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Angeklagt - Dr. Bruckner

Titel: Angeklagt - Dr. Bruckner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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auch hin. Hier haben wir einen wunderschönen Blick über unsere Dachterrasse.«
    Sie schaute sich im Zimmer um. »Sie haben es überhaupt neu hier.«
    »Mutter hat dafür gesorgt, daß alles so gemütlich ist. Ich habe es noch nicht überwunden, daß sie nie mehr hier sein wird. Es ist alles so leer …« Er blieb vor einem Bild stehen, das auf dem Kaminsims stand.
    Barbara trat zu ihm. Sie blickte über seine Schulter auf das Foto. »Das ist sie, nicht wahr?«
    »Ja – das ist sie.« Er nahm das Bild in die Hand, betrachtete es und reichte es Barbara. »Sie können sich nicht vorstellen, wie lieb sie war, wie schön sie war – das ist nicht etwa ein Jugendbild. Und nun –«, seine Stimme wurde bitter, »mußte sie in die ser Klinik sterben, nur weil ein Arzt sich nicht die erforderliche Mühe gab, die Operation so durchzuführen, daß sie am Leben bleiben konnte.«
    In seiner Stimme lag ein verhaltenes Schluchzen, anders konnte Barbara den Tonfall nicht bezeichnen. Er stellte das Bild wieder auf den Sims zurück.
    Barbara glaubte, eine Träne in seinem Auge zu sehen. Er tat ihr unendlich leid. Sie legte ihm voller Mitgefühl die Hand auf die Schulter. »Sie werden darüber hinwegkommen.«
    »Das glaube ich nicht. Sie würden das nicht sagen, wenn Sie Mutter gekannt hätten.« Dann brach ein Schluchzen aus ihm heraus. Es war, als ob ein Fels von einem inneren Beben erschüttert würde. Tränen stürzten aus seinen Augen.
    Sie erschrak, legte beide Arme um seinen Hals und zog ihn an sich. Er barg sein Gesicht an ihrer Brust. Sanft streichelte sie ihm das Haar. »Bitte –, nicht weinen! Ich bin ja bei Ihnen.«
    Er blickte mit traurigen Augen zu ihr auf. »Sie gleichen irgendwie meiner Mutter. Sie haben das gleiche Wesen – die gleiche Güte …« Er betrachtete sie lange. Dann breitete er seine Arme aus, schlang sie um sie, zog sie an sich, drückte seine Wange an ihre Wange …
    Barbara erschrak zutiefst. Die Berührung war ihr alles andere als unangenehm. Sie mußte sich gestehen, daß sie eine sehr große Sympathie für diesen Mann empfand. Sie hätte nichts dagegen gehabt, wenn sich alles etwas langsamer entwickelt hätte, aber es kam nun so plötzlich, daß sie etwas ratlos war.
    Einen Augenblick stand sie wie gelähmt da und ließ es geschehen, daß er ihre Wange streichelte. Dann strich sie ihm mit der Hand über das Haar. »Du lieber, dummer großer Junge du!«
    Er schaute sie glücklich lächelnd an. »Du heißt Barbara, nicht wahr – nenn mich Peter! Komm …« Er ließ von ihr ab, nahm sie bei der Hand und führte sie zu dem großen Sessel, der am Glastisch stand, auf den er ihre Blumen gestellt hatte.
    »Wir trinken ein Glas Wein auf das Andenken meiner Mutter –«, er hielt inne, stutzte und fuhr fort: »und auf dich – auf uns beide! Du –«, er griff nach ihren Händen, »ich bin so froh, daß du da bist, daß du gekommen bist. Du bleibst bei mir und verläßt mich nicht?«
    »Warum sollte ich dich verlassen? Ich –«, sie überlegte, wie sie am besten ihre Worte formulieren sollte, »mag dich auch gern – sehr gern.«
    Jemand hatte Barbara an der Schulter berührt. Sie öffnete die Augen und schaute in ein Gesicht, das ihr zunächst fremd war. Sie konnte dieses Gesicht mit ihrem morgendlichen Aufwachen in keinen Zusammenhang bringen. Es dauerte einen Augenblick, bis in ihr Bewußtsein drang, wer der Mann war, dem dieses Gesicht gehörte.
    »Peter!«
    Sie richtete sich auf und schaute erschrocken um sich. »Wie komme ich hierher?«
    Peter Schnell zog sich einen Stuhl heran und setzte sich an ihre Seite. Sie lag in einem Himmelbett, offensichtlich in einem Schlafzimmer, das einer Frau gehörte. Peter war im Morgenmantel und roch frisch nach Rasierwasser.
    »Wo bin ich hier?«
    Sie merkte, kaum, daß sie die Worte ausgesprochen hatte, daß es eine unsinnige Frage war. Sie wußte, wo sie war: in der Wohnung von Peter Schnell.
    Er griff jetzt nach ihrer Hand und hielt sie fest. »Du bist im Schlafzimmer meiner Mutter. Ich habe dich geweckt, weil –«, er deutete auf die Uhr, die auf der Kommode stand, »du mir gesagt hast, daß du heute um acht Uhr in der Klinik sein mußt. Es ist sieben.« Er stand auf und deutete lächelnd auf die Tür. »Das Frühstück ist fertig. Du brauchst nur aufzustehen. Ich habe es für Mutter auch immer gemacht. Sie liebte es, sich an einen gedeckten Tisch zu setzen. Sie hat nie im Bett gefrühstückt. Wenn du allerdings …«
    »Nein!« Barbara

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