Anemonen im Wind - Roman
vor Schrecken, als der Hund nach seinen Beinen schnappte. Die restliche Herde ergriff die Flucht; die Erde donnerte, als sie sich nach Westen ausbreitete. Die Tiere liefen kreuz und quer durcheinander und versuchten verzweifelt, der Dingo-Meute zu entrinnen, die aus dem Gebüsch stürmte.
Ellie und die anderen galoppierten neben den fliehenden Rindern her und lenkten ihre Pferde hierhin und dahin, um die Ausbrecher einzufangen und die Tiere zusammenzuhalten. Der Hauptteil nahm Kurs auf die offene Ebene, deren Boden tückisch war: Dort gab es Bruchholz, scharfkantige Steine und tiefe Spalten, in denen die Hufe sich verfangen und die Tiere sich die Beine brechen konnten. Ungefähr fünfzig Bullen setzten sich in den Kopf, in vollem Galopp auf ein paar Giddea-Akazien zuzustürmen. Jacky Jack, Ellie und einer der Boys blieben ihnen auf den Fersen und jagten in halsbrecherischem Tempo durch die Dunkelheit auf das gefährliche Buschland zu.
Hufe donnerten über den Grund, und Staub erhob sich in einer dicken Wolke. Die rasende Herde, geisterhaft in der Dunkelheit, hatte das Buschgelände erreicht und brach wie ein Tornado hindurch. Ellie schmiegte sich flach an den Hals ihres Pferdes, um den peitschenden Ästen zu entgehen. Sie war fast blind von Staub und fliegenden Steinen, hochgeschleudert von zweihundert Hufen, aber das Adrenalin strömte durch ihre Adern, und sie jauchzte und pfiff in purer Begeisterung.
Die nackte Realität holte sie ein, als das Pferd vor ihr voneinem abgestorbenen Ast aufgespießt wurde, der mehrere Fuß lang von einer Baumgabel abstand. Der Jackaroo flog im vollen Galopp über den Kopf des Pferdes hinweg und landete mit einem grässlichen Aufprall auf der Erde. Er rappelte sich sofort auf, um sich in die Sicherheit des nächstbesten Baumes zu flüchten, während die Herde auf ihn zu raste. Er war nicht schnell genug. Zwei Bullen stießen ihn zu Boden, trampelten über ihn hinweg und rannten weiter.
Ellie schaffte es, den durchgehenden Rindern auszuweichen; sie zügelte ihr Pferd und sprang aus dem Sattel. Das Pferd des Jackaroo war auf der Stelle tot gewesen; sein Herz war durchbohrt, und der gefährliche Ast steckte immer noch in ihm. Der Junge lag völlig reglos am Boden. Sein Hemd war blutig. Ellie betastete vorsichtig seine Arme und Beine, um festzustellen, ob etwas gebrochen war, aber es gefiel ihr nicht, wie er stöhnte, als sie seinen Bauch und seine Rippen berührte. Hastig legte sie ihm eine Satteltasche als Kissen unter den Kopf und sprang dann wieder in den Sattel. Sie brauchte Hilfe.
Der Hauptteil der Herde war in die offene Ebene hinausgeflohen, und dort ging den Tieren bald die Luft aus. Es dauerte nicht lange, bis sie zusammengetrieben und beruhigt waren. Drei Dingos lagen tot auf der Strecke, die Schädel von Gewehrkugeln zerschmettert, die anderen waren in den Busch zurückgestoben. Schmutzig und arg mitgenommen kehrte Ellie ins Camp zurück. »Billy ist verletzt«, sagte sie atemlos. »Ich werde den Wagen brauchen, um ihn zur Farm zurückzubringen.«
Aurelia ließ den Wagen so dicht wie möglich an den Busch heranfahren. Vorsichtig trugen sie den verletzten Jungen herbei und betteten ihn auf einen Stapel Decken auf der Ladefläche. Dann nahm man dem toten Pferd den Sattel ab und legte ihn neben ihn.
Es war Vormittag, als sie die Weide bei der Farm erreichten. Sie waren in dem holprigen Terrain notgedrungen nur langsamvorangekommen, und Ellie war voller Sorge. Billy lag stöhnend auf dem Wagen, und das Blut leuchtete rot auf dem behelfsmäßigen Verband. Er war noch jung, höchstens fünfzehn, aber er arbeitete auf dem Anwesen, seit er reiten konnte, und wie alle anderen Aborigines betrachtete man ihn als ein wichtiges Mitglied von Warratah.
Der Himmel war weiß vor Hitze und überzog das Land mit hartem, grellem Licht, das schwarze Schatten über den Hof warf. Ellie ließ die Zügel fallen, und Wang Lee kam schlurfend die Stufen herunter, um sie zu begrüßen. »Brechen Rippe«, murmelte er und strich mit kundigen Händen über die schlaffe Gestalt. »Billy sehr krank. Bringen in Haus.«
Von Charlie war nichts zu sehen, sooft man auch nach ihm rief; also plagten sich die beiden allein ab und legten ihn auf eine alte Tür, um ihn ins Farmhaus zu schleppen. Wang Lee humpelte geschäftig umher, und Ellie ließ ihn allein, um heißes Wasser, Handtücher und Verbandmaterial zu holen. Sie war hungrig und durstig und fühlte sich wie eine wandelnde Tote, als sie in die Küche
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