Angeklagt - Dr. Bruckner
zweiten Stuhl. »Nehmen Sie erst einmal Platz, Kollege Bruckner«, forderte er den Oberarzt auf. »Ich glaube, ich erzähle Ihnen diese Nachricht lieber im Sitzen. Sonst kippen Sie mir noch aus den Pantinen.«
Thomas Bruckner legte die Pfeife in den Aschenbecher, nahm am Schreibtisch Platz und schaute Dr. Phisto fragend an. »Sie machen die Sache ja verdammt spannend. Hatte dieser Anruf etwa mit der Sterbe-Affäre zu tun?«
»Ja! Es hat jemand eine Einweisung abgesagt; mit dem Bemerken, daß er sich nicht in eine Klinik legt, in der dauernd Leute sterben.«
»Dauernd sterben!« Dr. Bruckner war aufgesprungen und wiederholte die letzten Worte. »So rasch wird verallgemeinert! Es ist schon schlimm. Niemand wird sich mehr von mir operieren lassen, wenn die Presse es will.«
»Am besten gehen Sie zu diesem Kerl hin und stellen ihn zur Rede«, schlug Dr. Phisto vor. »Meinen Sie nicht auch, Frau Pellenz«, wandte er sich an die schwarzhaarige Studentin, die eingetreten war.
»Worum geht es denn?«
»Dieser Kerl Peter Schnell«, Dr. Phisto hatte Mühe, seine Stimme in Schach zu halten, »hat bereits wieder einen Schuß gegen Dr. Bruckner losgefeuert. Diesmal sogar mit voller Namensnennung! Und der Erfolg ist schon da: Eben hat ein Patient abgesagt! Er fürchtet um sein Leben!«
»Er hat schon wieder etwas veröffentlicht?« Ungläubig schaute Barbara Pellenz Dr. Bruckner an, der ihr die Zeitung reichte. »Hier steht es. Lesen Sie nur! Es ist schon schlimm, was man alles mit einem Menschen machen kann.«
Die Studentin überlegte, ob sie den Ärzten mitteilen sollte, daß sie heute Abend mit Peter Schnell verabredet sei und daß sie versuchen wolle, ihn von seinem wahnsinnigen Vorhaben abzubringen. Aber dann zog sie es doch vor zu schweigen. Man würde sie wahrscheinlich nur mit Mißtrauen betrachten und sie für eine Komplizin des Mannes halten, der Dr. Bruckner Rache geschworen hatte.
»Sie kennen ihn doch ganz gut, nicht wahr?« Dr. Phistos Stimme klang lauernd. Er schaute sie forschend durch seine scharfen Brillengläser an. »Sie waren doch mit ihm verabredet.«
»Ist das verboten?« konnte sich Barbara Pellenz nicht enthalten zu antworten. »Ich sagte Ihnen bereits, daß ich mich ein wenig um ihn kümmere.«
»Dann kümmern Sie sich doch bitte auch darum, daß er unseren Oberarzt Bruckner in Zukunft in Ruhe läßt!«
»Ich wollte gern Herrn Oberarzt Wagner sprechen!« Der Pfleger Buhmann stand vor der Sekretärin, die die Oberärzte betreute.
»Oberarzt Wagner hat sich einen Augenblick zurückgezogen. Er wünscht keine Besucher.«
»Mich wird er schon empfangen. Er erwartet mich. Ich bin mit ihm verabredet!«
Die Sekretärin schaute mißtrauisch den dicken Pfleger an, der mit verschwitztem Gesicht, hochrot vor Aufregung, vor ihr stand.
»Sie sind mit ihm verabredet?« Skeptisch nahm sie den Telefonhörer ab, wählte eine Nummer und wartete, bis sich Oberarzt Wagner meldete. »Hier ist Herr Buhmann und sagt, er sei mit Ihnen verabredet?« Sie nickte, legte den Hörer auf und deutete auf eine Tür im Hintergrund. »Sie haben recht. Gehen Sie schon mal hinein.«
Bevor Siegfried Buhmann noch die Tür erreicht hatte, öffnete sich diese schon. Dr. Wagner kam heraus. »Kommen Sie nur – kommen Sie nur …« Er faßte den Pfleger an den Arm und zog ihn ins Zimmer hinein. »Wir wollten über den Brief sprechen, den Sie an die Zeitung schreiben werden, nicht wahr?«
Buhmann nickte lächelnd. »Ich glaube, das ist nicht mehr nötig. Haben Sie schon –«, er griff in die Tasche und holte eine zusammengefaltete Zeitung heraus, »diese Nachmittagsausgabe gelesen?«
»Nein – steht da etwa wieder was drin?«
»Etwas, was Sie erfreuen wird. Da –«, Buhmann deutete auf eine Spalte, »ich habe es markiert.«
Oberarzt Wagner ließ sich in einen Sessel fallen. Er drückte seine Brille näher an seine kurzsichtigen Augen und überflog die Zeilen. »Da steht also drin, daß nicht ich gemeint war, sondern …«
»Das habe ich veranlaßt! Ich habe Herrn Schnell angerufen und ihm die ganze Sachlage eingehend geschildert. Er versprach mir, sofort für Abhilfe zu sorgen.«
»Aber daß das so schnell geht?« Mißtrauisch blickte Dr Wagner den Pfleger an, der ihm gegenüber Platz genommen hatte. »Soviel ich weiß, dauert es doch immer eine ganze Weile, bis eine Zeitung zusammengesetzt ist …«
»Das habe ich auch geglaubt, aber Herr Schnell sagte mir, daß diese Zeitung immer eine freie Spalte behält für
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