Angeklagt - Dr. Bruckner
aktuelle Fälle. Wenn einmal etwas überraschend geschieht, kann die Meldung schnellstens eingeschoben werden. Und da man heute anscheinend nichts Besseres hatte, kam diese Meldung sofort in die Zeitung. Sie sehen, daß es gar nicht nötig ist, einen Leserbrief zu schreiben. So wirkt es ja noch viel besser!« Er schaute Oberarzt Wagner stolz an.
»Sie haben recht; so hat es einen viel höheren Wahrscheinlichkeitswert. Auf alle Fälle bin ich rehabilitiert. Aber irgend etwas stimmt doch an der ganzen Angelegenheit nicht. Man müßte herausfinden, warum diese drei Menschen hintereinander gestorben sind. Wenn ich ganz ehrlich sein soll, muß ich gestehen, daß mir die Angelegenheit verdammt unheimlich ist. Vielleicht sollte man wirklich einen Untersuchungsausschuß einsetzen.«
Der Pfleger Buhmann hob erschrocken die Hände. »Das würde ich sein lassen! Seien Sie doch froh, daß Sie jetzt aus dem Schneider sind, wenn ich einmal so sagen darf. Außerdem –«, er faltete seine Hände in der gewohnten Art und schaute zum Himmel, »brauchen die armen Frauen nicht mehr zu leiden. Sie haben endlich ihre Ruhe gefunden. Warum soll man Menschen, denen man nicht mehr helfen kann, durch Operationen quälen und ihnen dieses armselige Dasein auf Erden verlängern? Es hat doch keinen Zweck!«
Oberarzt Wagner schaute den Pfleger verblüfft an. »Aber wir haben kein Recht, Menschen, nur weil sie leiden, ins Jenseits zu befördern!«
»Wir haben auch kein Recht, ihr Leben künstlich zu verlängern. Das meine ich jedenfalls.« Er stand auf. Oberarzt Wagner stellte zwei Gläser auf den Tisch, nahm eine Flasche aus dem Schrank und wollte eingießen.
Der Pfleger wehrte entsetzt ab. »Vielen Dank, ich trinke keinen Alkohol. Ich freue mich, daß ich Ihnen helfen konnte. Das genügt mir. Allein die Genugtuung, einem anderen Menschen geholfen zu haben, ist mir mehr wert als jede noch so teure Belohnung!«
Er ging zur Tür, blieb noch einen Augenblick stehen und schaute mit einem verklärten Blick Dr. Wagner an. »Wenn Sie mich wieder einmal in irgendeiner Angelegenheit brauchen, so will ich Ihnen gern helfen. Sie wissen, daß ich für Sie immer zur Verfügung stehe.«
Er ging rückwärts zur Tür hinaus. Dr. Wagner begleitete ihn und schaute ihm skeptisch nach. »Ich werde auf Sie zurückgreifen, wenn ich Sie wieder einmal benötige. Jedenfalls danke ich Ihnen vorläufig …«
»Ich wollte Sie so gern heute einmal in meine Wohnung einladen.« Peter Schnell hatte Barbara Pellenz an der Straßenbahnhaltestelle abgeholt. Sie hatte ihn zwar gebeten, zur Klinik zu kommen und dort auf sie zu warten, aber das hatte er abgelehnt.
»Sie verstehen, daß ich diese Klinik nach Möglichkeit nicht wiedersehen möchte«, hatte er in bitterem Ton gesagt.
Er hatte ein Taxi herangewinkt und war mit ihr zu seiner Wohnung in der Eigelsteingegend gefahren. »Hier wohnte meine Mutter seit meiner Geburt«, hatte er ihr erklärt, als der Wagen vor dem Altbau hielt. Er stieg aus, zahlte das Taxi und schloß die Tür auf. Sie gingen die Treppen hinauf.
»Fahrstühle haben wir nicht. Ich wohne im vierten Stock, aber das ist gut für die Gesundheit. Das Treppensteigen hat meine Mutter bis zuletzt in Form gehalten. Sie meinte immer, daß es viel besser für die Gesundheit sei als alle Gymnastik, die man heute ausführt, um fit zu bleiben.«
Barbara hatte ihm einen Strauß mitgebracht, den sie mit viel Bedacht ausgewählt hatte: Margeriten und drei Hyazinthen.
Er errötete, als sie ihm den Strauß reichte. »Ich hoffe, ich habe Ihnen mit diesem Strauß eine kleine Freude bereitet.«
»Mir hat noch niemals eine Frau Blumen geschenkt.« Wieder errötete er wie ein großer Junge. »Außer meiner Mutter, die hat oft Blumen mitgebracht. Sehen Sie, da oben …« Er deutete auf einen Strauß, der verblüht in einer Vase stand. »Das sind die letzten Blumen, die sie besorgt hat. Sie werden verstehen, daß ich sie nicht wegwerfen möchte. Aber nun –«, er führte ihren Strauß an sein Gesicht und atmete den Duft der Hyazinthen ein, »bin ich froh, daß ich ein paar frische Blumen habe.«
»Ich hoffe nur, daß Sie nicht allergisch auf Hyazinthen reagieren. Es gibt Menschen, die vertragen diese Blüten nicht und reagieren mit einem Hautausschlag darauf.«
»Ich bin gegen nichts allergisch.« Er suchte nach einer passenden Vase, füllte sie mit Wasser und stellte die Blumen hinein. »Kommen Sie –, wir werden sie auf den Glastisch stellen, da setzen wir uns
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