Anemonen im Wind - Roman
wusste, dass sie niemals ein Teil dieses Lebens würde sein können, denn der Faden ihres Lebens war von anderer Farbe und Dicke und wartete zu Hause in England.
Sie ordnete ihre Gedanken und betrachtete wehmütig ihre Fingernägel, die einst so lang und glänzend gewesen waren. Aber das schien gar nicht mehr wichtig zu sein. Die Dinge, die ihr vor dem Krieg so viel bedeutet hatten, kamen ihr jetzt so albern vor, und sie fand es ebenso überraschend wie alle anderen, dass sie sich so leicht in das Leben auf Warratah und Jarrah hatte einfügen können.
Natürlich hat Ellie mir den Weg gewiesen, musste sie sich eingestehen. Dieses zähe kleine Mädchen, das von früh bis spät arbeitete. Das Kind, das zur Frau herangewachsen war – zu einer tüchtigen, intelligenten Frau, die von Aurelia so viel mehr gelernt hatte, als ihre eigene Mutter ihr je hätte beibringen können.
Tief in Gedanken versunken, rauchte Alicia ihre Zigarette. Sie würde allein nach England zurückkehren. Ellie würde fern von diesem Land, das sie mit solcher Leidenschaft liebte, niemals glücklich sein. Sie würde den Ort niemals verlassen, an dem sie den Geist Joes noch immer so deutlich spürte. Wenn ich nur auch eine solche Liebe finden könnte, dachte Alicia betrübt. Eine alles verzehrende Liebe, die nie verblasst ist, auch wenn die beiden durch eine so große Entfernung und schon vor langer Zeit getrennt wurden. Ellies erste Liebe ist immer bei ihr, und obwohl Joe tot ist, wird diese Liebe stets bestehen und lebendig bleiben.
Aber es war Alicia nicht entgangen, wie traurig die Situation ihrer Tochter war. Alicia war klar, dass Ellie niemals einen Mann finden würde, der Joes Platz einnehmen könnte. Ihre Tochter würde ohne Nachkommen auf diesem weiten Land mitten im Nirgendwo bleiben. Sie würde vertrocknen und alt werden wie Aurelia – doch das war nicht die Zukunft, die sie sich für Ellie gewünscht hätte. Vielleicht sollte man eine so tiefe, alles durchdringende Liebe meiden? Vielleicht war eine flüchtige Zuneigung doch vorteilhafter als ein Gefühl, das ein ganzes Leben überschattete?
Alicia dachte an die Männer, die sie gekannt, und an die Liebhaber, die sie abgelegt hatte. Ihr Leben war vielleicht brüchig und wenig erfüllend gewesen, aber sicher war doch alles besser als der Schmerz, den Ellie ertragen musste? Alicias Blick wanderte hinüber zu ihrer Tochter, die so gelassen auf dem Bock saß und die Zügel des großen Pferdes in den Händen hielt. Sie hatten Brücken zueinander gebaut, und wenngleich Alicia wusste, dass sie nie die Mutter sein könnte, die Ellie sich wünschte oder brauchte, so waren sie doch Freundinnen geworden. Es war eine Freundschaft, die nur Frauen verstehen konnten. Frauen, die unter widrigen Umständen zusammengebracht worden waren. Die Verbindung zwischen ihnen war enger und dauerhafter als jede andere.
Sie streckte sich und entspannte Rücken und Schultern. Sie hatten alle wenig geschlafen, seit eine Woche zuvor das Telegramm eingetroffen war, und angespannt wartete sie jetzt auf das Motorengeräusch des Flugzeugs, das sich Jarrah näherte. Denn heute würde es eine andere Fracht als nur die Post bringen. Wieder einmal würde der Krieg, der draußen in der Welt wütete, bei den Menschen im Outback sein Brandmal hinterlassen.
Ellie saß auf dem Bock und beobachtete den Himmel. Der Regen hatte der Erde ihre Frische zurückgegeben, und der blaue Himmel sah mit seinen flauschigen weißen Wolken aus wie sauber gewaschen. Sie hörte das Gackern eines Kookaburra in der Ferne. Eine Herde Kängurus weidete im hohen Gras unter ein paar Giddea-Akazien. Das ist alles, was sie noch brauchte, erkannte sie. Jetzt, da Joe nicht mehr da war, lag ihr Lebensweg klar und deutlich vor ihr, sie würde dieses wunderbare Land, das immer noch widerhallte von dem Mann, den sie liebte, niemals verlassen. Denn hier war sie zu Hause.
Mit schwerem Herzen hörte sie das Dröhnen des Flugzeugs und beruhigte das Pferd, als es nervös zu tänzeln begann. Die Schönheit des Tages wurde durch diese Heimkehr beeinträchtigt, und die dunklen Wolken des Krieges rückten näher, als das Flugzeug über der Landebahn schwebte und schließlich aufsetzte. Die drei Frauen fuhren hinaus, ihm entgegen. Sie schwiegen, jede war in eigene Gedanken versunken. Der weiche Hufschlag des Pferdes und das Knarren des Wagens verstärkte nur die Trauer, die diese kurze Fahrt umgab.
Wilf kletterte aus der Maschine und half dem Priester mit
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