Ange Pitou, Band 3
Verhaltungsbefehlen meines Mannes? fuhr die Mutter Billot fort, die damit gegen Pitou einige Geneigtheit zum Witz zeigte.
Oh! sagte Katharine, das wäre das Gewerbe eines Faulenzers, das mein Vater Herrn Pitou nicht geraten haben kann, und das Herr Pitou von meinem Vater nicht angenommen hätte.
Pitou ließ erschrocken seine Augen von Katharine zur Mutter Billot laufen; sein ganzes Gerüste stürzte zusammen.
Katharine, ein echtes Weib, begriff Pitous schmerzliche Täuschung.
Herr Pitou, sagte sie, haben Sie in Paris die Mädchen so ihre Ehre bloßstellen sehen, daß sie immer Jungen hinter sich schleppten?
Sie sind aber kein Mädchen, entgegnete Pitou, da Sie die Gebieterin des Hauses sind.
Vorwärts! genug geschwatzt! rief ungestüm die Mutter Billot, die Gebieterin des Hauses hat viele Dinge zu thun. Komm, Katharine, daß ich dir nach den Befehlen deines Vaters das Haus übergebe.
Da begann vor den Augen des erstaunten, unbeweglichen Pitou eine Zeremonie, der es weder an Größe, noch an Poesie in ihrer ländlichen Einfachheit gebrach.
Die Mutter Billot zog ihre Schlüssel vom Bund, händigte einen nach dem andern Katharine ein und übergab ihr das Verzeichnis der Wäsche, der Flaschen, der Möbel und der Vorräte. Sie führte ihre Tochter zu dem alten Sekretär von eingelegter Arbeit vom Jahre 1738 oder 1740, in dem der Vater Billot seine Papiere, seine Louisd'or und den ganzen Schatz und die Archive der Familie verwahrte.
Katharine ließ sich ernst mit der Vollmacht und den Geheimnissen bekleiden; sie befragte ihre Mutter mit Scharfsinn, dachte bei jeder Antwort nach und schien die Unterweisung in die Tiefen ihres Gedächtnisses und ihrer Vernunft wohl zu verschließen.
Nach Untersuchung der Gegenstände des Hauses ging die Mutter Billot zum Vieh über, das man mit großer Genauigkeit in Augenschein nahm.
Doch das war eine einfache Förmlichkeit.
Bei diesem Zweige der Bewirtschaftung hatte das Mädchen schon längst die spezielle Verwaltung.
Den Kopf gesenkt, die Hände hängend, in Gedanken zerstreut, folgte Pitou maschinenmäßig dem Mädchen und seiner Mutter bei ihrem Musterungsgange.
Man hatte kein Wort an ihn gerichtet. Er war da wie ein Wächter im Theater, und sein Helm trug nicht wenig dazu bei, ihm eigentümlich den bizarren Anschein zu geben.
Man ließ sodann Knechte und Mägde die Revue passieren.
Die Mutter Billot befahl, einen Halbkreis zu bilden, in dessen Mitte sie sich stellte.
Meine Kinder, sagte sie, unser Herr kommt noch nicht von Paris zurück; doch hat er uns einen Stellvertreter gewählt.
Das ist meine Tochter Katharine hier, die noch im Alter der fröhlichen Jugend und ungeschwächten Stärke steht; ich, ich bin alt und habe einen schwachen Kopf. Der Herr hat wohl gethan. Die Gebieterin des Hauses ist nun Katharine. Das Geld giebt und empfängt sie. Ihre Befehle werde ich zuerst einholen und vollziehen; diejenigen von Euch, die ungehorsam wären, hätten es mit ihr zu thun.
Katharine fügte kein Wort bei. Sie küßte ihre Mutter zärtlich. Die Wirkung dieses Kusses war größer als alle Phrasen. Die Mutter Billot weinte.
Alle Knechte begrüßten die neue Herrschaft durch Zuruf.
Sogleich trat Katharine in Funktion und verteilte die Dienste. Jeder empfing seinen Auftrag und ging weg, um ihn mit dem guten Willen auszuführen, mit dem man beim Anfang einer Regierung zu Werke geht.
Pitou, der allein geblieben, näherte sich am Schlusse Katharine und sagte zu ihr: Und ich?
Ah! antwortete sie, ich habe Ihnen nichts zu befehlen.
Wie, ich soll also bleiben, um nichts zu thun?
Was wollen Sie thun?
Was ich vor meinem Abgang that.
Vor Ihrem Abgang waren Sie von meiner Mutter aufgenommen.
Aber Sie sind die Gebieterin, geben Sie mir Arbeit.
Ich habe keine für Sie, Herr Ange.
Warum nicht?
Weil Sie ein Gelehrter, ein Herr von Paris sind, dem diese bäuerischen Arbeiten nicht anstehen.
Ist es möglich! rief Pitou.
Katharine machte ein Zeichen, das besagen wollte: Es sei so.
Ich, ein Gelehrter! wiederholte Pitou. Aber sehen Sie doch meine Arme, Jungfer Katharine.
Gleichviel.
Ei, Jungfer Katharine, sprach der arme Junge in Verzweiflung, warum sollten Sie mich denn unter dem Vorwand, ich sei ein Gelehrter, nötigen, Hungers zu sterben? Sie wissen also nicht, daß der Philosoph Epiktet diente, um zu essen, daß der Fabeldichter Aesop sein Brot im Schweiße seines Angesichts aß? Das waren doch gelehrtere Leute als ich, diese zwei Herren.
Was wollen Sie? das ist nun
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