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Angeklagt - Dr. Bruckner

Titel: Angeklagt - Dr. Bruckner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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dann die beiden Klemmen so nebeneinander, daß sich die Darmteile, die sich in der Schnauze befanden, berührten.
    »Naht!«
    »Ist schon da!« Schwester Euphrosine reichte Dr. Bruckner den Nadelhalter mit der eingefädelten Nadel. Mit ein paar Stichen befestigte Dr. Bruckner rasch, aber sicher die beiden Darmteile aneinander.
    Dann sagte er zu seiner Assistentin: »Stellen Sie den Sauger ein. Ich eröffne jetzt das Darmlumen.«
    Der Pfleger Chiron legte den Hebel an der Motorpumpe um, die summend ihr monotones Lied begann. Dr. Bruckner durchtrennte parallel die beiden Därme, legte jetzt die Schnitte so zusammen, daß die beiden Darmteile offen miteinander verbunden waren, so daß der Inhalt des Dünndarmes in den Dickdarm gelangen konnte.
    »Fünfzehn Minuten!« kommentierte Anästhesist Dr. Phisto. »Eine Rekordzeit.«
    »Wir müssen uns hier trotz aller modernen Narkosetechniken doch ziemlich beeilen. Je kürzer der Eingriff dauert, desto besser ist es für den Heilungsprozeß.«
    Bruckner entfernte die Klemmen, stopfte die Därme in das Innere der Bauchhöhle zurück und klemmte die äußeren Wundränder fest.
    »Bauchdeckennaht!« bat er dann.
    Schwester Euphrosine reichte ihm von neuem einen Nadelhalter. Dr. Bruckner begann, die Bauchdecken zu verschließen.
    »Soll der Patient in die Intensivstation?« Chiron stand mit Verbandsmaterial hinter Dr. Bruckner und wartete darauf, daß die Naht beendet wurde.
    »Nein, bringen Sie ihn auf normale Station. Herr Wegener soll nicht das Gefühl haben, daß etwas Besonderes mit ihm geschehen ist oder daß er besonders pflegebedürftig sei. Er kann auch jederzeit Besuch haben.« Dr. Bruckner hielt die geknüpften Fäden hoch und nickte der Assistentin Pellenz zu, die sie der Reihe nach mit einer Schere abschnitt. »Er könnte sogar nach Hause, wenn seine Frau damit einverstanden ist, ihn zu pflegen.«
    »Um ihm ein menschliches Sterben zu ermöglichen«, ergänzte Barbara Pellenz.
    »So ist es.« Bruckner nahm einige Mullappen vom Instrumententisch und legte sie über die Operations wunde. Aus Chirons Hand nahm er Heftpflaster, klebte den Verband fest und nickte Dr. Phisto zu. »Soweit scheint er alles gut überstanden zu haben?«
    »Ja – die Narkose hat er gut überstanden. Jetzt hoffen wir nur, daß er den Eingriff übersteht.«
    »Da habe ich keine Bedenken. Der Eingriff war so klein daß man ihn kaum als Operation bezeichnen kann. Wir haben ja nichts weiter gemacht, als zwei Därme miteinander verbunden.«
    »Viel mehr haben Sie bei den Patientinnen auch nicht gemacht, deren Tod man Ihnen in der Zeitung vorwirft.« Dr. Phisto entfernte die Narkosemaske vom Gesicht des Operierten. Er griff nach einem Handtuch und wischte dem alten Wegener den Schweiß von der Stirn. »Er kann also auf Station?«
    »Ja, fahren Sie ihn hin.«
    Der Pfleger Buhmann erschien in der Tür. »Die Frau des Patienten ist auf Station«, wandte er sich an Dr. Bruckner. »Sie möchte Sie sprechen.«
    »Ich komme sofort.« Dr. Bruckner betrat den Umkleideraum. Er legte seine Operationskleidung ab, wusch sich, zog seine Stationswäsche an, schlüpfte in den weißen Kittel und wartete, bis Dr. Heidmann gleichfalls fertig war. »Kommen Sie, begleiten Sie mich«, bat er ihn.
    Dr. Heidmann wollte ihn fragen, ob er Bedenken habe, allein mit Frau Wegener zu sprechen, aber irgend etwas im Ausdruck Dr. Bruckners hielt ihn davon ab. »Ich komme sofort. Warten Sie einen Augenblick …« Er sah noch einmal in den Operationssaal hinein, nickte Dr. Phisto zu, der gerade die Trage, auf der der Patient lag, mit aus dem Saal schob. »Brauchen Sie mich jetzt?«
    Dr. Phisto schüttelte den Kopf. »Nein, ich kümmere mich schon um ihn.«
    Dr. Heidmann ging zu dem wartenden Dr. Bruckner. »Es war ja wirklich nicht sehr nett von Ihrem Kollegen Wagner, ausgerechnet während der Operation Ihnen so etwas mitzuteilen.«
    Die beiden Ärzte hatten den Fahrstuhl erreicht. Dr. Bruckner drückte auf den Knopf, der den Lift herbeiholte. Er zuckte mit den Schultern. »Irgendwann hätte ich es ja erfahren – ich mußte es sogar erfahren. Schließlich geht es mich ja im wesentlichen an. Es wäre viel peinlicher gewesen, wenn ich auf diese Angelegenheit von einem Patienten angesprochen worden wäre und hätte es nicht vorher gewußt. Das sieht dann immer so aus, als ob man sich reinwaschen wollte.«
    Der Fahrstuhl kam. Bruckner öffnete die Tür. Gemeinsam mit Heidmann fuhr er zur Station.
    Schwester Angelika kam ihnen entgegen.

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