Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)
hinunter, aus dessen runden Fensteröffnungen ein schwacher Lichtschein drang. „Gib Fugur und seinen Männern Bescheid, die haben die letzten Tage sowieso mit nichts anderem verbracht als Fressen und Saufen.“
„Aber Fugur und die anderen schlafen bereits.“
„Dann weck sie halt auf!“, brüllte Dagar und stieß seine beiden Hände mit solcher Wucht gegen Oguls Schulter, dass er das Gleichgewicht verlor und die Stufen einer langen Treppe hinunterfiel, die zum Innenhof führte. Oguls Kopf stieß wieder und wieder gegen die steinernen Stufen, bis sein schmächtiger Körper am Ende der Treppe leblos liegen blieb. Blut sickerte unter seinen Kopf hervor und rann zwischen die Fugen des mit Steinen gepflasterten Bodens.
Dagar starrte auf seine beiden Hände. Er konnte seine Kraft nicht einschätzen, dafür war er unter seinesgleichen bekannt. Ihn selbst hatte das nie gestört. Die Schwachen verdienen den Tod, das war sein Leitspruch. Und jeder der seiner Kraft nicht standhalten konnte, war schwach.
Grinsend blickte er auf seinen toten Kameraden hinunter, dessen Arme und Beine nun in einem unnatürlichen Winkel vom Körper abstanden. Dann drehte er sich wieder den Zinnen zu und richtete seine finsteren Augen ein weiteres Mal auf das schwarze Schiff. „Alles muss man selbst erledigen“, murmelte er und stieg langsam die Stufen hinunter.
Zur selben Zeit verbarg sich westlich der Festung zwischen einigen zerklüfteten Felsen eine Gruppe dunkler Gestalten. Sieben der Männer trugen dunkle Kapuzenmäntel, sowie Köcher und Bogen, die anderen acht steckten in robuster, wenn auch einfacher Bauernbekleidung, bewaffnet mit einfachen Kurzschwertern.
Plötzlich raschelte es inmitten einiger Sträucher und ein weiterer Mantelträger tauchte hinter ihnen aus der Dunkelheit auf.
„Was hast du gesehen, Calyan?“, rief eine der Gestalten dem Neuankömmling zu, als dieser die Gruppe erreicht hatte.
„Ich konnte sechs Mann innerhalb der Festung ausmachen, Alenyon. Davon patrouillieren zwei auf der Mauer und vier bewachen das Haupttor.“
„Das war’s?“
„Aus einem kleinen Gebäude im Innenhof dringt schwaches Licht, gut möglich, dass sich dort noch weitere Garlan aufhalten, viele können es aber nicht sein.“
„Gaahlt ist nur ein kleiner Stützpunkt, doch selbst wenn es zehn oder fünfzehn Mann im Inneren wären – es sind viel zu wenig!“
„Kann es nicht sein“, erwiderte Calyan, „dass es Garlan aus dieser Festung waren, die nach Vaskania aufgebrochen sind? Das würde ihre geringe Anzahl erklären.“
„Es gibt nur einen Weg, wie wir es herausfinden können, nicht wahr?“, fragte Alenyon in die Runde und seine sieben Pfeiljäger nickten zustimmend.
„Eines ihrer schwarzen Schiffe konnte ich ebenfalls im Osten sehen“, fügte Calyan hinzu. „Ich nehme an, dass es unsere Verbündeten sind.“
Alenyon sah ihn nachdenklich an. „Drei der Schiffe, die sich in unserer Hand befinden, sind auf dem Weg nach Kasgaran, das hat uns Narlos Runenauge gezeigt. Auf dem letzten Schiff ist jedoch niemand, der einen Teil des Steins bei sich trägt. Also sind es entweder unsere Truppen aus Panjan, oder noch mehr von diesen Bastarden!“
„Wie du schon sagtest, es gibt nur einen Weg es herauszufinden. Aber was machen wir mit unseren acht Jungspunden dort drüben?“
Alenyon wandte sich den anderen Gestalten zu und rief einen von ihnen zu sich. „Du und deine Freunde, ihr werdet hier auf uns warten, verstanden Narva?“
Der Junge nickte zähneknirschend. „Wenn es unbedingt sein muss.“
„Es muss sein! Sollte ich dich oder irgendeinen deiner Freunde innerhalb dieser Mauern antreffen, werde ich persönlich dafür sorgen, dass dein Vater davon erfährt, und das dürfte ihn noch zorniger machen, als er ohnehin schon ist! Also, habe ich dein Wort?“
„Du hast mein Wort“, antwortete Narva notgedrungen und ging enttäuscht zu seinen Freunden zurück.
„Dann lasst uns aufbrechen!“, sagte Alenyon und verschwand mit seinen Pfeiljägern in den engen Felsspalten. Kurz darauf huschten ihre dunklen Umrisse wie Schatten über das steinige Terrain in Richtung Osten, der Festung entgegen.
Von außen sah Gaahlt zwar klein und unbedeutend aus, doch das wahre Ausmaß der Festung befand sich unter der Erdoberfläche. Viele Jahre hatten die Garlan damit verbracht, die tiefen Gänge und Stollen zu graben und ihre Quartiere in den harten Fels der Bucht zu schlagen. Der Hauptgang führte vom Innenhof der Festung bis ans
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