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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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erklärte sie in scharfem Ton. »Wang Lee kommt ausgezeichnet allein zurecht, und ich brauche dich beim Brandmarken.«
    »Du hast Jacky Jack und die Boys«, gab Ellie zurück. »Du brauchst mich überhaupt nicht.«
    Aurelia schaute Alicia an, aber die zuckte nur die Achseln und wandte sich ab. »Lass sie hier«, sagte sie. »Ellie kann genauso stur sein wie du, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat.« Sie hob die Taschen auf, die sie am Abend zuvor gepackt hatte. »Außerdem ist die ganze Diskussion reine Zeitverschwendung. Wir müssen nach Warratah, bevor der nächste Regen fällt und wir das Brennen nicht zu Ende bringen können.«
    Aurelia seufzte. Sie kannte Ellie gut genug, um zu wissen, dass sie nicht nachgeben würde. Nicht, wenn sie diesen Gesichtsausdruck aufsetzte. »Also gut«, sagte sie müde. »Aber dieintimen Aufgaben der Krankenpflege überlässt du Wang Lee.« Sie wusste, dass Charlie sie beobachtete, als sie dem Mädchen die Hand auf die Schulter legte. »Und denk daran, Ellie«, warnte sie leise. »Das ist nicht Joe.«
    Etwas funkelte in Charlies Augen, aber es erlosch sogleich wieder, und Aurelia wusste nicht, ob sie es wirklich gesehen hatte. Aber die Wirkung blieb, und ein Frösteln überlief sie. Es war, als habe sie einen kurzen Blick in eine drohende Dunkelheit geworfen – eine Dunkelheit, aus der niemand von ihnen unversehrt hervorgehen würde.
    Ellie hörte den Regen immer noch. Spürte immer noch die Kälte dieser langen Schatten. Sie öffnete die Augen und sah nur die Flammen, die im Kamin züngelten. In jener Nacht war es genauso, erinnerte sie sich, als sie noch einmal in der willkommenen Dunkelheit versank. Der Regen hatte eine Woche lang in einem endlosen Sturzbach auf das Dach getrommelt, war durch die Rohre herabgerauscht und hatte den Hof überschwemmt. Trotz ihrer Erschöpfung hatte sie Heimweh gehabt – aber es war unmöglich, nach Warratah zu reisen, bevor Charlie wieder halbwegs gesund war.
    Obwohl Wang Lee Einwände erhob, hatte sie Charlie in das bequemste Bett von Jarrah verlegen lassen und für sich selbst Kissen und Decke auf dem Fußboden ausgebreitet, damit sie ihn nachts versorgen konnte. Er hatte Albträume und wachte oft zwei- oder dreimal schweißgebadet auf, und dann starrten seine Augen grauenerfüllt auf Dinge, die sie nur erahnen konnte.
    Bei solchen Gelegenheiten saß sie dann auf dem Bett und hielt ihn in den Armen. Wiegte ihn wie ein Baby und versuchte ihn zu trösten, seine Angst zu besänftigen und ihn zu beruhigen, bis Wang Lees Schlaftrunk wirkte. Und dann lag sie schlaflos auf ihrer Wolldecke. Bilder des Krieges wirbelten in ihrem Kopf, und Tränen um Joe durchnässten ihr Kissen.
    Die unruhigen Nächte waren bald vorbei. Ellie stand jedenMorgen in aller Frühe auf und versorgte die wenigen Tiere, die es auf Jarrah noch gab, bevor sie sich daran machte, die Beete umzugraben, die von Mickeys Gemüsegarten noch übrig waren. Die Kartoffeln waren faul, die Möhren verschimmelt, aber einiges war doch noch essbar, und angesichts der umfassenden Lebensmittelrationierung durfte man nicht wählerisch sein. Der Regen überflutete den Hof, und das Wasser stieg bis an die Verandastufen. Ein müder Tag folgte auf den anderen, und dazwischen lagen die schlaflosen Nächte. Aber trotz ihrer schwindenden Energien empfand Ellie ein seltsames Hochgefühl. Sie hatte Joe nicht, aber Charlie kam ihm doch am nächsten, und in gewisser Weise war es, als sei Joe heimgekehrt – wenn schon nicht körperlich, dann doch im Geiste. Als Charlie allmählich wieder zu Kräften kam, lernten sie einander neu kennen, und sie fand Trost in seinen Geschichten von den zwei Jungen, die gemeinsam aufgewachsen waren, von ihrem Zuhause in der kleinen Stadt im Süden und von ihrem Kampf ums Überleben, der sie auf Wanderschaft hatte gehen lassen.
    Joe hatte ihr ein bisschen davon erzählt, aber es war interessant, Charlies Sicht der Dinge zu erfahren, und als sie ihm so zuhörte, stellte sie fest, dass sie diesem grobknochigen jungen Mann verzeihen konnte, was er Joe angetan hatte. Denn je länger er erzählte, desto besser verstand sie, dass Charlie sich seinem Zwillingsbruder unterlegen fühlte, obwohl er es keinesfalls war. Er vermutete hinter Joes ruhiger Art eine tiefere Intelligenz, die ihn noch weit bringen würde. Charlies Abenteuerlust war seine Methode gewesen, der Ruhe seines Bruders entgegenzuwirken – aber sie hatte ihn auf die Suche nach etwas geführt, das ätherisch wie

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