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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Augenblicken hilft.«
    Charlie hob sein verzweifeltes Gesicht. »Gott war noch nie für mich da«, brachte er heiser hervor. »Warum sollte das jetzt anders sein?« Er stemmte sich vom Stuhl hoch und blieb schwankend stehen. »Wo war er, als es Joe erwischt hat? Wo war er, als Seamus zerfetzt wurde und ich die halbe Brust verlor?« Er drängte sich an dem Priester vorbei und taumelte zur Verandatreppe. »Behalten Sie Ihre Gebete und Ihren Gott«, grollte er. »Hat mir noch keinen Gefallen getan.«
    »Sie nicht nachlaufen Miss Ellie«, befahl Wang Lee. »Muss allein sein. Muss allein Weg finden, Lebewohl sagen zu Joe.«
    »Ich tu, was ich will, verdammt«, wütete Charlie. Vernünftigen Worten war er nicht mehr zugänglich; der Schmerz brandete in ihm auf wie eine machtvolle Flut, die ihn zu überwältigen drohte. Er musste weg von hier. Musste Ellie finden. Denn sie war die Einzige, die verstehen würde, was in ihm vorging.
    »Ich glaube, Wang Lee hat Recht.« Besänftigend hielt der Priester seinen Ärmel fest.
    Charlie ließ seine Faust fliegen. Sie traf das mitleidige Gesicht, und der Priester flog der Länge nach auf den Verandaboden.
    Wang Lee ließ einen Sturzbach von chinesischen Worten hören, der in Charlies Ohren anschwoll und verebbte. Kelly kreischte Obszönitäten und lief flügelschlagend auf der Stange hin und her. Charlie straffte sich und wollte noch einmal zuschlagen. Er erstarrte, als er hörte, wie der Hahn an einem Gewehr gespannt wurde.
    »Ich bin durchaus bereit, es zu benutzen«, donnerte Aurelia. »Weg von Wang Lee – und halte die Hände so, dass ich sie sehen kann!«
    Charlie spürte, wie das Blut aus seinem Gesicht wich. Er drehte sich um und schaute in einen Gewehrlauf, der nur wenigeZoll von seinem Gesicht entfernt war. »Ich wollte niemanden schlagen«, sagte er hastig.
    »Sah aber ganz anders aus«, erwiderte Aurelia grimmig mit einem Blick auf den bewusstlosen Priester. »Ich nehme an, er hält bloß ein Nickerchen auf meiner Veranda?« Sie wedelte mit dem Gewehrlauf vor seinem Gesicht herum. »Setz dich da drüben hin! Und rühr dich nicht von der Stelle! Ich kümmere mich gleich um dich.«
    Charlie beobachtete, wie Aurelia nach dem Priester sah. Sie befahl Wang Lee, sich um den Mann zu kümmern. Das Gewehr lag fest in ihren Händen und blieb auf Charlie gerichtet. Als ihr stählerner Blick ihn traf, zuckte er zusammen. Er hatte nie bemerkt, wie kalt ihre Augen sein konnten – und wie groß ihre Abneigung gegen ihn war.
    »Ich glaube, du erklärst jetzt mal besser, was hier los war«, sagte sie streng.
    Charlie gehorchte. Er kleidete es nicht in hübsche Worte und nahm auch keine Rücksicht auf ihre Gefühle. Er ließ seiner Rede freien Lauf.
    »Guter Gott«, hauchte sie mit bleichem Gesicht. »Wo ist Ellie jetzt?«
    »Da draußen.« Mit unbestimmter Armbewegung deutete er in die weite Ebene.
    »Besser, Miss Ellie für eine Weile allein«, sagte Wang Lee in feierlichem Ton und warf Charlie einen vernichtenden Blick zu. »Sie nach Hause kommen, wenn bereit.«
    »Warum hast du den Priester geschlagen?«, fragte Aurelia. »Er kann doch nichts dafür.«
    Wang Lee half dem Priester auf die Beine. An seinem Kinn war bereits eine dunkle Schwellung zu sehen, und Charlie verspürte eine stumme Genugtuung. »Ist mir in die Quere gekommen«, murrte er. »Ich wollte hinter Ellie her, und er wollte mich aufhalten.«
    Aurelia musterte ihn kalt. »Wang Lee hat Recht«, sagte sie schließlich. »Ellie braucht Zeit, um das alles zu verdauen. Tut mir Leid wegen deinem Bruder, aber Prügeleien sind keine Lösung. Ich dulde dieses Benehmen nicht auf meiner Farm.« Sie funkelte ihn an. »Ist das klar?«
    Charlie nickte. Die Trauer über Joes Tod war plötzlich einer nüchternen Entschlossenheit gewichen. Eines Tages würde er es diesem alten Schlachtross heimzahlen.
    Ellie hatte keine Ahnung, wie lange sie an Clippers Hals geschmiegt dagelegen hatte. Sie waren ziellos über die Ebene geritten, dahingeweht wie die Anemonen, die im Frühjahr blühten, und das alte Pony hatte sie mit dem Rhythmus seiner Schritte in einen Schlaf der Erschöpfung gelullt. Sie träumte von Joe und davon, wie sie in der einen, ihrer einzigen gemeinsamen Nacht zusammen in den Busch geritten waren. Träumte von seinem Kuss und von dem Mondlicht, das sein Haar schwarz wie die Flügel eines Raben und seine Augen wie dunkle Smaragde hatte glänzen lassen.
    Ihre Gedanken schweiften umher und verharrten für einen Moment bei einem

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