Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)
des Öfteren mit Dingen konfrontiert, die er weder verstehen noch erklären kann. Aber ich kann sie akzeptieren, und das erleichtert mich sehr in meiner Unwissenheit. Mach dir nicht zu viele Gedanken über den Lauf der Dinge. Einiges mag man beeinflussen können, doch selbst wenn man stets das Gefühl hat, alles richtig gemacht zu haben, am Ende wird man sich immer fragen, was wäre, wenn ich mich anders entschieden hätte?“
„Jetzt versteh ich noch weniger als zuvor“, seufzte Jesta und starrte hinauf in den dunklen Himmel. „Ob Cale sich wohl jemals gefragt hat, warum er kein Vanyanar ist?“, fragte er nach einer lautlosen Ewigkeit.
„Mittlerweile wohl kaum mehr, jetzt da er weiß, dass er zu den weißen Wölfen gehört.“
„Wir hätten es schon viel früher erahnen können, meinst du nicht auch, Candol? Nach alldem, was Jindo uns über den jungen Wolf erzählt hat, den er damals mit Pelrin befreit hat.“
„Im Nachhinein schon, aber ich hätte nie gedacht, dass so etwas in der Macht der Vanyanar liegt. Wobei wir auch schon wieder bei den Dingen wären, die ich weder verstehe noch erklären kann.“
„Aber du akzeptierst es.“
„So ist es.“
Jesta grinste. „Ich auch.“
Am nächsten Tag schien es Inoel schon wieder besser zu gehen, denn sie lachte hin und wieder, vor allem über Taykoo, der wieder einmal versuchte, an ihre Kette zu gelangen.
Erst als Knubber sie zu einem weiteren Treffen mit dem Wolkenwal abholte, legte sich wieder ein trauriger Schatten über ihr Gesicht, den auch der Woggel trotz seiner Albernheiten nicht von ihr nehmen konnte.
Als sie am Abend wieder zusammen beim Abendessen saßen, erzählte sie kaum etwas, wirkte jedoch etwas sorgloser als am Abend zuvor. Jesta plauderte dafür umso mehr, er erzählte von seinem Training und wie er Candol beinahe im Schwertkampf besiegt hatte, was der Zauberer aber nicht bestätigen konnte, da es schlichtweg nicht stimmte.
Nachdem Jesta mit seinem ausufernden Bericht fertig war, bat Candol sie unerwartet um ihre Bruchstücke des Runenauges.
„Dann ist es also soweit?“, fragte Jesta aufgeregt. „Renyan und Cale haben Namagant erreicht?“
Der Zauberer nickte und steckte sich Jestas Kette und Inoels Ring in die Tasche.
„Wie geht es ihnen?“, fragte Inoel besorgt.
„Soweit ich es beurteilen kann ganz gut. Ich werde mich gleich noch einmal in den Wald begeben und unsere Bruchstücke verstecken, damit wir den Blicken unseres Feindes verborgen bleiben, sollte er eines der anderen sieben Bruchstücke erlangen.“
„Aber du wirst uns doch jeden Tag erzählen was du gesehen hast, oder?“
„Selbstverständlich, Jesta. Jeden Tag zur Mittagsstunde werde ich das Versteck aufsuchen und mich über jeden unserer Freunde informieren. Doch ihr müsst mir versprechen, und damit meine ich hauptsächlich dich Jesta, dass ihr mir nicht folgen werdet, unter keinen Umständen!“
Beide nickten, auch wenn es Jesta nicht leicht fiel. Ab jetzt würde er sich mit Sicherheit noch mehr um Crydeol und Renyan sorgen und allein auf Candols täglichen Bericht vertrauen müssen.
Die halbe Nacht lag er noch wach und dachte an seine Freunde in weiter Ferne, obwohl ihm vom Training jeder Muskel schmerzte. Und morgen, so befürchtete er, würde es kaum anders sein.
Im Angesicht des Feindes
Gaahlt lag versteckt in einer felsigen Bucht, deren schmaler Wasserweg von der kleinen Festung aus gut zu überblicken war. Vom Meer aus war der garlanische Stützpunkt nur von Osten her zu erreichen, sodass man den Spähern auf der Festungsmauer nicht lange verborgen blieb.
Die Nacht war gerade hereingebrochen, als zwei Garlan ein schwarzes Schiff auf dem vom Mondlicht beschienenen Wasser entdeckten.
Einer der beiden war ein großer Kerl mit schwarzen Haaren, die ihm in wilden Locken bis zu den breiten Schultern reichten. Auf seinem Rücken trug er eine gewaltige Doppelaxt, deren armdicker Griff mit schwarzem Leder umbunden war.
„Sieh mal, Ogul“, rief er mit tiefer Stimme. „Wusste gar nicht, dass wir noch zusätzliche Unterstützung aus Kasgaran bekommen.“
„Würde mich auch wundern, Dagar“, entgegnete der andere Garlan, der einen ganzen Kopf kleiner war als sein Nebenmann und eine lange Narbe in seinem schmutzigen Gesicht trug, die ihm vom linken Ohr bis zum Mundwinkel reichte. „Sollen wir Hagur Bescheid geben?“
„Warum sollen wir uns immer die Mühe machen?“, erwiderte Dagar und sah von den Zinnen zu einem kleinen Gebäude im Innenhof
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