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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Premierminister Churchill seine mitreißenden Reden hielt, und sie weinten, als ein paar der geretteten Soldaten ihre Geschichten erzählten.
    Aber die Realität ihres eigenen Kampfes brachte sie an den Rand der Verzweiflung. Auch in den besten Zeiten gab es im Outback zu wenig Männer, aber seit Dünkirchen war der Strom derer, die Soldat werden wollten, zu einer Flut angeschwollen. Warratah war in Gefahr. Der Wassermangel machte ihnen schwer zu schaffen, die Futterpreise waren hoch, und das Gras – ohnehin schon braun und von schlechter Qualität – litt unter einer Kaninchenplage.
    »Es wird höllisch schwer werden, das zu überstehen«, sagte Aurelia an diesem Abend, als sie das Radio ausschaltete. Joe hatte das Farmhaus verlassen und war in die Schlafbaracke gegangen. »Wir haben nur noch Jungen, alte Männer und Aborigines. Wenn Joe uns verlässt, sind wir buchstäblich auf uns selbst gestellt.«
    Ellie blickte von ihrem Strickzeug auf. »Er wird uns nicht verlassen«, sagte sie standhaft. »Er weiß, wie verzweifelt wir ihn brauchen.«
    Aurelia lächelte kummervoll. »Das klingt, als rede da mehr dein Herz als dein Kopf, Kind«, sagte sie leise. »Er ist fast zweiundzwanzig. Wir wissen beide, dass er gehen muss.« Sie legte Ellie eine schwielige Hand auf die Schulter. »Wenn du ihn so sehr liebst, wie ich glaube, dann musst du ihn ziehen lassen.«
    Ellie stieß die Nadeln in das Wollknäuel und stopfte das Strickzeug neben sich in den Sessel. Die Richtung, die diesesGespräch nahm, gefiel ihr nicht. »Er hat nie was gesagt«, erklärte sie trotzig. »Und ich würde es merken, wenn er mir was verheimlicht. Ich merke es immer.«
    Aurelia polierte ihr Monokel. »Männer wie Joe geben ihre Gedanken und Gefühle nicht preis. Sie machen keinen Wirbel.« Sie klemmte sich das Monokel ins Auge und verschränkte die Arme. »Die Männer im Outback sind die stärksten und tapfersten Männer, die ich kenne, und du darfst nicht darauf hoffen, dass er bleibt. Er ist Australier, und sein australischer Stolz auf sich und sein Land wird ihm nie erlauben, sich hier anbinden zu lassen, während seine Kameraden ihre Pflicht tun. Gerade du solltest das wissen.«
    Ellie nagte an der Unterlippe. Ihre Gedanken waren in Aufruhr. »Hat er dir etwas gesagt?«, fragte sie schließlich. »Willst du mir auf diese Weise beibringen, dass er geht?«
    Aurelia seufzte tief. »Er und ich haben heute Morgen lange miteinander gesprochen, und dies ist mein ziemlich ungeschickter Versuch, dich vorzuwarnen.« Sie griff nach ihrer Pfeife. »Joe wollte es dir selbst sagen, wenn der Zeitpunkt näher rückt, aber ich finde, du solltest vorbereitet sein.«
    Ellie starrte Aurelia an. Sie fühlte sich verraten. Warum hatte Joe nicht den Mumm besessen, gleich damit herauszurücken und es ihr selbst zu sagen, statt sich Tante Aurelia anzuvertrauen? Glaubte er, sie sei noch zu klein, um diesen Schlag einzustecken? Sie stand auf und marschierte zur Tür. »Ich gehe ein bisschen frische Luft schnappen«, fauchte sie.
    Die Fliegentür knallte. Ellie bohrte beide Hände in die Taschen und schaute wütend von der Veranda zur Schlafbaracke hinüber. Sie würde keine Szene machen. Würde nicht hinüberstürmen und ihn anflehen zu bleiben, so gern sie das auch täte. Sie würde ihm zeigen, dass sie erwachsen genug war, um sich wie eine reife und vernünftige Frau zu benehmen und zu warten, bis er zu ihr käme.
    »Schlappschwanz!«, krähte Kelly.
    »Halt den Schnabel!«, zischte Ellie und warf mit einer Zeitschrift nach dem Vogel. Dann ließ sie sich in einen Sessel fallen. »Halt einfach den Schnabel, und kümmere dich verdammt noch mal um deinen eigenen Kram.«
    Dank der Zuwendung der Männer, die einmal auf Warratah gearbeitet hatten, hatte Kelly seit Kriegsbeginn ein ganz neues Vokabular gelernt, und als der Nachmittag des folgenden Tages zu Ende ging, ließ sein Kreischen sie plötzlich zusammenfahren. »Weg mit den Bomben!«, schrie er. »Hau ab, Hitler!«
    »Sei still, du grässliches altes Schandmaul«, befahl Aurelia. »Wie zum Teufel soll ich die Buchhaltung erledigen, wenn du mir ins Ohr krähst?«
    Kelly spreizte die Federhaube und stolzierte auf seiner Stange hin und her. »Flak«, schrie er. »Saftsack.«
    Ellie kicherte über die drolligen Verrenkungen, die Kelly vollführte. Ihre Stimmung hatte sich seit dem vergangenen Nachmittag gebessert. Sie hatte in der Nacht gut geschlafen und dann einen langen, einsamen Ritt über die Ebene gemacht und war zu

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