Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)
fuhr erschrocken zusammen. Inoels Stimme in seinem Kopf zu hören, kam so unerwartet, dass er mit einem Schlag hellwach war. Er sah sich nach ihr um, doch egal welchen Winkel des Baumhauses seine Augen auch absuchten, sie war nicht da.
„Hier bin ich!“, sagte sie lachend und steckte ihren Kopf durch eines der kleinen Fenster. „Hab ich dich etwa erschreckt?“
Jesta warf ihr einen verärgerten Blick zu. „Erschreckt? Nun, wie würdest du dich fühlen, wenn du wach wirst und plötzlich die Stimme eines anderen in deinem Kopf hörst, hm?“
„Ach, jetzt sei nicht so miesepetrig. Es ist schon weit nach Sonnenaufgang, alle anderen sind schon längst auf den Beinen.“
„Kein Wunder bei dem Lärm. Ich hab gerade so schön geträumt, als mich dieses Hämmern und Lärmen geweckt hat.“
„Welches Hämmern und Lärmen denn?“ Inoel sah ihn verwundert an. Dann verschwand sie von dem Fenster und kam einen Augenblick später zur Tür hinein. Jesta sah ihr kopfschüttelnd nach.
„Welcher Lärm? Also der ist ja wohl kaum zu über- “ er verstummte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass es tatsächlich ganz still geworden war. Lediglich einige Vögel und das Rauschen des Windes in den Wipfeln des Baumhauses waren zu hören.
„Ich höre nichts“, erwiderte Inoel achselzuckend und machte sich daran, eine Scheibe Brot von einem großen Laib abzuschneiden. „Hunger? Es ist auch noch etwas Schinken da.“
Jesta ordnete sein wirres Haar und kratzte sich verwundert am Kopf. Er hätte schwören können, von eben jenem besagtem Lärm aus dem Schlaf gerissen worden zu sein, doch wenn dem so war, warum hatte Inoel es dann nicht gehört? Hatte ihn etwa das Hämmern in seinem Traum aus eben diesem geweckt? War das überhaupt möglich?
„Ja oder nein, Jesta?“
„Was, wie bitte?“
„Ob du eine Scheibe Brot magst, habe ich gefragt. Wahlweise mit Schinken oder gekochten Eiern. Stampfhennen Eiern wohl bemerkt, die sind etwas größer und würziger.“
„Nur Schinken, bitte“, antwortete Jesta und erhob sich schnell, da Inoel ihm gerade den Rücken zugekehrt hatte. Dann schlüpfte er in seine Hose und trottete zu ihr an den Tisch, wo er sich gähnend auf einen der Stühle niederließ.
„Wo ist denn Candol?“, fragte er, während er sein Brot von ihr entgegen nahm.
„Er hat sich zum Versteck der Bruchstücke aufgemacht“, antwortete Inoel und warf einen nervösen Blick durch eines der Fenster.
„Dann ist es schon Mittag?“ Jesta schluckte den Bissen in seinem Mund hinunter und legte den Rest des Brotes auf den Teller. Anschließend kippte er in seinem Stuhl ein Stück nach hinten und spähte durch das Fenster.
„Fast“, antwortete sie zögernd.
„Nein…ist es nicht“, erwiderte er und ließ sich wieder nach vorne fallen. „Wenn es kurz vor Mittag wäre, würde der Schatten von Candols Kaminrohr bereits auf der Lichtung zu sehen sein, so wie jeden Tag, wenn die Sonne zur Mittagszeit hinter dem Haus steht. Ich sehe aber keinen Schatten.“
Inoels Augen huschten unruhig über die Lichtung. „Ähm…nun…das liegt bestimmt daran, dass der Himmel heute so bewölkt ist.“
Jesta sah sie einen Moment lang misstrauisch an. Dann schob er den Stuhl nach hinten, stand auf und ging geradewegs auf die Tür zu.
„Wo willst du denn hin, iss doch erst einmal dein Brot auf“, rief sie und machte einen Schritt auf die Tür zu, doch Jesta hatte sie bereits aufgerissen und war hinausgetreten. Mit erhobenem Blick stand er da und betrachtete den strahlend blauen Himmel, an dem kein Wölkchen zu sehen war. Und gerade als er sich wieder Inoel zuwenden wollte, fiel ihm etwas auf, dass sein Interesse noch mehr auf sich zog als ihr seltsames Verhalten. Candols Planwagen, der am Abend zuvor noch bei Nevur auf der Lichtung gestanden hatte, war verschwunden.
„Wo ist er hin?“, fragte er und wandte sich mehr neugierig als zornig zu ihr.
„Wer ist wohin?“
„Der Planwagen, Inoel, wo ist er? Gestern Abend stand er doch noch genau dort drüben!“
Sie antwortete ihm nicht. Jesta betrachtete sie abwartend, als er bemerkte, dass sie geradewegs durch ihn hindurch zusehen schien und nun hatte er begriffen.
„Du nimmst gerade mit Candol Kontakt auf, stimmt´s? Du warnst ihn, teilst ihm mit, dass ich euren Plan durchschaut habe, nicht wahr?“
Inoels Augen blinzelten kurz, dann fiel ihr Blick wieder auf den Durandi. „Wie…was meinst du?“
„Hier ist doch was im Busch, irgendetwas, wovon ich nichts wissen soll, da kannst du
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