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Angeklagt - Dr. Bruckner

Titel: Angeklagt - Dr. Bruckner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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unserer Klinik leidet! Und vor allen Dingen mein Ruf. Schließlich ist Kollege Bruckner ja nicht namentlich genannt worden. Man sprach nur von einem Oberarzt!«
    »Man sollte einen Brief an die Zeitung schreiben und sich das verbitten.«
    »Das wird wenig nützen. Professor Bergmann hat schon versucht, den verantwortlichen Redakteur zu sprechen, aber den gibt es anscheinend nicht. Da fällt mir übrigens etwas ein …« Dr. Wagner legte seine Hand auf die Schulter des Pflegers. »Wie wäre es, wenn Sie einen Leserbrief schrieben?«
    »Ich soll einen Leserbrief schreiben?« Entsetzt schaute Siegfried Buhmann Dr. Wagner an. »Warum ich?«
    »Weil Sie unbefangen sind. Ich kann keinen Brief schreiben. Dann sieht es so aus, als ob ich mich reinwaschen will, und Professor Bergmann schreibt keine Leserbriefe. Vom Kollegen Bruckner kann man nicht erwarten, daß er sich selbst verteidigt …«
    »Aber was soll ich denn da schreiben?«
    Oberarzt Wagner dachte nach. »Ganz einfach! Sie schreiben, daß Sie Pfleger an dieser Klinik sind und wissen, daß nicht ich, Oberarzt Wagner, sondern der zweite Oberarzt, Dr. Bruckner, die Operation durchgeführt hat. Tun Sie das bitte – es würde mir sehr viel helfen. Und –«, Wagner hob seinen Finger, »es soll Ihr Schaden nicht sein.«
    Siegfried Buhmann kratzte sich hinter dem Ohr. »Ich falle nicht gern auf. Dann veröffentlicht man ja wohl auch meinen Namen? Und das finde ich … degoutant!«
    »Vielleicht schreiben Sie, daß man Ihren Namen nicht veröffentlichen soll, damit Sie keinen Ärger an der Klinik bekommen? Eine Zeitung wie die ›Große Glocke‹ hat sicherlich dafür alles Verständnis. Ich helfe Ihnen auch bei der Abfassung des Briefes. Am besten kommen Sie heute nachmittag zu mir. Dann entwerfen wir den Brief gemeinsam. Sie tun damit nicht nur etwas für mich –«, die Stimme Wagners nahm einen pathetischen Klang an, »sondern auch für die Klinik, der Sie ja angehören. Sagen wir heute nachmittag um –«, er dachte nach, »um sechzehn Uhr?«
    »Ich werde kommen, Herr Oberarzt. Um Ihnen zu helfen …« Siegfried Buhmann verbeugte sich vor Dr. Wagner.
    »Ich konnte es mir denken, daß Sie mich nicht im Stich lassen würden. Es trifft einen hart, wenn man zu Unrecht beschuldigt wird. Also – bis heute nachmittag!«

4
    Oberarzt Dr. Thomas Bruckner hatte die Bauchhöhle geöffnet. Mit langen stumpfen Haken hielt Barbara Pellenz die Bauchdecke auseinander. Chiron stellte die Lampe so ein, daß ihr Schein genau auf das Operationsgebiet fiel.
    »Wo ist der Pfleger Buhmann?« Schwester Euphrosines Stimme klang ärgerlich.
    »Er ist gerade mal hinausgegangen«, antwortete eine junge Schwester.
    »Sterile Tücher!«
    Dr. Bruckner faßte in die Tiefe des Leibes hinein. Er zog ein schürzenförmiges Gebilde nach vorn. »Das Große Netz! Schauen Sie nur –«, er deutete auf kleine weiße Erhebungen, mit denen das Gewebe übersät war, als seien Reiskörner darauf verstreut worden, »alles Metastasen! Schrecklich, daß man noch nichts gegen diese Krankheit gefunden hat.« Er griff abermals hinein, holte einen Darmteil heraus, zog ihn an die Oberfläche und betastete ihn. Dann winkte er Barbara Pellenz zu, das gleiche zu tun.
    »Hier fühlen Sie in der Tiefe den Tumor! Er füllt das ganze Lumen aus und ist hart wie eine Apfelsine.«
    Barbara fühlte nach. Ihr Gesicht wurde ernst. »Schade, daß man ihn nicht einfach herausnehmen kann.«
    »Das hat keinen Zweck bei den vielen Metastasen, die der Patient bereits hat. Ich möchte den kranken Darmteil auch nicht resezieren. Das wäre nur eine zusätzliche Belastung für den Körper. Wir werden uns hier mit dem kleinstmöglichen Eingriff begnügen, und das ist eine Umgehungsanastomose.«
    Während er sprach, hatte er einen neuen Darmteil aus der Tiefe herausgeholt, wesentlich schlanker als der Dickdarm, der bereits vor der Bauchhöhle lag.
    »Da haben wir den Dünndarm. Den werde ich jetzt jenseits der verschlossenen Stelle mit dem Dickdarm verbinden. Dann kann die Nahrung unter Umgehung des Tumors den Darm passieren und nach außen gelangen. Schauen Sie nur, wie gebläht der Darm oberhalb des Tumors ist! Da ging praktisch nichts mehr durch. Es staute sich alles zurück.« Er zog den Dünndarm an den Dickdarm heran und streckte seine Hand aus.
    »Federnde Klemmen!«
    Schwester Euphrosine reichte ihm die langen, leicht gebogenen Klemmen. Dr. Bruckner verschloß mit ihnen einen Teil des Dünndarms und des Dickdarms, legte

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