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Ange Pitou, Band 2

Titel: Ange Pitou, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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Frage ist zarter Natur, und ich weiß, Madame, daß Sie in Bezug auf meine Person mich sehr beengen werden.
    Die Königin konnte sich einer Bewegung der Ungeduld nicht erwehren; sie stand auf und setzte sich dann wieder, ihren raschen, kalten Blick in den Geist des Doktor tauchend.
    Ludwig XVI., als er sah, daß ihm kein andres Mittel blieb, um der ordentlichen und außerordentlichen Folter zu entgehen, setzte sich mit einem schweren Seufzer in einen Lehnstuhl Gilbert gegenüber.
    Um was handelt es sich? fragte die Königin, nachdem sich diese Art Ratsversammlung konstituiert und installiert hatte.
    Gilbert schaute den König zum letztenmal an, als wollte er ihn um Vollmacht bitten, ohne Zwang sprechen zu dürfen.
    Immerzu, mein Gott, immerzu, mein Herr, da es die Königin will, sagte Ludwig XVI.
    Wohl denn, Madame, sagte der Doktor, ich werde mit wenigen Worten Eure Majestät von dem Zwecke meines frühzeitigen Besuches in Versailles unterrichten. Ich kam, um Seiner Majestät zu raten, sich nach Paris zu begeben.
    Ein Funke, der auf die vierhundert Centner Pulver, die damals das Stadthaus enthielt, gefallen wäre, hätte nicht die Explosion hervorgebracht, die diese Worte im Herzen der Königin bewirkten.
    Der König nach Paris! der König! ah!Und sie stieß einen Schrei des Entsetzens aus, der Ludwig XVI. beben machte.
    Da haben Sie es, sprach der König, Gilbert anschauend; was sagte ich Ihnen, Doktor?
    Der König, fuhr Marie Antoinette fort, der König in einer Stadt, die in der Empörung begriffen ist! Der König mitten unter Heugabeln und Sensen! Der König unter diesen Menschen, welche die Schweizer niedergemetzelt, Herrn de Launay und Herrn von Flesselles ermordet haben! der König über den Platz vor dem Stadthause hinschreitend und im Blute seiner Verteidiger watend! ... Sie sind ein Wahnsinniger, mein Herr, daß Sie so gesprochen! Oh! ich wiederhole Ihnen, Sie sind ein Wahnsinniger.
    Gilbert schlug die Augen nieder wie ein Mensch, den der Respekt zurückhält; doch er erwiderte nicht ein Wort.
    Bis in die Tiefe seiner Seele bewegt, drehte sich der König in seinem Lehnstuhle hin und her, wie ein Gefolterter auf dem Rost der Inquisitoren.
    Ist es möglich! fuhr die Königin fort, ist es möglich, daß eine solche Idee in einem verständigen Kopf, in einem französischen Herzen Raum gefunden hat? Wie, mein Herr, Sie wissen also nicht, daß Sie mit dem Nachfolger des heiligen Ludwig, mit dem Urenkel von Ludwig XIV. sprechen?
    Der König stieß mit dem Fuß auf den Teppich.
    Ich denke indessen nicht, fuhr Marie Antoinette abermals fort, ich denke nicht, daß Sie den König des Beistands seiner Garden und seines Heeres berauben wollen; daß Sie ihn aus seinem Palaste, der eine Festung ist, zu locken suchen, um ihn allein und nackt seinen erbittertsten Feinden preiszugeben; Sie haben nicht den Wunsch, den König ermorden zu lassen, nicht wahr, Herr Gilbert?
    Wenn ich glauben könnte, Eure Majestät hege nur einen Augenblick den Gedanken, ich sei eines solchen Verrates fähig, so wäre ich nicht ein Wahnsinniger, sondern würde mich als einen Elenden betrachten. Doch, Gott sei Dank, Sie glauben das ebensowenig als ich; nein, ich bin gekommen, um meinemKönig einen Rat zu geben, weil ich den Rat für gut und sogar für besser als jeden andern halte.
    Die Königin preßte ihre Finger auf ihrer Brust so krampfhaft zusammen, daß der Batist unter dem Drucke krachte.
    Mit einer leichten Bewegung der Ungeduld zuckte der König die Achseln.
    Um Gottes willen! sagte er, hören Sie ihn doch an, Madame; es wird immer noch Zeit sein, nein zu sagen, wenn Sie ihn gehört haben.
    Der König hat recht, Madame, sprach Gilbert; denn was ich Eurer Majestät zu sagen habe, wissen Sie nicht; Sie glauben sich inmitten einer sicheren, ergebenen Armee, einer Armee, bereit, für Sie zu sterben -- Irrtum; unter den französischen Regimentern konspiriert die Hälfte mit den Männern der Wiedergeburt für die revolutionäre Idee.
    Mein Herr, rief die Königin, nehmen Sie sich in acht. Sie beschimpfen die Armee.
    Ganz im Gegenteil, Madame, erwiderte Gilbert, ich spende ihr Lob. Man kann seinen König achten und seinem König ergeben sein, während man zugleich sein Vaterland liebt und der Freiheit ergeben ist.
    Die Königin schleuderte auf Gilbert einen Blick, ähnlich dem flammenden Blitz.
    Mein Herr, rief sie, diese Sprache ...
    Ja, diese Sprache verletzt Sie, Madame, ich begreife das; denn aller Wahrscheinlichkeit nach hört sie Eure

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