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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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tragen ihren Teil dazu bei, indem sie dafür sorgen, dass das Vieh so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone geschafft wird.
    Der heldenhafte Treck wird durch einige der unwirtlichsten Gegenden Australiens führen, und weitere Farmen im Norden werden sich ihm anschließen. Schätzungen zufolge wird die Hauptmasse der Herde aus über sechzehntausend Stück Vieh bestehen und für die Wanderung nach Brisbane mindestensacht Monate benötigen. Der Boss des Trecks bittet alle Farmer entlang der Route, ihnen so viel Wasser zu überlassen, wie sie entbehren können. Die herrschende Dürre ist ihm wohlbewusst, und er weiß, dass es sich um ein verzweifeltes Unternehmen handelt, aber es ist unerlässlich, dass wir diese Rinder durchbringen.«
    Aurelia schaltete das Radio ab, als die Sendung zu Ende war, und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Sie können von Glück sagen, wenn sie mehr als ein Drittel durchbringen«, seufzte sie. »Und was das Wasser angeht, das man erübrigen soll   …« Sie schwieg.
    »Ich sage nur: Glückwunsch«, erklärte Ellie mit Nachdruck. »Ich wünschte, wir könnten dabei sein. Es hört sich aufregend an, und wir würden Geschichte machen.«
    »Wir bemühen uns lieber, unser Vieh hier am Leben zu erhalten, statt es den weiten Weg nach Brisbane zu treiben. Die Kälber würden’s gar nicht schaffen, und die Muttertiere würden keine Milch mehr produzieren. Jacky Jack sagt, der letzte Treck nach Longreach mit den Schlachtrindern war schon mühselig genug; er musste sie die Nacht hindurch treiben, um die Meilen zwischen den überlebenswichtigen Wasserlöchern zu schaffen. Er hatte Glück, dass er so wenig Verluste erlitten hat.«
    »Ein bisschen Aufregung könnte ich trotzdem vertragen«, sagte Ellie rastlos.
    »Es wird Aufregung genug geben, wenn die Japse noch einmal angreifen«, sagte Aurelia in scharfem Ton. »Darwin ist nicht weit weg, und wenn sie die Nordküste besetzen und einen Flughafen einrichten   …«
    Es war lange still, während alle die Nachrichten verdauten. Das Leben war schwer genug, ohne dass sie je den Gedanken an eine Invasion in Betracht gezogen hatten.
    Aber sie waren nicht allein. Premierminister Curtin, erbost über Winston Churchills Weigerung, australischen Truppen zuerlauben, ihre Heimat zu beschützen, ignorierte dessen Proteste und befahl die Streitkräfte aus Afrika zurück nach Australien.
    Das Land war in einer kritischen Lage. Australiens Kampfkraft war beeinträchtigt, weil seine Truppen in Europa und Afrika verstreut waren; alle waren schlecht ausgerüstet, und es gab praktisch keine Panzer und Flugzeuge und nur wenige Schlachtschiffe.
    Curtin musste der finsteren Situation ins Auge schauen, und er tat es mit einem Realismus, der ihm zahlreiche Bewunderer einbrachte. »Ohne Einschränkungen jeglicher Art«, erklärte er, »sage ich hiermit klar und deutlich, dass Australien von nun an auf Amerika bauen wird, und zwar ohne jegliche Skrupel in Hinsicht auf traditionelle Bande und Verwandtschaft mit dem Vereinigten Königreich.«
    Zehn Tage später flog ein Verband von zehn japanischen Flugzeugen von Timor aus südwärts zu einem der Haupttankplätze auf dem australischen Kontinent. Die einzige Verteidigung dort bestand aus ein paar .303-Gewehren der Heimatwehr, weil die Nachrichtendienste glaubten, dieser westliche Hafen liege außerhalb der Reichweite japanischer Flugzeuge.
    Die Japaner schlugen morgens um neun Uhr dreißig zu; sie warfen ihre Langstreckentanks ab, und ihre Leuchtspurgeschosse setzten sechzehn Flugboote in Brand, die wehrlos im Wasser lagen, mit Frauen und Kindern an Bord.
    Es war Broomes schwärzester Tag.

ELF

    E llie kehrte in die Gegenwart zurück und bemerkte mit Schrecken, wie rasch der Tag sich verändert hatte. Der Himmel war bleigrau, die Sonne hinter Wolken verschwunden. Die ersten dicken Regentropfen klatschten auf ihre Bluse und ihre Jeans. Hastig schlüpfte sie in ihre Jacke und zog den Reißverschluss bis zum Kinn hinauf. Es war aber nicht der kalte Wind, der sie frösteln ließ, sondern der Gedanke an den Abstieg. Denn der Regen hatte die Felsen blank und ebenholzschwarz poliert, und sie wusste, dass der Rückweg nicht so einfach werden würde.
    Sie warf einen Blick über die Schulter und überlegte, ob sie den Wolkenbruch in der Höhle abwarten sollte. Aber das konnte Stunden dauern, vielleicht die ganze Nacht hindurch, und ihr Funkgerät war im Wagen. Sie hatte keine Wahl, sie musste hinunterklettern. »Verdammte

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