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Ange Pitou, Band 2

Titel: Ange Pitou, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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befreit, seinen Gesang und seinen Flug wieder zu beginnen versucht.
    Ah! Sie zweifeln; Sie spotten; Sie verachten. Soll ich Ihnen die entsetzliche Idee mitteilen, die mir durch den Kopf gegangen ist? Hören Sie, Madame, was ich zu thun im Begriffe war: ich wollte Sie verurteilen, mir Ihre innersten Leiden, Ihre verborgensten Gedanken zu enthüllen; ich wollteSie nötigen, sie hier auf diesem Tisch, den Sie in diesem Augenblick berühren, aufzuschreiben; und wenn Sie später erwachend zu sich gekommen wären, hätte ich Ihnen durch Ihre Handschrift bewiesen, wie wenig schimärisch die Macht ist, die Sie zu bestreiten scheinen; wie echt besonders die Geduld -- soll ich es sagen? ja, ich werde es sagen -- die Großmut des Mannes ist, den Sie beleidigt haben, den Sie seit einer Stunde fortwährend beleidigen, ohne daß er Ihnen einen Augenblick das Recht oder den Vorwand dazu gegeben hat.
    Mich nötigen, zu schlafen, mich zwingen, im Schlafe zu sprechen, mich! rief die Königin, völlig erbleichend. Sie hätten das gewagt, mein Herr? Kennen Sie den Umfang der Drohung, die Sie gegen mich aussprechen? Das ist ein Verbrechen der beleidigten Majestät, mein Herr. Bedenken Sie, das ist ein Verbrechen, das ich, sobald ich wieder erwacht und in den Besitz meiner selbst gelangt wäre, mit dem Tode hätte bestrafen lassen.
    Madame, erwiderte Gilbert, die schwindelhafte Aufregung der Königin mit dem Blicke verfolgend, beeilen Sie sich nicht, anzuklagen und besonders zu drohen. Gewiß hätte ich Eure Majestät eingeschläfert; gewiß hätte ich der Frau alle ihre Geheimnisse entrissen; doch sicherlich, glauben Sie mir, wäre es nicht bei einer Gelegenheit, wie diese, geschehen. Es wäre nicht bei einem Alleinsein der Königin mit ihrem Unterthan, der Frau mit einem fremden Manne geschehen; nein, ich hätte die Königin eingeschläfert, das ist wahr, und nichts wäre mir leichter gewesen; doch ich hätte mir nicht erlaubt, sie einzuschläfern, hätte mir nicht erlaubt sie sprechen zu machen, ohne einen Zeugen zu haben.
    Einen Zeugen?
    Ja, Madame, einen Zeugen, der getreu alle Ihre Worte, alle Ihre Geberden, kurz alle Einzelheiten der Szene, die ich hervorgerufen, aufgenommen hätte, um Ihnen selbst nach Vollendung dieser Szene nicht einen Augenblick einen Zweifel zu lassen.
    Einen Zeugen? wiederholte die Königin erschrocken, undwer wäre dieser Zeuge gewesen? Bedenken Sie, mein Herr, das Verbrechen würde sich verdoppelt haben, denn in diesem Fall hätten Sie sich einen Mitschuldigen beigesellt.
    Und wenn dieser Mitschuldige, Madame, kein andrer, als der König selbst gewesen wäre? versetzte Gilbert.
    Der König? rief Marie Antoinette mit einem Schrecken, der die Gattin energischer verriet, als es das Bekenntnis der Somnambule hätte tun können. Oh! Herr Gilbert! Herr Gilbert!
    Der König, fügte Gilbert ruhig bei, der König, Ihre Stütze, Ihr natürlicher Verteidiger, der König, der Ihnen bei Ihrem Erwachen, Madame, erzählt hätte, wie ehrerbietig und stolz zugleich ich der allerverehrtesten Fürstin gedient, meine Wissenschaft zu beweisen.
    Und nachdem Gilbert diese Worte gesprochen, ließ er der Königin volle Zeit, um über ihre Tiefe nachzusinnen.
    Die Königin verharrte einige Minuten in einem Stillschweigen, das nur das Geräusch ihres schweren Atems unterbrach.
    Mein Herr, sprach sie endlich, nach allem, was Sie mir gesagt haben, müssen Sie ein Todfeind sein ...
    Oder ein feuerfester Freund, Madame.
    Unmöglich, mein Herr, die Freundschaft kann nicht neben der Furcht oder dem Mißtrauen leben.
    Die Freundschaft, Madame, im Verhältnis des Untertans zur Königin, kann nur durch das Vertrauen leben, das der Unterthan einflößt. Nicht wahr, Sie werden sich schon gesagt haben, daß derjenige unmöglich ein Feind ist, der sich schon beim ersten Wort das Mittel zu schaden entreißen läßt, ganz besonders, wenn er sich die Waffen des ersten Angriffs verbietet?
    Was Sie da sagen, mein Herr, darf man daran glauben? versetzte die Königin mit Aufmerksamkeit und Bangigkeit, indem sie Gilbert mit einer forschenden Miene anschaute.
    Warum sollten Sie nicht daran glauben, Madame, da Sie alle Beweise von meiner Aufrichtigkeit haben?Man ist veränderlich, mein Herr, man ist veränderlich!
    Madame, ich habe das Gelübde getan, das gewisse in der Handhabung gefährlicher Waffen ausgezeichnete Männer taten, ehe sie ins Feld zogen. Ich werde meine Vorteile immer nur benützen, um das Unrecht, das man mir antun will,

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