Ange Pitou, Band 3
gelegt.
Sie hatte Flinten, -- es ist wahr, an vielen fehlte der Hahn oder die Batterie, aber keiner fehlte es an einem Bajonett.
Sie hatte eine Menge andrer Waffen, freilich sehr beschwerliche Waffen, aber es waren doch Waffen.
Sie hatte Pulver in Schnupftüchern, in Hauben, in Säcken und unter diesen lebendigen Patrontaschen spazierten die Artilleristen mit ihren angezündeten Lunten. Wenn das ganze Heer während dieses seltsamen Marsches nicht in die Luft geflogen ist, so ist es nur ein Wunder gewesen.
Maillard hat mit einem Blicke die Stimmung seiner Armee erkannt. Alles, was er thun kann, ist, wie er sieht, nicht, sie auf dem Platze zu halten, nicht, sie an Paris zu fesseln, sondern, sie nach Versailles zu führen und, dort angekommen, das Schlimme zu verhindern, das sie thun könnte.
Demzufolge geht Maillard hinab, er nimmt die Trommel,die am Halse des jungen Mädchens hängt. Hungers sterbend, hat das Mädchen nicht mehr die Kraft, sie zu tragen. Es giebt die Trommel hin, schleicht die Mauer entlang und fällt mit dem Kopfe auf einen Weichstein.
Maillard fragt die junge Person nach ihrem Namen. Sie heißt Madeleine Chambry. Sie schnitt in Holz für die Kirchen. Aber wer denkt jetzt daran, die Kirchen mit schönen Arbeiten in Holz zu beschenken?
Aus Hungersnot ist sie Sträußchenmädchen im Palais-Royal geworden. Aber wer denkt jetzt daran, Blumen zu kaufen, während das Geld fehlt, um Brot zu kaufen?
Sie wird nach Versailles kommen, sie, die diese traurige Deputation versammelt hat; da sie aber zu schwach ist, um zu gehen, so wird sie in einem Wagen fahren.
Ist sie in Versailles angekommen, so wird man verlangen, daß sie mit zwölf andern Weibern in den Palast eingeführt werde; sie wird die hungrige Rednerin sein, sie wird beim König für die Sache der Hungrigen sprechen.
Man klatschte Maillard bei diesem Gedanken Beifall.
So hat also Maillard schon mit einem Worte alle feindseligen Dispositionen geändert.
Ungefähr siebentausend Weiber sind versammelt. Sie setzen sich in Marsch; als sie aber in die Nähe der Tuilerien kommen, erheben sie ein gewaltiges Geschrei.
Maillard steigt auf einen Weichstein, um sein ganzes Heer zu überragen.
Was wollt Ihr? fragt er.
Wir wollen durch die Tuilerien ziehen.
Unmöglich, antwortete Maillard.
Und warum unmöglich? schreien siebentausend Stimmen.
Weil die Tuilerien das Haus des Königs und der Garten des Königs sind; weil ohne Erlaubnis des Königs durch dieselben ziehen, den König beleidigen heißt; es heißt mehr, es heißt in der Person des Königs sich an der Freiheit aller vergreifen.
Gut also! sagten die Weiber, bitten wir den Portier um Erlaubnis.
Maillard tritt auf den Portier zu und fragt ihn mit seinem dreieckigen Hut in der Hand:
Mein Freund, gestatten Sie, daß diese Damen durch die Tuilerien ziehen? Man geht nur durch das Gewölbe, und die Pflanzen und Bäume des Gartens sollen nicht beschädigt werden.
Statt jeder Antwort zieht der Portier seinen langen Degen und geht auf Maillard los. Maillard zieht den seinigen, der einen Fuß kürzer ist, und kreuzt die Klinge. Während dieser Zeit nähert sich ein Weib dem Portier und streckt ihn mit einem Besenstielstreich auf den Kopf zu den Füßen Maillards nieder.
Zu gleicher Zeit schickt sich ein andres Weib an, dem Portier das Bajonnett in den Leib zu stoßen.
Maillard steckt seinen Degen wieder in die Scheide, nimmt den des Portiers unter einen Arm, die Flinte des Weibes unter den andern, hebt seinen Hut auf, der während des Streites auf den Boden gefallen ist, drückt ihn wieder auf seinen Kopf und setzt seinen Marsch durch die Tuilerien fort, wo nach seinem Versprechen, kein Schaden angerichtet wird.
Lassen wir sie weiter ziehen durch den Cours-la-Reine und gegen Sevres, wo sie sich in zwei Banden teilen, und sehen wir ein wenig, was in Paris vorging.
Auf den Lärm der siebentausend Weiber, der seinen Widerhall in den entferntesten Quartieren von Paris gefunden hatte, war Lafayette herbeigeeilt.
Er nahm eine Art von Revue auf dem Marsfelde vor. Seit acht Uhr morgens war er zu Pferde; er kam auf den Platz des Stadthauses, als die Mittagsstunde schlug.
Seit dem Anfang der Revolution sprach Lafayette zu Pferde, aß und kommandierte zu Pferde. Als er auf den Quai Pelletier kam, wurde er durch einen Mann aufgehalten, der in starkem Galopp wegritt. Dieser Mann war Gilbert. Er ritt nach Versailles und wollte den König von dem, womit er bedroht war, benachrichtigen und sich zu seiner
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