Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)
ich ja nur elf Jahre jünger als du! Das hätte ich nicht gedacht.“
„Hätte ich auch nicht“, erwiderte der Zauberer verwundert. „Ihr Durandi scheint eine äußerst hohe Lebenserwartung zu haben, oder zählt ihr eure Jahre anders, so wie die Talani, bei denen drei Jahre in etwa einem Menschenjahr entsprechen?“
„Nein, ein Jahr ist ein Jahr, und jedes hat genau zwölf Monate, genauso wie es auch bei euch Menschen ist. Aber wir altern langsamer als ihr, oder um es mit den Worten von Jagari, dem Ältesten meines alten Stammes zu sagen“, er fiel in eine tiefe, heisere Tonlage, „unser Körper zerfällt langsam, sowie die Blüte der Duradariblume, die mehrere Jahre lang dahinwelkt, bis sie schließlich eingeht und zu Staub zerfällt!“
Candol lächelte wieder. „Solch eine Blume hätte ich gern in meinem Garten.“
„Eines Tages“, sagte Jesta und blickte zum Sternenhimmel hinauf. „wenn das hier alles vorbei ist, werde ich dir eine solche Blume vorbeibringen, Candol. Dann werden wir hier vor deinem Haus sitzen und über die alten Zeiten reden…so wie es die Alten eben machen.“
Da lachte Candol, und nie zuvor hatte Jesta ihn so lachen sehen. Selbst Inoel hatte es aus dem Schlaf gerissen, sodass sie kurze Zeit später mit verquollenen Augen herauskam.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte sie leise und hüllte sich enger in ihr weißes Nachthemd.
Jesta prustete los. „So zerknittert, wie du gerade aussiehst, Inoel, passt du ausgezeichnet in unsere Runde!“
„Die runzligen Drei!“, fügte Candol hinzu und auch ihm schossen vor Lachen die Tränen in die Augen.
„Habt ihr getrunken?“, fragte sie und klang nun doch ein wenig verärgert.
„Weder Wein noch Bier haben wir angerührt, versprochen“, antwortete Jesta, nachdem er sich wieder etwas gefangen hatte.
„Wir haben nur gerade festgestellt, dass das Alter immer bedingt zu betrachten ist“, sagte Candol und hob bedeutungsvoll den Zeigefinger.
„Ihr habt auf jeden Fall getrunken“, erwiderte sie nüchtern, schüttelte ihre zerzausten Haare und verschwand wieder nach drinnen.
„Ob ich sie mit meiner Äußerung gekränkt habe?“, fragte Jesta unsicher und seine gute Laune legte sich wieder.
„Ach, sie ist nur verärgert, weil wir sie aus dem Schlaf geholt haben, das ist alles“, antwortete Candol und winkte ab.
Nach einer Weile der Stille, in der sie beide den nächtlichen Geräuschen des Waldes gelauscht hatten, fragte Jesta schließlich: „Meinst du, wir können diese Schlacht tatsächlich gewinnen, Candol? Nach alldem was geschehen ist und was du heute in dem Bruchstück gesehen hast?“
Der Zauberer beugte sich ein Stück zu ihm herüber, sodass sein Gesicht im Schein der Laterne deutlicher zu sehen war. Dann faltete er seine Hände auf der Tischplatte und sagte: „Wie finster und schrecklich die Zeiten auch sein mögen, Jesta, irgendwann kommt der Wendepunkt, an dem das Licht die Dunkelheit verdrängt und die Dämmerung die Nacht ablöst. Unsere Aufgabe sollte es sein, diesen Wendepunkt herbei zuführen! Und dabei meine ich nicht nur Crydeol, Renyan oder Jindo. Auch du kannst dazu beitragen und das vermutlich mehr, als du dir vorstellen kannst. Blicke zurück und führe dir all das vor Augen, was du bisher erlebt hast und was du alles dazu beigetragen hast, damit wir alle zusammen bis zu diesem Punkt kommen konnten. Deine Anteilnahme war nicht minder bedeutungsvoll wie die von uns anderen. Unterschätze also niemals deine eigenen Werte und Fähigkeiten!“
Jesta dachte einen Moment lang über die Bedeutung von Candols Worten nach. Jindo hatte ihm einmal ähnliches gesagt, oben auf der Leuchtturmspitze in Kumai. Auch er hatte davon gesprochen, wie wichtig es war, nach jeder Niederlage wieder aufzustehen und das man niemals aufgeben solle.
Schließlich beugte auch er sich ein Stück weit über die Tischplatte.
„Wenn ich dich darum bitten würde, dass du mich zusammen mit den Woggels in die Schlacht lässt, würdest du es dann zulassen?“
Der Zauberer betrachtete aufmerksam den entschlossenen Ausdruck in Jestas Gesicht.
„Ja“, sagte er leise.
Der Schatten von Nagram
Sechsunddreißig Stunden waren seit dem Fall des Schattenwalls vergangen und vieles war seit dem geschehen. Die ersten Stunden hatten Renyan und Cale schlafend auf der Turmspitze verbracht, bis sie von den ersten Sonnenstrahlen geweckt wurden.
Kurz darauf war auch Avakas bei ihnen eingetroffen, der einen ledernen Sack um die Krallen gebunden
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