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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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manhat seit Wochen nichts von ihm gesehen und gehört.« Er versuchte ermutigend zu lächeln und scheiterte erbärmlich. »Es besteht die geringe Chance, dass es ihm gelungen ist, sich bei den Eingeborenen zu verstecken. Aber das ist unwahrscheinlich. Die Army irrt sich selten in diesen Dingen.«
    Ellie spürte Aurelias Arme um ihre Schultern. Fühlte, dass ihre Mutter ihre Hände ergriff. Aber alles, was sie sah, war Joe, wie er über die Ebene ritt. Joe, wie er über irgendeinen Scherz lachte. Joe, wie er sie zum Abschied küsste. Er hatte versprochen, zu ihr zurückzukommen. Wie konnte er da tot sein? Nicht ihr Joe. Sie hörte doch noch den Wind in den Bäumen und den Gesang des Glockenvogels.
    Sie löste sich von ihnen. Sicher war es ein Irrtum. Sie klammerte sich an das Wort »vermutet«. »Er mag vermisst sein, aber er ist nicht tot«, sagte sie entschlossen. »Die Army hat zugegeben, dass es nur vermutet wird, und   …«
    »Ellie«, unterbrach Aurelia sie mit einer Schärfe, die sie zusammenzucken ließ. »Ellie, das darfst du nicht. Falsche Hoffnungen machen alles nur noch schlimmer. Du musst die Wahrheit akzeptieren – erst dann kannst du anfangen zu trauern.«
    Ellie wusste, wenn sie die nächsten Stunden überstehen wollte, musste sie sich an die zerbrechliche Hoffnung klammern, dass das alles nur ein schreckliches Missverständnis war. Denn sein Geist war bei ihr, er lebte und atmete in jedem Winkel von Warratah. Sie fühlte ihn jedes Mal, wenn sie über die Ebene ritt. Spürte seine Anwesenheit in den langen Nächten und endlosen Tagen. Hörte ihr Lied im Seufzen des Windes und im Ruf des Glockenvogels. »Er versteckt sich irgendwo und wartet darauf, dass die Alliierten Singapur befreien«, sagte sie störrisch. »Ich weigere mich zu glauben, dass er tot ist.«
    »Aber du musst es«, sagte ihre Mutter. »Die Japaner hätten uns informiert, wenn er in Gefangenschaft geraten wäre – wie sie es im Fall von Snowy getan haben.«
    »Nicht unbedingt«, widersprach Ellie. »Es gibt Tausende von Gefangenen in den Lagern, und die Akten müssen völlig durcheinander sein.« Sie lehnte sich an das Verandageländer, schaute hinaus über die Weiden von Warratah und bemühte sich, mit einer weiteren Gewissheit zurechtzukommen, während sie sich an den Glauben an seine Rückkehr klammerte. Denn dieser Glaube war alles, was sie aufrecht hielt.
    Das Outback blühte auf, und der Regen hörte nicht auf, die verdorrte Erde zu erfrischen. Wildblumen überzogen die Ebene mit einer Decke aus lodernden Farben; das Gras wogte, und Enten und Buschtruthähne fielen in Wasserläufe und Billabongs ein. Die Rinder wurden fett und glänzend im Fell, und die Zahl der Kälber, die in den folgenden Jahren geboren wurden, bedeutete, dass die Rechnungsbücher von Warratah und Jarrah zum ersten Mal seit der Depression wieder mit schwarzen Zahlen aufwarten konnten.
    Das japanische Vordringen im Pazifik kam angesichts des alliierten Widerstandes allmählich zum Stehen, aber in der nordafrikanischen Wüste blieb die Lage weiterhin kritisch. Tobruk fiel, und die australische 9.   Division wurde zur Verstärkung der Alliierten von Syrien nach Westen verlegt. Im Oktober 1942 spielte sie eine wichtige Rolle bei General Montgomerys entscheidendem Durchbruch bei El Alamein. Die Streitkräfte der Achse Berlin-Rom-Tokyo in Nordafrika kapitulierten im Mai 1943.
    Ellie verwandte all ihre Energie auf die tägliche Arbeit und ließ sich nur wenig Zeit zum Nachdenken, denn das machte sie nur niedergeschlagen. Monat um Monat verging, und als der Besuch des Priesters ein Jahr zurücklag, verstand sie es besser denn je, ihre finsteren Gedanken im Zaum zu halten. Es gab keine Nachricht von Joe. Doch obwohl Aurelia verzweifelt versuchte, Ellie klar zu machen, dass sie sich etwas vormachte, bewahrte sie sich hartnäckig ihre Hoffnung.
    Jack und Mickey schrieben regelmäßig, aber zu einem Heimatbesuch hatten sie keine Gelegenheit, denn sie kämpften auf der Malaiischen Halbinsel. Von Seamus trafen nur wenige und unregelmäßige Nachrichten ein, und auch Charlie schrieb ein paar Briefe, die Ellie dann denen beilegte, die sie immer noch an Joe schickte. Sie musste einfach glauben, dass er sie noch lesen könnte, denn wenn sie es nicht täte, würde sie sein Andenken verraten und das Lied verleugnen, das sie immer noch hörte.
    Die Nachrichten aus England waren beruhigend. Die alten Leute lebten noch; sie waren wohlauf und fanden sich allmählich damit ab, ihr

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