer einen

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