Angeklagt - Dr. Bruckner
aufgesprungen, griff nach seinem Krückstock und ging in seinem Zimmer auf und ab, bis er neben Oberarzt Wagner stehenblieb, der mit der Zeitung in der Hand vor dem Schreibtisch stand.
»Da müssen wir etwas unternehmen. Dieser Verdacht, der da auf unsere Klinik fällt, ist ungeheuerlich. Oder besser – ich rufe selbst einmal an.« Professor Bergmann ließ sich in seinen Sessel fallen, nahm den Hörer ab, drückte auf einen Knopf und wartete, bis sich die Sekretärin meldete. »Verbinden Sie mich sofort mit der Redaktion der ›Großen Glocke‹. Ich möchte Herrn –«, er schaute fragend Dr. Wagner an, der mit leicht gekrümmtem Rücken vor ihm stand, »wie hieß der Mann doch, dessen Mutter hier gestorben ist?«
»Schnell, Peter Schnell!« Bei jedem Wort deutete Oberarzt Wagner eine Verbeugung an.
»Wollen Sie mich bitte mit Herrn Schnell verbinden.« Er knallte den Hörer auf die Gabel, nahm wieder die Zeitung in die Hand, setzte seine Brille auf und las noch einmal kopfschüttelnd den Artikel. »So etwas ist doch eine Verleumdung!«
»Und es fällt auf mich zurück«, bestätigte Oberarzt Wagner und fuhr fort:
»Kollege Bruckner ist ja nicht namentlich genannt. Es steht nur Oberarzt da. Also muß jeder annehmen, der den Artikel liest, daß ich gemeint bin.« Er nahm seine Brille ab, blickte durch die Gläser hindurch, putzte sie und schaute den Professor kurzsichtig an. »Im übrigen ist es ja auch wirklich verwunderlich, daß drei Menschen hintereinander sterben, die vom selben Chirurgen operiert worden sind.«
»Das steht im Augenblick nicht zur Diskussion. Hauptsache ist, daß wir unsere Klinik von diesem unerhörten Verdacht reinigen müssen. Ich habe …« Er wurde durch das Läuten des Telefons unterbrochen, griff nach dem Hörer, hielt ihn ans Ohr und meldete sich.
»Bergmann-Klinik?«
Oberarzt Wagner war ganz nahe an den Schreibtisch herangetreten. Er beugte sich weit vor, um sich nichts von dem entgehen zu lassen, was gesagt wurde.
»Hier spricht Professor Bergmann von der Bergmann-Klinik«, wiederholte der Professor. »Ich glaube, ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wer ich bin.«
Bergmann machte eine Pause. Man merkte es ihm an, daß er sehr erregt war. »Ich möchte mit Herrn Schnell sprechen, dem Urheber des Artikels gegen meine Klinik!«
Oberarzt Wagner wich unwillkürlich etwas zurück. Die Stimme des Professors hatte einen scharfen Ton angenommen.
»Ist der Artikel namentlich gekennzeichnet?« hörte Oberarzt Wagner die Stimme im Telefon fragen.
Die Blicke des Professors glitten über den Artikel. Er schüttelte den Kopf. »Nein – er ist anonym.«
»Dann müssen wir erst feststellen, wer ihn geschrieben hat.«
»Es kann sich nur um Herrn Peter Schnell handeln. Geben Sie mir ihn bitte endlich …«, wieder machte der Professor eine kurze Pause.
»Herr Peter Schnell«, wiederholte der Teilnehmer den Namen, »ist freier Mitarbeiter. Der ist nicht in der Redaktion zu erreichen. Den müssen Sie in seiner Wohnung anrufen.«
»Dann geben Sie mir die Anschrift!«
»Das kann ich leider nicht tun. Fragen Sie am besten bei der Auskunft nach. Guten Tag!«
Es wurde eingehängt.
Professor Bergmanns Gesicht lief rot an. Er knallte den Hörer auf die Gabel. »Manieren sind das!« Er sprang auf und trat auf Dr. Wagner zu. »Stellen Sie fest, wo dieser Peter Schnell wohnt. Sie haben die Anschrift sicherlich in der Krankengeschichte. Und sagen Sie mir sofort Bescheid!«
»Ich werde den Kollegen Bruckner benachrichtigen. Soviel ich weiß, hat er diesen Bericht noch gar nicht gelesen.«
»Besorgen Sie mir zunächst die Anschrift dieses Peter Schnell. Sofort!« Bergmann ging zur Tür. Mit einer unmißverständlichen Bewegung öffnete er sie und wartete, bis Wagner sein Zimmer verlassen hatte. Dann setzte er sich wieder an den Schreibtisch, überlas den Artikel noch einmal und schüttelte den Kopf. Die Worte Dr. Wagners fielen ihm wieder ein, daß es doch reichlich merkwürdig sei, wenn sich ausgerechnet drei Todesfälle hintereinander ereigneten, und alle bei Patienten, die von ein und demselben Chirurgen operiert worden waren. Er nahm wieder den Hörer und wählte eine Nummer. »Schicken Sie mir Herrn Bruckner.«
»Dr. Bruckner operiert«, wurde ihm gesagt. »Kann ich ihm etwas ausrichten?«
Der Professor überlegte einen Augenblick, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, ich rufe später noch einmal an.«
»Sie sind die erste!« Dr. Bruckner nickte Barbara Pellenz zu, die den Waschraum
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