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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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es noch zu früh, aber er wollte sicher sein, dass alles in Ordnung war, bevor er aufbrach.
    Barfuß tappte er ins Schlafzimmer und betrachtete das übliche Chaos. Kleidungsstücke waren über Bett und Stühle verstreut, Pullover und Socken quollen aus Schubladen, und seine Schuhe lagen da, wo er sie abgestreift hatte. Sein Blick wanderte zu den säuberlich zusammengefalteten Moleskins, dem Hemd und der sauberen Unterwäsche, die er am Abend zuvor herausgelegt hatte. Seine Stiefel waren blank poliert, und der lose Knopf an seiner Jacke war angenäht. Mit kläglichem Grinsen erinnerte er sich, wie er sich mit der Nähnadel gestochen hatte. Ein feiner Tierarzt – konnte nicht mal einen Knopf annähen, ohne sich zu verletzen. Aber er wusste, dass der ungeschickte Versuch mehr mit seiner Aufregung angesichts des bevorstehenden Tages zu tun hatte als mit mangelhafter Gewandtheit im Umgang mit einer Nadel. »Hoffentlich findet sie, dass es sich gelohnt hat«, knurrte er und trank seinen Kaffee aus. Er betrachtete sich indem Spiegel über der Kommode und verzog das Gesicht. »Matt Derwent, du bist ein Idiot!«
    Er ging hinaus in das winzige Büro, das er an die Seite des Hauses angebaut hatte. Das vertraute Durcheinander war einer gründlichen Ordnung gewichen: Akten und Unterlagen füllten säuberlich aufgereiht Regale und Schränke, Medikamente und Instrumente waren sorgsam weggeschlossen. Er zog den Stuhl zurück und setzte sich. Er hatte noch Rechnungen zu schreiben und die Reihenfolge der heutigen Besuche festzulegen. Aber dazu hatte er noch reichlich Zeit. Auf Warratah wurde er nicht vor elf erwartet.
    Einige Zeit später schaute er auf das Mondgesicht der Wanduhr. Die Zeit schritt am langsamsten voran, wenn man es am wenigsten gebrauchen konnte. Er schob seinen Stuhl zurück. Zweifel nagten an seiner Hochstimmung. War er nicht im Begriff, sich völlig lächerlich zu machen? Sie hatte seinen Anruf nicht entgegengenommen; er hatte lediglich Aurelias Wort, dass er ihr willkommen sei. Vielleicht sollte er noch einmal anrufen und sich vergewissern?
    Matt starrte auf das Telefon, und eine Hand lag schon auf dem Hörer, als er sich besann. Wenn er auf Warratah erschiene, könnte Claire sich nicht drücken. Er könnte sie mit auf seine Runde nehmen, und sie könnten einander kennen lernen. Aber behutsam, ganz behutsam, ermahnte er sich. Claire war jung und schön und hatte eine große Karriere vor sich. Vielleicht wollte sie keinen ergrauten Witwer für etwas, das über bloße Freundschaft hinausging. Und er wusste nicht, ob er eine Zurückweisung ertragen könnte.
    Ellie öffnete die Augen, und sein Name war auf ihren Lippen, ehe es ihr bewusst war. Sie schlug die Decke zurück und blieb noch einen Augenblick liegen. Claire und Leanne schliefen in den Sesseln vor der kalten Asche des Kamins. Sie hatten ihrenAusruf gottlob nicht gehört. Stäubchen tanzten in dem Licht, das durch das Fenster flutete. Von weitem hörte Ellie das lärmende Treiben der Männer, die sich auf dem Hof für den Tag bereitmachten. Aber trotz des summenden Lebens und des Anblicks ihrer Töchter lauerten dunkle Erinnerungen in ihr. Sie bemühte sich, sie zu verbannen; sie hob die Hand, um sich das Haar hinters Ohr zu streichen, und merkte, dass ihr Arm eingegipst war. Stirnrunzelnd fragte sie sich, wie es dazu kommen konnte. Und wieso war sie auf Jarrah? Sie wollte sich aufrichten und schrie auf, als ein scharfer Schmerz sie durchzuckte.
    »Mum?«, riefen die Mädchen wie aus einem Mund und fuhren hellwach hoch. »Alles okay?«
    Sie ließ sich zurück in die Kissen sinken und lächelte matt. »Keine Ahnung«, murmelte sie. »Was zum Teufel ist passiert?«
    Claire und Leanne knieten neben der Couch nieder. Leanne war es, die sprach. »Du bist abgestürzt, Mum. Wie um alles in der Welt bist du auf die Idee gekommen, auf Yorky’s Pinnacle zu klettern?«
    Ellie schloss die Augen. Jetzt fiel es ihr wieder ein. Es waren die Geister der Vergangenheit gewesen, die sie dort hinaufgetrieben hatten, und die eigene Dummheit, die sie mit einem dumpfem Aufprall wieder heruntergebracht hatte. Sie wusste nicht, wie lange sie dort unten gelegen hatte, aber sie konnte sich erinnern, wie kalt, wie nass es gewesen war. Auch an den Schmerz in ihrem Kopf, mit dem sie auf den Felsen geschlagen war, erinnerte sie sich. Und obwohl es erst wenige Stunden zurücklag – die Träume und Erinnerungen ließen es wie Jahre erscheinen. Sie sammelte ihre Kräfte und versuchte, die

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