Ange Pitou, Band 3
so.
Aber Herr Billot hat mich als einen angenommen, der zu seinem Hause gehörte; er schickt mich von Paris zurück, um abermals dazu zu gehören.
Es mag sein, mein Vater konnte Sie nötigen, Arbeiten zu verrichten, die ich Ihnen aufzulegen nicht wagen würde.
Legen Sie sie mir nicht auf.
Ja, dann werden Sie müßig gehen, und das vermöchte ich Ihnen nicht zu erlauben. Mein Vater hatte als Herr das Recht, zu thun, was mir als einer bloßen Stellvertreterin verboten ist. Ich verwalte sein Gut, sein Gut muß eintragen.
Nun ja, da ich arbeiten will, werde ich eintragen; Sie sehen wohl, Jungfer Katharine, Sie drehen sich in einem fehlerhaften Kreise.
Wie beliebt? versetzte Katharine, die die großen Phrasen von Pitou nicht verstand. Was ist ein fehlerhafter Kreis?
Man nennt einen fehlerhaften Kreis ein schlechtes Raisonnement. Nein, lassen Sie mich auf dem Pachthof und geben Sie mir die Frohnen, wenn Sie wollen. Sie werden dann sehen, ob ich ein Gelehrter und ein Faulenzer bin. Uebrigens haben Sie Bücher zu führen und Register in Ordnung zu halten. Das Rechenwesen schlägt eben in mein Fach.
Das ist meiner Ansicht nach keine genügende Beschäftigung für einen Mann, erwiderte Katharine.
Dann bin ich also zu nichts nütze?
Leben Sie immerhin hier, sprach Katharine gelinder, ich werde nachdenken, und wir wollen sehen.
Sie verlangen nachzudenken, um zu wissen, ob Sie mich behalten sollen? Aber was habe ich Ihnen denn gethan, Jungfer Katharine? Ah! Sie waren früher nicht so.
Katharine zuckte unmerklich die Achseln.
Sie hatte Pitou keine guten Gründe anzugeben, und nichtsdestoweniger ermüdete sie offenbar seine Beharrlichkeit.
Sie brach auch das Gespräch ab und sagte:
Genug hiemit, Herr Pitou; ich gehe nach La Ferte-Milon.
Dann sattle ich eiligst Ihr Pferd, Jungfer Katharine.
Durchaus nicht; bleiben Sie im Gegenteil. Sie verbieten, daß ich Sie begleite?
Bleiben Sie, sprach Katharine gebieterisch.
Pitou blieb an seinen Platz genagelt, neigte das Haupt und preßte nach innen eine Thräne zurück, die sein Augenlid brannte, als wäre sie von siedendem Oel gewesen. Katharine ließ Pitou, wo er war, ging weg und gab einem Knechte des Pachthofes den Befehl, ihr Pferd zu satteln.
Ah! murmelte Pitou, Sie finden mich verändert, Jungfer Katharine, doch Sie sind es, und zwar ganz anders als ich.
Was Pitou bestimmt, den Pachthof zu verlassen und nach Haramont, seiner einzigen und wahren Heimat zurückzukehren.
Sich in die Stellung einer ersten Magd fügend, hatte die Mutter Billot ihre Arbeit, ohne es absichtlich zur Schau zu tragen und ohne Bitterkeit, mit gutem Willen wieder aufgenommen. Die Rührigkeit, die in dem landwirtschaftlichen Herrschaftskreis einen Augenblick unterbrochen war, fing nun wieder an, dem Innern eines summenden und arbeitenden Bienenkorbs zu gleichen.
Während man das Pferd für Katharine sattelte, kehrte diese nach dem Hause zurück und warf dabei einen Seitenblick auf Pitou, dessen Leib unbeweglich blieb, während sein Kopf sich drehte wie eine Wetterfahne und der Bewegung des jungen Mädchens folgte, bis es in seinem Zimmer verschwunden war.
Was will Katharine in ihrem Zimmer thun? fragte sich Pitou.
Armer Pitou, was sie thun will! Sie will sich die Haareordnen, eine weiße Haube aufsetzen, einen feineren Strumpf anziehen.
Dann, als diese Ergänzung der Toilette beendigt war, und sie ihr Pferd unter dem Hause stampfen hörte, ging sie hinab, küßte ihre Mutter und ritt weg.
Müßig, schlecht befriedigt durch den kurzen, halb mitleidigen, halb gleichgültigen Blick, den Katharine bei ihrem Abgange auf ihn gerichtet hatte, konnte sich Pitou nicht entschließen, so in der Bangigkeit zu bleiben.
Seitdem er Katharine wiedergesehen, schien es ihm, als könne er ihr Leben durchaus nicht entbehren.
Als Pitou den Tritt des abgehenden Pferdes vernahm, lief er nach der Thüre. Er erblickte nun Katharine, einem schmalen Querwege folgend, der vom Pachthofe nach der Landstraße von La Ferte-Milon führte und unten an einem kleinen Berge ausmündete, dessen Gipfel sich im Walde verliert.
Von der Schwelle dieser Thüre aus sandte er dem Mädchen ein Lebewohl voll Bedauern und Demut zu.
Doch kaum war dieses Lebewohl mit Hand und Herz abgesandt, als Pitou etwas überlegte.
Katharine hatte ihm wohl verbieten können, sie zu begleiten, aber sie konnte ihm nicht verbieten, ihr zu folgen.
Katharine konnte wohl zu Pitou sagen: Ich will Sie nicht sehen; aber sie konnte nicht zu ihm sagen:
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