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Ange Pitou, Band 2

Titel: Ange Pitou, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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zugestandene Ehrfurcht angreifen sollte.
    Der Herzenskummer war Charnys dumpfer Widerstand gegen die Allmacht seiner geliebten Fürstin. Es war wie eine Ahnung, daß, ohne aufzuhören treu und ergeben zu sein, die Liebe blind zu sein aufhören sollte und ihre Treue und Ergebenheit zu erörtern anfangen konnte.
    Dieser Gedanke bedrückte ihr Herz gewaltig und füllte es mit jener bittern Galle, die man die Eifersucht nennt, ein scharfes Gift, das zugleich tausend Wunden in einer verletzten Seele schwären macht.
    Kummer in Gegenwart von Unglück , das war indessen etwas Untergeordnetes für die Logik.
    Mehr aus einem Vernunftschluß, als aus Bewußtsein, mehr aus Notwendigkeit, als aus Instinkt, überließ auch Marie Antoinette ihre Seele vor allem den ernsten Gedanken über die Gefahr der politischen Lage.
    Wohin sie sich auch wenden mochte, so standen Haß und Ehrgeiz sich gegenüber, Schwäche und Gleichgültigkeit an ihrer Seite. Leute waren zu Feinden geworden, die, nachdem sie mit der Verleumdung angefangen, nun zu den Rebellionen fortschritten.
    Ihre Verteidiger waren Menschen, die sich daran gewöhnt hatten, alles zu ertragen, und denen folglich das Gefühl fehlte für die Tiefe ihrer Wunden.
    Also Leute, die zögern würden, einen Gegenschlag zu thun, aus Furcht, Lärm zu machen.
    Man mußte also alles in der Vergessenheit begraben, sich den Anschein geben, als vergäße man, und sich dennoch erinnern; sich den Anschein geben, als verzeihe man, und dennoch nicht verzeihen.
    Das war nicht würdig einer Königin von Frankreich, daswar besonders nicht würdig einer Tochter von Maria Theresia, dieser Frau von Herz.
    Kämpfen! kämpfen! das war der Rat des empörten königlichen Stolzes; aber kämpfen, war das klug? Besänftigt man die Leidenschaften des Hasses mit vergossenem Blut? war er nicht erschrecklich der Name: die Österreicherin? mußte man ihm zur Einweihung, wie es Isabeau und Katharine von Medicis mit dem ihrigen gethan, die Bluttaufe verleihen durch eine allgemeine Schlächterei?
    Und dennoch blieb, wenn Charny wahrgesprochen, der Erfolg zweifelhaft.
    Kämpfen und besiegt werden? Das waren auf der Seite des politischen Unglücks die Schmerzen der Königin, die aber bei gewissen Wandlungen ihres Nachsinnens aus der Tiefe ihrer Leiden als Königin die Verzweiflung der Frau auftauchen fühlte, die sich weniger geliebt glaubt, weil sie durch ein Übermaß der Liebe verwöhnt ist.
    Charny hatte das, was wir ihn sagen hörten, nicht aus Überzeugung, sondern aus Müdigkeit gesagt; er hatte, wie so viele andere, aus demselben Becher mit ihr die Verleumdungen zum Überdruß getrunken. Hatte Charny, der zum erstenmal von seiner Frau, einem bisher von ihrem Manne vergessenen Geschöpf, mit so sanften Worten gesprochen, hatte Charny vielleicht bemerkt, daß diese junge Frau immer noch schön war? Und bei diesem einzigen Gedanken, der sie brannte wie der verzehrende Biß der Natter, erkannte Marie Antoinette mit Erstaunen, das Unglück sei nichts gegen den Kummer.
    Denn was das Unglück nicht hatte machen können, bewirkte der Kummer bei ihr. Die Frau sprang wütend aus dem Lehnstuhl auf. Das ganze Verhängnis dieses von Leiden bevorzugten Geschöpfs enthüllte sich in der Seelenstimmung von Marie Antoinette während dieser Nacht.
    Wie zugleich dem Unglück und dem Kummer begegnen? fragte sie sich mit unablässig wieder entstehenden Beängstigungen. Sollte man sich entschließen, das königliche Leben aufgebend, in der Mittelmäßigkeit glücklich zu leben; sollte man zu seinemwahren Trianon und zu seiner Hütte, zum Frieden des Sees und zu den unbekannten Freuden der Sennerei zurückkehren; sollte man dieses ganze Volk sich in die Fetzen des Königtums teilen lassen, einige geringfügige Parzellen ausgenommen, welche die Frau mit den bestrittenen Abgaben einiger Getreuen, die durchaus Vasallen bleiben wollten, sich würde aneignen können?
    Ach! hier -- fing die Schlange der Eifersucht wieder an, tiefer zu beißen.
    Glücklich! wäre sie glücklich mit der Demütigung einer verachteten Liebe?
    Glücklich! bei Herrn von Charny, der glücklich wäre bei irgend einer geliebten Frau, bei der seinigen vielleicht?
    Doch mitten unter dieser fieberhaften Qual ein Blitz der Ruhe! mitten unter dieser bebenden Angst ein Genuß! Sollte Gott in seiner unendlichen Güte das Böse nur geschaffen haben, um das Gute schätzen zu lehren?
    Andree hatte der Königin ihre Bekenntnisse gemacht, sie hatte die Schande ihres Lebens

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