Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
Händen. Als Crydeol näher kam, sah er, dass es sein Zweihänder war, den Renyan mit einem Schleifstein bearbeitete, während er sich mit der anderen Gestalt unterhielt. Und dieser Anblick wirkte umso absonderlicher, als er sah, dass die andere Gestalt ein großer weißer Wolf war. Und Ziron hatte ihn bereits gewittert, obwohl Crydeol noch ein gutes Stück von ihnen entfernt war.
„Er ist erwacht, Renyan“, sagte Ziron und wandte seine gelben Augen dem Pfad zu, wo Crydeol gerade die Steinstufen hinabstieg, die zu dem Brunnenplatz führten. „Ich werde euch jetzt alleine lassen, wenn es dir Recht ist“, sagte er zu Renyan, der ihn längst über das entzweite Verhältnis der beiden Männer aufgeklärt hatte und dem Wolf dankend zunickte.
Aber auch Crydeol hatte die Worte des Wolfes vernommen, und noch während er sich fragte, ob es wirklich der Wolf gewesen war, der da soeben gesprochen hatte, verschwand dieser bereits zwischen einigen Bäumen in der Dunkelheit. Renyan erhob sich nun und hielt Crydeol lächelnd sein Schwert entgegen. „Die Klinge war so stumpf, damit hättest du mir höchstens blaue Flecke zufügen können.“
„Danke“, kam es zögernd über Crydeols Lippen. „Und ich meine nicht danke, weil du meine Klinge geschärft hast, Renyan. Candol hat mir erzählt was du für mich getan hast. Und auch wenn ich den Grund für meine Reise nicht vergessen habe, so rechne ich es dir im höchsten Maße an, das du mich nicht in den Bergen hast liegen lassen.“
Sein Gegenüber nickte und bat ihn sogleich auf einer der Steinbänke Platz zu nehmen.
Crydeol setzte sich und fuhr fort. „Doch gleichzeitig wirft sich mir die Frage auf, warum du es getan hast? Ich hätte dich, so war ich hier sitze, nicht verschont! Warum verschonst du jemanden, der dich tot sehen wollte?“
„Weil ich nicht vergessen habe, welche Bande einmal zwischen uns bestanden haben, Crydeol! Lange Jahre waren wir Freunde, Freunde, die für ihr Volk und ihre Ideale gekämpft haben und nichts und niemand, so dachte ich, könnte diese Freundschaft zerstören. Doch was ist jetzt noch von ihr übrig? Nicht mehr als ein Gedanke, den du wie es mir scheint, schon vor langer Zeit verdrängt hast, so sehr schmerzt dich Jaldors Verlust. Doch wie ich es dir schon bei unserer letzten Begegnung in den Bergen gesagt habe – ich habe nichts mit dem Tode deines Königs zu tun!“
Crydeol wollte ihn unterbrechen, doch Renyan hob die Hand und sprach weiter: „Als ich von Jaldors Schicksal erfahren habe, war mir bewusst, dass man mich dessen beschuldigen würde und so hielt ich mich fortan von Vaskaan und selbst Panjan, meiner neuen Heimatstadt, fern. Ich begab mich selbst ins Exil und ließ mich nur in Panjan blicken, wenn es absolut notwendig war. Ich konnte niemanden mehr vertrauen und rechnete bei jedem Aufenthalt in der Stadt mit einem Hinterhalt. Ich war mir über mein Ansehen auf Talint nicht mehr im Klaren. Erst mit der Zeit war ich mir einigermaßen sicher, dass mir von meinem eigenen Volk keine Gefahr zu drohen schien, und so lockerte ich meine selbst auferlegten Grenzen und zog wieder durch die Lande, wie es mir beliebte.“
Crydeol betastete vorsichtig die scharfe Schneide seines Schwertes. Es schien ihm als wäre sie nie schärfer gewesen und jetzt, in diesem Moment, hätte er den unbewaffneten Mann vor sich ohne Mühe niederstrecken können. Renyan hatte ihm den Zweihänder selbst übergeben und sich, auch wenn er es nicht beabsichtigt hatte, dem General hoffnungslos ausgeliefert. Dieser Augenblick war für ihn die Möglichkeit um das zu vollenden, warum er Vaskania verlassen hatte. Doch nun nahm er das Schwert und legte es neben sich, während Renyan weiter sprach. „Einen der schwarzen Pfeile in Jaldors Brust zu erblicken war sicherlich sehr verwirrend für dich und alle anderen Anwesenden, denn ihr wusstet, was das zu bedeuten hatte: Nur durch Noiril und meine Hand konnte dieses Unheil angerichtet worden sein, nicht wahr? Dass mir der Bogen zu dem Zeitpunkt bereits entwendet worden war, konntet ihr nicht wissen. Und selbst wenn, hätte das etwas geändert? Immerhin bin ich der Letzte derer, die als Einzige die Macht besitzen den singenden Bogen zu führen. Und auch wenn ich es tief im Innern verborgen hielt, weil der Schmerz über diese Tatsache einfach zu groß und so unverständlich ist, so habe ich mich mittlerweile mit dem Gedanken abgefunden, dass ich von jemandem hintergangen worden bin, der mir einst sehr nahe stand. Ich
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