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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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zurück, während sie langsam die Straße entlanggingen; das müde Pferd bestimmte ihr Tempo. Als sie auf der Koppel beim Haus angekommen waren, half Ellie mit, das arme Tier von seinen Lasten zu befreien, bevor sie es mit der Satteldecke ordentlich abrieben und auf die Weide entließen.
    Sie und Wang Lee lehnten am Zaun und schauten zu, wie das Pferd das ergraute Maul in den Wassertrog senkte und durstig soff. Der kleine Hund sprang in den Trog und schlabberte gierig, bevor er wieder heraushüpfte und sich trocken schüttelte; dann widmete er sich mit leidenschaftlicher Aufmerksamkeit seinen Flöhen und kratzte sich wohlig.
    Clipper, der die Gesellschaft des alten Grauschimmels vermisste, näherte sich dem anderen Pferd und knabberte sanft an seinem Hals, als habe er den müden Reisenden erkannt und heiße ihn willkommen. Das erschöpfte alte Pferd wieherte zurAntwort, und zusammen wanderten sie zu der Krippe, die Ellie noch am Morgen mit Heu und Hafer gefüllt hatte.
    »Fu Man Chu jetzt glücklich«, sagte Wang Lee und lächelte müde. »Zu weit der Weg für das Tier.«
    Ellie lachte. »Du hast dein Pferd Fu Man Chu getauft?«
    Er schüttelte den Kopf, und das müde Lächeln reichte nicht bis zu den Augen. »Pferd heißt Chinaman. Hund ist Fu Man Chu.«
    »Ziemlich ungewöhnlich, ich muss schon sagen.« Sie bemühte sich, nicht zu lächeln, als der braun-weiße Terrier mit dem piratenhaften dunklen Fleck an einem Auge sich im Staub wälzte.
    »Ah ja, Miss Ellie«, flüsterte er leise. »Besser nennen Chinaman, dann Leute wissen, Wang Lee kein Japaner. «
    Ellie hörte, wie er das Wort betonte, und erkannte, dass das Leben in den letzten paar Monaten ziemlich schwer für ihn geworden sein musste. Nachdem die Japaner die Malaiische Halbinsel besetzt und Pearl Harbor bombardiert hatten, brauchten unwissende Menschen nur seine Mandelaugen und den Zopf zu sehen, um sogleich die falschen Schlüsse zu ziehen. »Komm, Wang Lee. Ich gebe dir etwas zu essen und mache dir ein Bett zurecht. Du siehst aus, als müsstest du dich gründlich ausruhen. Unterhalten können wir uns später.«
    Ellie hatte die beiden Frauen kommen sehen, und während sie darauf wartete, dass Wang Lee aus seinem Nachmittagsschlaf erwachte, schaute sie aus der dunklen Diele hinaus. Sie sah, dass Aurelia schmutzig und erhitzt war und nach der schweren Arbeit ein großes Glas mit etwas Alkoholischem dringend nötig hatte. Heute war der letzte Tag der Brandkennzeichnung gewesen, und trotz des mangelnden Regens war die Herde gewachsen. Jetzt konnten sie nur beten, dass es ihnen gelingen würde, die Rinder lange genug am Leben zu erhalten, um sie zum Fleischmarkt nach Brisbane zu schaffen.
    »Bomben«, kreischte Kelly. »Flak, Flak, Flak.«
    »Halt den Schnabel, Kelly«, knurrte Aurelia. »Du wirst langweilig.«
    »Örrg?« Er hob eine zierliche Klaue, und sein gelbes Auge blickte stechend. »Cin Cin«, rief er dann fröhlich. »Und ex!«
    »Das hört sich schon besser an.« Alicia nahm immer zwei Verandastufen auf einmal und warf dann ihren Hut auf den Tisch. »Was würde ich nicht geben für ein großes Glas Gin mit einer Menge Eis. Mickey hat darauf bestanden, dass ich heute Nachmittag zu Fuß über sein halbes Anwesen stapfe, und ich bin völlig außer Atem.«
    »Gin ist alle. Aber es gibt noch ein winziges Tröpfchen Whisky.« Aurelia goss zwei Fingerbreit Whisky in die Gläser und reichte eins hinüber. »Und kein Mickey?«, erkundigte sie sich.
    »Ich hab ihn nach Hause geschickt. Ein Nachmittag mit ihm reicht völlig aus«, sagte Alicia mit Entschiedenheit, ehe sie ihr Glas zur Hälfte leer trank.
    Ellie war so aufgedreht, dass sie mit ihrer Neuigkeit nicht länger warten konnte. Sie stürmte durch die Fliegentür herein.
    »Was ist passiert?« Aurelia machte angstvoll große Augen.
    »Wir haben Besuch, Tante Aurelia«, antwortete sie atemlos vor Aufregung. Sie trat beiseite, und Aurelia fiel das Monokel aus dem Auge, als sie den kleinen Asiaten im Schatten der Tür stehen sah.
    »Was macht der Japs hier?«, wollte Alicia wissen, ehe Aurelia Zeit fand, etwas zu sagen. Sie knallte ihr Glas auf den Tisch und stand auf. »Wir sollten die Polizei rufen oder die Armee oder so was. Der gehört interniert, genau wie die andern.«
    »Das ist kein Japs«, zischte Ellie. »Sein Name ist Wang Lee, und er ist Chinese. «
    Alicia musterte den Mann verächtlich von Kopf bis Fuß. »Für mich sehen die alle gleich aus«, erklärte sie unhöflich. »Und ich werde

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