Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ange Pitou, Band 2

Titel: Ange Pitou, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
Vom Netzwerk:
ihrer Nebenbuhlerin enthüllt; Andree hatte mit Thränen in den Augen, das Gesicht gegen die Erde gesenkt, Marie Antoinette gestanden, sie sei nicht mehr würdig der Liebe und der Achtung eines ehrlichen Mannes: Charny wird also Andree niemals lieben.
    Charny weiß aber nichts, Charny wird nie etwas wissen von jener Katastrophe von Trianon und von den Folgen, die sie gehabt hat. Für Charny ist es daher, als bestände die Katastrophe gar nicht.
    Und während sie diese Betrachtungen anstellte, prüfte die Königin im Spiegel ihres Gewissens ihre abnehmende Schönheit, ihre verlorene Heiterkeit, ihre entflohene Jugendfrische.
    Dann kehrte sie zu Andree zurück, zu den seltsamen, beinahe unglaublichen Abenteuern, die sie ihr erzählt hatte.
    Sie bewunderte die zauberhafte Kombination des Schicksals, die im Grunde von Trianon, im Schatten der Hütte oder im Kote der Bauernhäuser den kleinen Gärtnerjungen nahm, um ihn mit dem Geschick eines Edelfräuleins zu verbinden, das wiederum mit dem Geschicke einer Königin verbunden ward.Somit, sagte sie sich, somit hätte sich das in den niedrigsten Regionen verlorene Atom, durch eine Laune höherer Anziehungskräfte, ein Diamantteilchen, mit dem göttlichen Gestirne verschmolzen?
    Dieser Gärtnerjunge, dieser Gilbert, war er nicht ein lebendiges Symbol von dem, was zu dieser Stunde sich ereignet, ein Mensch aus dem Volke, aus der Niedrigkeit seiner Geburt hervorgegangen, um sich mit der Politik eines großen Königreichs zu beschäftigen? ein seltsamer Schauspieler, der durch ein Privilegium des bösen Geistes, der über Frankreich schwebte, sowohl die dem Adel angethane Beschimpfung, als den durch den Pöbel gegen das Königtum gemachten Angriff in sich personifizierte.
    Dieser Gilbert, ein Gelehrter geworden, mit dem schwarzen Rocke des dritten Standes bekleidet, der Rat des Herrn Necker, der Vertraute des Königs von Frankreich, würde sich nun durch ein Spiel der Revolution mit der Frau parallel finden, der er nächtlicherweise, wie ein Dieb die Ehre gestohlen!
    Wieder Weib geworden und unwillkürlich schauernd bei der Erinnerung an die klägliche Geschichte, die ihr Andree erzählt hatte, machte es sich die Königin gleichsam zur Pflicht, diesem Gilbert ins Gesicht zu schauen und durch sich selbst in den menschlichen Zügen lesen zu lernen, was Gott von der Offenbarung eines so seltsamen Charakters darin legen konnte. Und trotz des soeben erwähnten Gefühles, das sie über die Demütigung ihrer Nebenbuhlerin beinahe freudig stimmte, waltete dabei ein heftiges Verlangen ob, den Mann zu verletzen, der eine Frau so sehr ins Leid gestürzt hatte.
    Dann war noch der Wunsch, ihn anzuschauen, wer weiß? vielleicht mit der Angst, die Ungeheuer einflößen, verknüpft, den außerordentlichen Mann zu bewundern, der durch ein Verbrechen sein gemeines Blut mit dem edelsten Blut Frankreichs vermischt hatte; diesen Mann, der, wie es schien, die Revolution hatte machen lassen, damit man ihm die Bastille öffne, in der er ohne diese Revolution hätte lernen müssen, es ewig zu vergessen,daß ein Mann vom Bürgerstand das Recht hat, ein Gedächtnis zu besitzen.
    Durch diese fortziehende Folge ihrer Gedanken kam die Königin auf die politischen Schmerzen zurück, und sah auf einem und demselben Haupte die Verantwortlichkeit für alles, was sie gelitten, sich anhäufen.
    Der Urheber der Volksrevolution, welche die königliche Gewalt durch die Zertrümmerung der Bastille erschüttert hatte, war also Gilbert, dessen Grundsätze den Billot, den Maillard, den Elie, den Hullin die Waffen in die Hände gegeben.
    Gilbert war also zugleich ein giftiges und ein erschreckliches Geschöpf; giftig, denn er hatte Andree als Liebender zu Grunde gerichtet; erschrecklich, denn er hatte die Bastille als Feind zertrümmern helfen.
    Man mußte ihn also kennen, um ihn zu vermeiden, oder noch besser, ihn kennen, um sich seiner zu bedienen.
    Man mußte um jeden Preis diesen Mann sprechen, ihn in der Nähe sehen, ihn durch sich selbst beurteilen.
    Die Nacht war zu zwei Dritteln vorüber, es schlug drei Uhr, die Morgendämmerung bleichte die Gipfel der Bäume des Parkes von Versailles und die Spitzen der Statuen.
    Ein schwerer und brennender Schlaf bemächtigte sich allmählich der unglücklichen Frau. Sie fiel, den Hals zurückgeworfen, auf die Lehne eines Fauteuils beim offenen Fenster nieder.
    Sie träumte, sie gehe in Trianon spazieren, und aus einem Gartenbeete komme ein Erdgeist mit fahlem Lächeln, wie man

Weitere Kostenlose Bücher