Ange Pitou, Band 3
Verfügung stellen.
Mit zwei Worten erzählte er Lafayette alles.
Dann eilte jeder weiter: Lafayette nach dem StadthauseGilbert nach Versailles. Nur, da die Weiber auf dem rechten Ufer der Seine marschierten, folgte er dem linken Ufer.
Nachdem ihn die Weiber verlassen, hatte sich der Platz vor dem Stadthause mit Männern, besonders Nationalgardisten gefüllt.
Auf den Lärm, den die Weiber gemacht, war der Lärm der Sturmglocke und des Generalmarsches gefolgt.
Lafayette durchschritt diese ganze Menge, stieg vor den Stufen ab, und ohne sich um Beifallsrufe, gemischt mit Drohungen, die seine Gegenwart erregte, zu bekümmern, diktierte er einen Brief an den König über den Aufstand, der am Morgen stattgefunden hatte.
Er war an der sechsten Zeile, als die Thüre des Sekretariats ungestüm geöffnet wurde.
Lafayette schlug die Augen auf. Eine Deputation von Grenadieren verlangte vom General empfangen zu werden.
Lafayette winkte der Deputation, und ließ sie eintreten.
Der Grenadier, der das Wort zu führen beauftragt war, ging bis an den Tisch vor und sprach mit fester Stimme:
Mein General, wir sind abgeordnet von zehn Kompagnien Grenadieren; wir halten Sie nicht für einen Verräter, aber wir glauben, daß die Regierung uns verrät. Es ist Zeit, daß alles ein Ende nehme; wir können unsre Bajonette nicht gegen die Weiber kehren, die Brot von uns verlangen. Das Komitee für Anschaffung von Lebensmitteln treibt Unterschleif oder ist unfähig; in dem einen und dem andern Fall muß es anders werden. Das Volk ist unglücklich, die Quelle des Uebels ist in Versailles. Man muß den König holen und nach Paris bringen; man muß das Regiment Flandern und die Gardes-du-corps vernichten, die es gewagt haben, die Kokarde der Nation mit Füßen zu treten. Ist der König zu schwach, um die Krone zu tragen, so lege er sie nieder. Wir werden seinen Sohn krönen, man wird einen Regentschaftsrat ernennen, und alles wird aufs beste gehen.
Lafayette schaut den Redner ganz verwundert an. Er hat Aufstände gesehen, er hat Ermordungen beweint, aber esist das erste Mal, daß ihn der revolutionäre Hauch in Wirklichkeit ins Gesicht trifft.
Daß das Volk die Möglichkeit sieht, des Königs zu entbehren, setzt ihn mehr als in Erstaunen, es bringt ihn in Verwirrung.
Ei! ruft er, habt ihr denn im Sinne, gegen den König Krieg zu führen und ihn zu nötigen, uns zu verlassen?
Mein General, antwortet der Redner, wir lieben und achten den König, und es würde uns sehr leid thun, wenn er uns verließe, denn wir lieben ihn ungemein. Aber sollte er uns verlassen, so haben wir am Ende den Dauphin.
Meine Herren, erwidert Lafayette, gebt wohl acht auf das, was Ihr thut; Ihr rührt die Krone an, und es ist meine Pflicht, dies nicht zu dulden.
Mein General, entgegnet der Nationalgardist, indem er sich verbeugt, wir würden für Sie unser Blut bis auf den letzten Tropfen hingeben. Aber das Volk ist unglücklich; die Quelle des Nebels ist in Versailles, wir müssen den König holen und nach Paris bringen, das Volk will es.
Lafayette sieht, daß er mit seiner Person bezahlen muß. Das ist eine Notwendigkeit, vor der er nie zurückgewichen wäre.
Er geht mitten auf den Platz des Stadthauses hinab und will das Volk anreden; aber das Geschrei: Nach Versailles! nach Versailles! bedeckte seine Stimme.
Plötzlich wird ein gewaltiger Lärm auf der Seite der Rue de la Vannerie hörbar. Es ist Bailly, der sich ebenfalls nach dem Stadthause begiebt.
Bei dem Anblick von Bailly brechen die Schreie: Brot! Brot! Nach Versailles! nach Versailles! auf allen Seiten los.
Zu Fuß, in der Menge verloren, fühlt Lafayette, daß die Flut immer mehr steigt und ihn zu verschlingen im Begriff ist.
Er durchschneidet die Menge, um zu seinem Pferde zu gelangen. Er erreicht es, schwingt sich auf den Sattel und treibt es in der Richtung der Freitreppe an; aber der Weg ist völlig versperrt zwischen ihm und dem Stadthause; Mauern von Menschen sind emporgewachsen.
Beim Henker! mein General, Sie werden bei uns bleiben, rufen diese Menschen.
Zugleich schreien alle Stimmen: Nach Versailles! nach Versailles!
Lafayette schwankt, zögert. Ja, ohne Zweifel kann er, wenn er sich nach Versailles begiebt, dem König sehr nützlich sein; doch wird er auch Herr dieser Volksmasse bleiben, die ihn nach Versailles fortziehen will? Wird er diese Wellen beherrschen, durch die er den Grund verloren hat, und gegen die er selbst, wir er fühlt, für sein eigenes Heil kämpft?
Plötzlich
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