Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)
ihm unmissverständlich klar, dass dem nicht so war. „Wieso?“
„Weil ich ohne dich nach Nagram zurückkehren werde“, antwortete Renyan und machte vorsichtig einen Schritt von dem Felsen weg.
„Auf keinen Fall, ich lass dich nicht alleine! Wir sind den ganzen Weg zusammen gegangen, da werde ich jetzt nicht einfach umkehren!“ Er sprang auf und ging einen Schritt auf Renyan zu, das Amulett um dessen Hals immer im Auge.
„Ich verlange auch gar nicht, dass du umkehrst, sondern lediglich, dass du unseren Freunden zu Hilfe eilst.“
„Nein!“
„Ich kann dich nicht gebrauchen!“, rief Renyan und seine Hand schnellte zu dem Amulett. Doch dann ließ er sie plötzlich wieder sinken, seufzte und sagte: „Ich muss ihn alleine finden, Cale, versteh das doch.“
„Was gibt es da schon zu verstehen!?“, rief Cale und seine Stimme zitterte vor Wut und Enttäuschung. „Wir sind kurz vor unserem Ziel und plötzlich willst du mich loswerden, wie aus heiterem Himmel, ohne mir auch nur eine vernünftige Erklärung zu liefern!“ Tränen liefen über sein Gesicht, während er Renyan mit dem Blick eines Jungen ansah, der jegliches Vertrauen zu ihm verloren hatte.
„Unsere Freunde brauchen dich dringender als ich…so leid es mir tut.“
„Nein! Du brauchst mich! Warum willst du dir das nicht eingestehen? Glaubst du wirklich, du hättest ganz allein eine Chance gegen Salagor, glaubst du das wirklich?“
Renyan schloss für einen stillen Moment die Augen und als er sie wieder öffnete, konnte Cale Tränen in ihnen erkennen.
„Jindo er…“, es fiel ihm schwer Cales zornigen Blick standzuhalten, „Jindo wird sterben, Cale…schon bald…und es tut mir so leid!“
Cales angespannte Muskeln erschlafften schlagartig. „Was?“
„Es bleibt ihm nicht mehr viel Zeit. Er hat es mir selbst gesagt, als wir dich nach Asmadar gebracht haben…sehr wahrscheinlich wird er diese Schlacht nicht mehr überleben.“
„Du lügst!“, schrie Cale und schnellte ihm entgegen, bekam ihn zu fassen und schlug ihm wieder und wieder gegen die Brust. „Das sagst du nur, damit ich dich gehen lasse! Großvater wird nicht sterben, niemals, und ich verfluche dich dafür, dass du es jemals behauptet hast!“
„Ich wünschte, es wäre so“, flüsterte Renyan und drückte ihn an sich. „Ich wünschte, es wäre eine Lüge.“
Und da weinte Cale, er heulte und schrie, denn tief im Inneren sagte ihm eine Stimme, dass Renyan ihn nicht angelogen hatte.
Die Sekunden verstrichen, als er sich endlich aus Renyans Umarmung löste und mit verweinten Augen zu ihm hinaufblickte.
„Was gedenkst du, soll ich tun?“
Renyan packte ihn an den Schultern und gab ihm einen Ruck. „Folge dem Feind nach Westen! Unsere Verbündeten müssten sich mittlerweile vor der Küste befinden, höchstwahrscheinlich sind einige ihrer Schiffe bereits vor Anker gegangen. Helfe ihnen, sobald sich die Schlacht aufs Land verlegt, aber sei nicht leichtsinnig!“ Er legte den Rucksack ab, kramte Avakas Feder hervor und schnallte Lumeos von seiner Hüfte. „Stell die Rucksackträger lang genug ein, bevor du dich verwandelst, damit er dir auch als Wolf passt und übergib das Schwert an Crydeol!“
„Aber wieso?“
„Ich werde Lumeos nicht brauchen, aber vielleicht wird es jemand anderem von Nutzen sein. Möge Crydeol darüber entscheiden, doch bis es soweit ist, führe du es, wenn du in deiner menschlichen Gestalt unterwegs bist.“
„Und was ist mit der Feder?“
„Ich werde Avakas mitnehmen. Sobald ich alle drei Splitter beisammen habe, werde ich Avakas zu euch schicken – “
„Aber dann werden wir sie doch gar nicht brauchen.“
„Gib sie Candol zurück! Sie gehört ihm, nicht mir.“
„Aber…aber du kannst sie ihm doch selbst geben, wenn du wieder zurückkehrst.“
Renyan stieß einen tiefen Seufzer aus und schloss ihn erneut in die Arme.
„Du wirst doch zurückkommen, oder?“ Cale stieß sich von ihm ab, unsicher auf seine Antwort wartend.
„Du solltest dich jetzt auf den Weg machen“, erwiderte Renyan und trat zurück.
Cale sah ihn argwöhnisch an. „Versprich mir, dass du wieder zurückkommst!“
Renyan lächelte und berührte das Amulett. „Grüße Jindo von mir…und pass auf dich auf!“
Cale nickte schwach, und noch bevor er etwas erwidern konnte, war Renyan auch schon verschwunden.
Cale starrte vor sich in die Leere, die er hinterlassen hatte. Es war wie ein Fingerschnippen und von der einen auf die andere Sekunde war sein
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