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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Rauch war und ihm keine Erfüllung geschenkt hatte. Die Eifersucht hatte schon vor langer Zeit begonnen, und mit ihr war die Notwendigkeit entstanden, zu beweisen, dass er besser war als sein Bruder. Und nun bereitete ihm das, was er getan hatte, quälende Gewissensbisse.
    Ellie saß in der Zwickmühle. Sie wusste, man würde Charlie mitteilen müssen, dass Joe vermisst war. Aber der Glaube daran, dass er seinen Bruder wiedersehen würde, hielt ihn aufrecht. Es wäre grausam, ihm jetzt die Wahrheit zu sagen – grausam, die eigenen tiefsten Befürchtungen aussprechen zu müssen. Aber um wie viel grausamer wäre es, ihn – und sich selbst – weiter zu belügen? Die Tage vergingen, und nie schien sich die richtige Gelegenheit zu bieten – aber Ellie wusste, dass ihr nur der Mut dazu fehlte. Sie konnte es einfach nicht. Konnte sich nicht eingestehen, dass Joe nie wieder nach Hause kommen würde.
    Es war an einem Abend fast zwei Wochen nach der Beerdigung. Es regnete noch immer, aber nicht mehr so heftig. Das Feuer loderte im Kamin, und Charlie saß, in die Kissen gelehnt und mit einer Wolldecke über den Schultern, auf der Couch und starrte in die Flammen. Die dunklen Schatten um seine Augen zeugten von schlaflosen Nächten und unablässigen Schmerzen, aber er hatte wieder ein bisschen Fleisch auf den Knochen und war nicht mehr so bleich.
    »Du warst ein dürres kleines Mädchen, als ich dich das letzte Mal gesehen habe«, sagte er leise. »Kommt mir vor, als wär das ein ganzes Menschenleben her.« Er seufzte.
    Ellie strickte ein Paar Socken, aber sie war so müde, dass sie immer wieder Maschen fallen ließ. »Das ist es auch«, sagte sie gähnend. »Damals waren wir Kinder, aber wir mussten schnell erwachsen werden.« Sie gab das Stricken auf und bohrte die Nadeln in das Wollknäuel. »Ich muss ins Bett. Morgen haben wir wieder einen langen Tag, und gegen Mittag werden Mum und Tante Aurelia hier sein.«
    Er sah sie an, und seine blauen Augen leuchteten im Feuerschein. Die blonden Haare fielen ihm in die Stirn, genauso wie sie es bei Joe getan hatten. »Bleib hier, und sprich mit mir, Ellie«, bat er.
    Ellie strich ihm sanft die Haarlocke zurück, und die Sehnsucht nach Joe durchzuckte sie fast wie ein körperlicher Schmerz. Wie ähnlich sich die beiden Männer waren – und doch, wie verschieden. Der eine dunkelhaarig, der andere blond. Der eine ruhig und sanft, während der andere mit einem inneren Aufruhr kämpfte, an dem er eines Tages vielleicht zerbrechen würde.
    Charlie nahm ihre Hand und hielt sie an seine Wange, wie er es am ersten Tag getan hatte. »Halt mich fest, Ellie«, sagte er leise. »Nur einen Augenblick. Es ist so lange her, dass jemandem etwas an mir gelegen hat.«
    Sein Benehmen war ein Spiegelbild dessen, was Joe an ihrem letzten gemeinsamen Tag getan hatte. Seine Worte ließen sie zittern vor Mitleid. Aber sie kämpfte den natürlichen Instinkt, ihn zu trösten, nieder, denn sie war nicht sicher, was er wirklich von ihr wollte, und es widerstrebte ihr, etwas zu tun, was sich missdeuten ließe. Denn er war nicht Joe, sosehr sie es sich auch wünschen mochte.
    Sie schaute ihm tief in die Augen und sah die Einsamkeit, die Angst vor den Träumen, die nachts kommen und ihn verfolgen würden. Dieser verwundete Mann war alles, was sie von Joe hatte, erkannte sie; er war ihr geschickt worden, damit er an Körper und Seele gesunden konnte. Wie konnte sie ihn da zurückweisen? Das Feuer knisterte, und ein Scheit verrutschte, als sie die Arme um ihn legte. Die Unbeholfenheit fiel von ihr ab, als sie so im Feuerschein saßen – denn es war, als sei Joe zurückgekehrt. Sie roch seinen männlichen Geruch, fühlte sein raues Kinn an ihrer Wange, seine starke Hand an ihrer Taille. Sie vergrub das Gesicht in seiner Grube zwischen Hals und Schulter, schloss die Augen und ließ ihrer Fantasie freien Lauf. Bald übermannte sie der Schlaf, und noch während sie ihm dankbar entgegentrieb, spürte sie Joes Kuss zart wie ein Schmetterling auf ihrem Mund.

DREIZEHN

    M att Derwent war seit dem Morgengrauen wach. Es hatte aufgehört zu regnen, und die Sonne quälte sich über den Horizont herauf. Elstern krächzten, und Gallahs und Papageien zankten in den Bäumen. In wachsender Vorfreude auf den Tag ging er, von den Hunden begleitet, zum Stall und ließ die Pferde auf die Koppel. Dann kehrte er zum Haus zurück, stürmte durch die Fliegentür und brühte sich einen starken Kaffee auf. Für den Flug nach Warratah war

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