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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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schaute er in die Sonne. »Aber vorher hätte er kommen und sich verabschieden können«, fügte er hinzu.
    »Schätze, er war nicht sicher, ob er hier willkommen ist«, meinte Snowy nachdenklich.
    Joe starrte hinaus über das meilenweit wogende Gras. Die Rinder weideten weit verteilt, trotz der Trockenheit immer nochglänzend und fett. Er liebte dieses Land. Liebte es von ganzem Herzen. Aber er hätte das alles aufgegeben für die Chance, noch einmal mit seinem Zwillingsbruder zu reden. »Er wusste, dass ich ihm verziehen hätte«, sagte er schließlich. »Ein Bruder ist wertvoller als jedes Pferd.«
    Snowy wischte sich den Schweiß von Stirn und Hutband, und seine Augen wurden in der grellen Sonne zu schmalen Schlitzen. »Charlie ist nicht der Mann, der zugibt, dass er Unrecht getan hat«, sagte er langsam. »Nachdem das mit Satan passiert war, ist er verschwunden. Monatelang wusste niemand, wo er ist. Ich glaube, es hat ihm ehrlich Leid getan, aber die Demütigung, dich wiederzusehen, konnte er nicht ertragen.«
    »Typisch Charlie«, sagte Joe betrübt. »Immer Hals über Kopf losstürmen, ohne auch nur einen einzigen verdammten Gedanken über die Folgen zu verlieren.«
    »Ist ihm schlecht gegangen, Kumpel«, sagte Snowy. »Hat fast alles verloren, bevor er drüben in Westaustralien Arbeit gefunden hat. Big Stan hat mir erzählt, als er dort auftauchte, hatte er Löcher in den Stiefeln, und der Arsch hing ihm aus der Hose.«
    »Und alles nur wegen eines Pferdes.« Joe schaute Snowy an. Eine Frage brannte ihm auf der Seele. »Warst du derjenige, der dem Rennausschuss die Sache mit Satan erzählt hat?«
    Snowy zügelte sein Pferd. »Ich doch nicht, Kumpel. Würde ich ’nem Freund nicht antun, auch wenn ich fand, dass er sich gemein wie ’n Dingo benommen hat.«
    Joe schaute ihn nachdenklich an. Snowy war immer ehrlich zu ihm gewesen, aber jetzt war er sich dessen nicht so sicher. »Wer war es dann?«
    »Einer der anderen Jockeys«, sagte Snowy gleichmütig. »’n Kerl aus Hell’s Gate, der in den paar Wochen, als Charlie hier war, auch hier gearbeitet hat. Er hat Satan sofort erkannt. Hatte wohl ’ne Menge Geld auf den Lokalfavoriten gewettet, und derJockey war ’n Kumpel von ihm. Sie haben’s zusammen ausgebrütet, als sie sahen, mit wem sie es zu tun hatten.«
    »Tut mir Leid, Snowy«, sagte Joe seufzend. »Ich dachte, du hättest ihn reingelegt.«
    »Nein, nein. Hab ja selber ein paar Pfund auf ihn gesetzt. Schätze, ich war genauso fertig wie Charlie, als der Prachthengst erschossen werden musste.« Er kaute auf seinem Streichholz, stützte sich mit beiden Händen auf den Sattelknauf und starrte in die Ferne. »Hab’s nach dem Rennen nicht übers Herz gebracht, Charlie gegenüberzutreten. Was im Wiegeraum passiert ist, hab ich nur über den Buschtelegrafen erfahren. Aber da war’s schon zu spät, und Charlie war abgehauen.«
    Joe nahm die Zügel in die Hände und rückte den Hut zurecht. Es war ein schöner Tag, und er wollte Snowys letzten Tag in Freiheit vor dem Ausbildungslager nicht von den dunklen Wolken des Krieges und des Familienzwistes verfinstern lassen. Die Zeit würde kommen, da er selbst diesen wunderbaren Ort verlassen müsste; er musste das alles hier in sich aufnehmen, damit er es mit sich in den Krieg nehmen könnte. »Hören wir auf mit dem Gerede von Krieg und Charlie, und reiten wir lieber. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich hab das Gefühl, dass sich für uns alle so manches ändern wird, und ich will das hier noch genießen, solange ich kann.«
    Das Rumoren des Krieges war die einzige dunkle Wolke über dem Outback, als die Trockenheit die Tausende von Quadratmeilen Weideland erneut in ihren Würgegriff nahm. Dänemark und Norwegen kapitulierten im Frühjahr 1940, und bald darauf, im Mai, folgten die Niederlande. Belgien fiel, und die Schlacht von Dünkirchen begann.
    Ellie und Aurelia hatten sich längst von Snowy verabschiedet und ihm versprochen zu schreiben. Sie achteten darauf, dass sie sich nie allzu weit vom Farmhaus entfernten, und hörten stetsRadio. Zusammen mit Joe drängten sie sich vor den hässlichen schwarzen Kasten in einer Ecke des Wohnzimmers, als könnten sie durch diese Nähe ebenfalls an der großen Schlacht teilhaben. Ehrfurchtsvoll lauschten sie, als die BBC die vielen tausend kleinen Schiffe beschrieb, die ins feindliche Bombardement hineinfuhren und Hunderttausende Männer von den blutbesudelten Stränden retteten. Sie jubelten, wenn der englische

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